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Menschliche Tragödie:
Gedanken zum Nahostkonflikt

Shlomo Avineri
Der Autor ist Professor für Politikwissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem

Jedes Jahr begehen zahlreiche Palästinenser, auch diejenigen, die israelische Staatsbürger sind, den 15. Mai als nationalen Trauertag, zum Gedenken an die Katastrophe, die die palästinensischen Araber im Krieg 1948 heimsuchte. Als Menschen und als Juden dürfen wir ihren Schmerz und ihr Leid nicht unbeachtet lassen: Hunderttausende Männer, Frauen und Kinder wurden entwurzelt – einige flohen, andere wurden vertrieben.

Das ist eine menschliche Tragödie über die nationalen Dimensionen hinaus. Wer auf Frieden und Versöhnung zwischen uns und den Palästinensern hofft, den kann dieses Leid nicht unberührt lassen. Dennoch muss jeder, der dem Leid der Palästinenser Aufmerksamkeit schenken möchte, die Dinge in ihrem angemessenen politischen und moralischen Kontext betrachten.

Es ist kein Zufall, dass die Palästinenser den Begriff "naqba" – "Katastrophe" – gewählt haben. Es ist ein neutraler Begriff, als ob man über eine Naturkatastrophe sprechen würde. Doch was den Palästinensern 1948 widerfuhr, war das Ergebnis einer politischen Entscheidung, die sie selbst getroffen haben, und politische Entscheidungen haben Konsequenzen.

Wir sollten offen und ehrlich sein: Die Palästinenser, die den 15. Mai als Trauertag begehen, glauben nicht, dass die Entscheidung, den Teilungsplan für Palästina abzulehnen, falsch oder unethisch war. Was sie bedauern, ist, dass sie den Krieg verloren haben, nicht, dass sie ihn begonnen haben.

Es ist möglich, sich in das Herz der Palästinenser und auch der Araber überhaupt hineinzuversetzen: aus ihrer Sicht war das gesamte zionistische Bestreben ein Kolonialisierungsakt, der einen Teil das arabischen Vaterlandes wegriss. Das arabische Bewusstsein tut sich schwer, dies zu akzeptieren und daher war die arabische Antwort auf den Versuch der Zionisten, im Lande Fuß zu fassen, von Anfang an ein totaler Krieg, in dem die Ermordung von Zivilisten als legitimes Mittel angesehen wurde.

Dem Terror, – und zwar im einfachsten Sinn des Wortes: den absichtlichen Angriffen auf Zivilisten, - wandten sich die Palästinenser nicht erst nach der Besetzung von 1967 zu. Dies war bereits 1920, 1929 und 1936-39 ihr modus operandi. Als sich die in Israel ansässigen Arber – mit Unterstützung der arabischen Nationen – entschlossen, die Errichtung eines Jüdischen Staates 1948 zu verhindern, wandten sie sich nicht nur gegen die zionistische Bewegung und die jüdische Gemeinschaft in Palästina, sie wandten sich auch gegen internationale Rechtmäßigkeiten.

Die Vereinten Nationen sind die einzige Körperschaft, die, wie wenig perfekt auch immer, die internationale Berechtigung für die Errichtung eines jüdischen Staates aussprach. Sie entschieden, dass den Juden ein Staat auf einem Teilgebiet ihres Heimatlandes zustand. Es waren die Vereinten Nationen, die den zionistischen Anspruch akzeptierten, dass es sich bei den Auseinandersetzungen um einen Konflikt zwischen zwei nationalen Bewegungen handle. Die UN sahen daher den einzigen fairen Ausweg in einem Kompromiss, das heißt in einer Aufteilung des Landes. Die zionistische Bewegung nahm - nicht ohne gewisse Bedenken - das Prinzip der Teilung an. Die Araber, die im Land Israel ansässig waren und die Arabischen Staaten lehnten sie ab.

