Der Exekutionskommandant:
Meir Dagan wird neuer
Mossad-Chef
Meir Dagan ist als alter
Kampfgefährte von Ariel Scharon dessen Wahl für den Chefposten des
Mossad
Von Susanne Knaul
Er genießt den Ruf eines
Abenteurers: Je gefährlicher eine Operation ist, desto mehr blühe
Meir Dagan auf. So sei er als Kommandant im Südlibanon aus purer
Laune in Zivil und mit einem gefälschten Presseausweis zum
Kaffeetrinken in eine Stadt gefahren, die von PLO-Kämpfern
kontrolliert wurde. Wäre ein Verdacht gegen ihn aufgekommen, würde
man heute wohl nichts mehr von ihm hören. Jetzt fiel auf Dagan die
Wahl von Premierminister Ariel Scharon als Chef von Israels
berüchtigtem Geheimdienst. Unter Dagans Führung, so die Hoffnung,
werde der Mossad, der in den vergangenen Jahren durch peinliche
Schlappen Schlagzeilen machte, erneut seinem alten Ruf gerecht
werden.
Davon ausgehend, dass die Kommission unter der
Leitung des pensionierten Richters Gabriel Bach vom Obersten Gericht
der Nominierung zustimmt, löst Dagan den bisher amtierenden Efraim
Halevy ab. Während Halevy den Ruf eines Meisterspions hat, gilt
Dagan eher als Mann der Tat, der seine "Spuren auf dem Schlachtfeld
hinterlässt", wie die Jerusalem Post gestern schrieb.
Umstritten ist die Ernennung wegen Dagans Nähe zum
Premier und seiner Parteizugehörigkeit. 1999 trat er dem Likud bei,
um wenig später den Wahlkampf für den konservativen
Spitzenkandidaten zu organisieren. Scharon hatte ihm damals schon
versprochen: "Du wirst der nächste Mossad-Chef." Ofir Pines,
Generalsekretär der Arbeitspartei, verurteilte die Wahl des
"Likud-Mannes, der tief im politischen Leben verwurzelt ist". Mit
der Nominierung Dagans würden "neue Spielregeln festgelegt" und ein
"gefährlicher Präzedenzfall geschaffen".
Als Sohn des Ehepaares Hubermann - sein Onkel
gründete das Philharmonische Orchester in Tel Aviv - kam Dagan vor
55 Jahren in Russland zur Welt. Fünf Jahre später immigrierte er
zusammen mit seinen Eltern, die Holocaust-Überlebende waren, nach
Israel. Scharon lernte er 1970 kennen. Der kommandierte damals im
Gaza-Streifen und beauftragte ihn mit der Gründung einer
Sondereinheit mit dem Namen "Rimon" ("Granatapfel"), die Terroristen
ausfindig machen und in zahlreichen Fällen auch töten sollte. Die
Presse bezeichnete die Einheit als "Exekutionskommando". Kritiker
warfen Dagan vor, er würde nach dem Prinzip "der Zweck heiligt die
Mittel" oft unproportional hart vorgehen.
Zusammen mit Scharon überquerte Dagan im
Jom-Kippur-Krieg drei Jahre später den Suezkanal. Die beiden
kämpften später erneut an gemeinsamer Front, diesmal im Südlibanon,
von wo aus Dagan im Auftrag des militärischen Nachrichtendienstes
israelische Agenten in arabischen Ländern betreute.
1995 wurde Dagan, inzwischen Zivilist, vom
damaligen Premier Schimon Peres in das Büro des Regierungsberaters
für Antiterrormaßnahmen berufen, das er dann unter den beiden
folgenden Regierungschefs selbst leitete.
Eigenen Aussagen zufolge habe Dagan "niemals
politische Ambitionen" gehabt. Nur aus strategischen Gründen und um
die Sicherheit Israels besorgt, schloss er sich vor zwei Jahren
einer öffentlichen Kampagne gegen territoriale Kompromisse auf den
Golanhöhen an. Einem Abzug aus den Palästinensergebieten würde er,
vorausgesetzt, dass Israel militärisch die stärkste Macht in der
Region bleibt, indes grundsätzlich zustimmen.
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12-09-02 |