israel, attentate, spirale der gewalt
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Subjektive Todesangst, objektive Zahlen:
Blutige Bilanzen
ETGAR KERET
Bei den Anschlägen am letzten Samstag wurden 14
Israelis getötet, mehr als 100 verwundet. Die Zahl der in den letzten
zwei Wochen bei Anschlägen gestorbenen Israelis beläuft sich auf über
50, etwa ebenso viele Palästinenser kamen beim Einmarsch der
israelischen Armee in Tul Karem ums Leben.
In den vergangenen achtzehn Monaten starben 400
Israelis. Der Tribut, den die Palästinenser zahlen mussten, liegt weit
darüber. Anders gesagt, der Schmerz sitzt jenseits aller
Vorstellungskraft. Bezogen auf die Nation jedoch sind das weniger als
eintausenstel Prozent der Bevölkerung.
Nur um einen Vergleich heranzuziehen: Fast doppelt so
viele Menschen verunglückten im gleichen Zeitraum in Israel bei
Autounfällen.
So viel Hass, so viele Bomben, Raketen und Gewehrkugeln
- und wir haben einander noch nicht einmal Kratzer zugefügt. Das
subjektive Gefühl, erfahren von Mitgliedern beider Nationen, ist
absolute Angst. Nicht nur die jeweilige persönliche Todesangst, sondern
auch die kollektive Angst davor, als Nation insgesamt ausradiert zu
werden - eine von den Juden seit langer Zeit kultivierte Angst, die sich
in den vergangenen 35 Jahren auf die Palästinenser übertragen hat.
Einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung zeigt, dass weder
die eine noch die andere Seite so bald ausgelöscht werden wird. Sollte
dieser Krieg erst zu Ende sein, wenn eine der beiden Seiten vernichtet
ist, müssten beide Nationen die momentane Spirale der Gewalt noch 1.500
Jahre lang anziehen. Und selbst das würde nicht ausreichen. In der
Zwischenzeit würden weitere israelische Soldaten und palästinensische
Selbstmordattentäter geboren werden.
Deshalb brauchen wir uns - trotz der individuellen
Furcht - keine Sorgen zu machen. Beispiele der Weltgeschichte belegen,
dass jede Seite die andere für eine Ewigkeit ausbluten lassen kann, ohne
unterzugehen. Nationen neigen dazu zu überleben. Was dabei aber verloren
zu gehen droht, ist die Hoffnung, nebeneinander bestehen zu können.
Diesem Traum einer friedlichen Koexistenz werden seit über einem Jahr
schwere Wunden beigebracht. Aber erst nach der letzten Woche sind die
Furchtsamen auf beiden Seiten endlich bereit, seinen Tod zu bestätigen.
Aus dem Englischen: Jan Brandt
taz Nr. 6703 vom 18.3.2002,
Kommentar ETGAR KERET
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haGalil onLine 18-03-2002 |