Als vier arabische Staaten, die zugleich Mitglieder der UNO sind - Ägypten, Syrien, Libanon und der Irak - für die Unterstützung des bewaffneten Kampfes der israelischen Araber gegen die Gründung eines jüdischen Staates gewonnen wurden, zogen sie nicht nur gegen die jüdische Gemeinde Palästinas in den Krieg, sondern auch gegen die Entscheidung der UNO. Es ist unwichtig, dass Israel nicht immer das getan hat, was die Vereinten Nationen verlangt haben; was wichtig ist, ist die Zustimmung des jüdischen Anspruchs der Vereinten Nationen bezüglich des zentralen Streitpunktes - das Recht des jüdischen Volkes auf einen eigenen Staat auf ihrem eigenen Land. Den arabischen Anspruch haben sie abgelehnt. Vom Standpunkt der internationalen Rechtmäßigkeit her wurde der arabische Krieg gegen Israel in Sünde geboren.

Tatsache ist, dass selbst heute Palästinenser ablehnen, dass wir über Rechte gegen Rechte sprechen; von ihrem Standpunkt aus sprachen wir sowohl 1948 als auch heute über Rechte gegen Ungerechtigkeit. Das ist die Grundlage für das Bestehen auf das Rückkehrrecht. Die Tragödie ist, dass dieser Standpunkt grundsätzlich Kompromissen im Weg steht.

Der palästinensische Versuch, die naqba mit dem Holocaust zu vergleichen, entspringt tiefer moralischer Beschränktheit: europäischen Juden, die von Nazis ermordet wurden, zogen nicht gegen Deutschland in den Krieg. Die Araber des Landes Israel zogen in den Krieg - und verloren. Das ist der einzige Unterschied.

Es gibt jedoch einen Vergleichsaspekt mit Deutschland, der politisch und moralisch relevant ist: Als Deutschland 1945 besiegt wurde, deportierte man über zehn Millionen Deutsche - wobei alle Zivilisten waren, Frauen und Kinder, nicht nur Mitglieder der Nazipartei - aus Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien. Das ist der schreckliche Preis, den Millionen unschuldiger Deutscher für die Naziverbrechen zahlten. Niemand - nicht einmal Deutschland - ersucht heute das Rückkehrrecht für diese Millionen und ihre Kinder in die Länder, aus denen sie vertrieben wurden und wo sie und ihre Vorfahren Hunderte von Jahren gelebt hatten.

Eine deutsche Regierung, die das Rückkehrrecht für diese Millionen als eine Bedingung für den Frieden mit osteuropäischen Staaten zur Sprache bringt, würde - verständlicherweise - als neonazistisch wahrgenommen werden, - als wollte sie den Ausgang des Zweiten Weltkrieges rückgängig machen wollen. Das ist grausam und hart - aber die ganze Welt, inklusive der gesamten deutschen politischen Landschaft erkennt dies an, ausgenommen ihrer Randerscheinungen, die wir hier vernachlässigen können. Deswegen lauschen wir aufmerksam und einfühlend dem Leid der Palästinenser - so wie sich keine Person, Juden inbegriffen, gegenüber dem Leid der Millionen von Deutschen, die aus Osteuropa vertrieben wurden, verschließen kann. Das letzte Buch von Günter Grass, "Im Krebsgang", ist ein edler Ausdruck dieses Schmerzes, ausgerechnet eines Vertreters der linken Seite des politischen Spektrums.

Bei allem Verständnis für das Leiden unserer Mitmenschen muss unseren palästinensischen Nachbarn jedoch die Wahrheit gesagt werden: So wie Deutschland 1939 in den Krieg zog - und verlor; so wie im deutschen Fall der Sturz mit viel Leid verbunden war; aber auch so, wie Deutschland die Botschaft des Weltkrieges verinnerlicht hat, auf die gleiche Weise – mit all dem Leid und Verständnis - müssen die Palästinenser, wenn sie Frieden wollen, die moralische Verantwortung für den entscheidenden Ausgang 1948 übernehmen, als sie in den Krieg zogen - nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen die internationale Legitimität, die das Recht der Juden auf Souveränität akzeptiert hat.

Erschienen in Yedioth Aharonoth, am 16. Mai 2003
© Botschaft des Staates Israel, 2003

hagalil.com 27-05-2003

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