Und dennoch:
Die Intifada ist noch nicht vorbei
Von Alex Fischmann, Jedioth Achronoth,
23.6.04
Die IDF schafft es zur Zeit, das Gras
schneller zu mähen als es wächst. Das ist die militärische Bedeutung des
beeindruckenden Erfolgs des Kommandos des Zentralabschnitts, dem es im
letzten halben Jahr gelungen ist, den Umfang der Anschläge um ca. 80% zu
senken.
Wenn jedoch jemand glauben sollte, dass
dieses Gras keine neues Unkraut hervorbringen wird, der gibt sich
Illusionen hin. Die Intifada ist nicht zu Ende. Die eigentliche
Bedeutung des Erfolgs ist, dass die Armee und der Shabak der politischen
Ebene mehr Zeit verschaffen. Hoffentlich wird sie diese Zeit nützen.
Auf kurze Sicht trägt der militärische
Erfolg zu einer Verbesserung der Moral bei, der Wirtschaftlage,
erleichtert die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung und
ermöglicht vielleicht sogar ernsthafte politische Gespräche. Mittel- und
langfristig könnten die Angaben sogar gefährlich sein. Die Erfahrungen
der Vergangenheit lehren, dass militärische Erfolge einen
einschläfernden Affekt haben. Sie lassen das Gefühl entstehen, dass die
Armee gewinnt und man nichts unternehmen muss.
Die Angaben sind beeindruckend. Bisher
gab es in der ersten Hälfte des Jahres 2004 vier Anschläge, zwei davon
in Jerusalem. In der vergleichbaren Zeitspanne letzten Jahres fanden 17
Anschläge statt. Von den 103 Warnungen im ersten Halbjahr wurde keine
einzige umgesetzt. Vor den vier verübten Anschlägen waren keine
Warnungen eingegangen. Das heißt- wenn es Informationen gibt, dann
können Anschläge verhindert werden. Das ist ein beispielloser Erfolg,
hinter dem ein gut synchronisierter Apparat steht, bestehend aus Shabak,
Geheimdienst und Armee, die präzise wie eine Schweizer Uhr
zusammenarbeiten.
Eine interessante Angabe ist, dass im
letzten halben Jahr 58 Selbstmordattentäter gefasst werden konnten. In
derselben Zeitspanne der letzten Jahres wurden 418 gefasst. Die
Terrororganisationen konnten also 75% weniger Selbstmörder rekrutieren.
Dies weist auf eine Schwäche der Infrastruktur hin, die die Selbstmörder
angeheuert, ausgebildet und entsandt hatte.
Das Potenzial des Kommandos des
Zentralabschnitts, die Terror- Infrastrukturen und ihre Führungen zu
erreichen- etwas, das durch die Verhaftung von ca. 2000 Aktivisten zum
Ausdruck kommt (nur 700 im Vorjahr) ist das Ergebnis der Reifung von
drei Prozessen, die das Kommando gemeinsam mit dem Shabak durchführt.
Dabei handelt es sich nicht nur um den Abschluss von Teilen des
Trennzauns, sondern auch um die Reifung der Fähigkeiten der Armee und
der Grenzpolizei, entlang des Zauns zu operieren und ihn effektiv zu
machen.
Der zweite Prozess ist die Fähigkeit der
Armee, ihre operative Freiheit im gesamten Gebiet der Westbank zu
bewahren, also die Fähigkeit, jeden Punkt der Westbank erreichen zu
können, mit kleinen und beweglichen Truppen einzudringen und zu säubern,
gemäß der Informationen, die sie vom Geheimdienst und vom Shabak erhält.
Der dritte gereifte Prozess ist die
Fähigkeit, die zivile Infrastruktur des Terrors zu behandeln: seine
Kontrakte mit außenstehenden Faktoren, die Kontrolle über die
Überweisungen der Gelder an die Terrororganisationen, Kontrolle über die
Wohlfahrtsorganisationen etc.
Ein vierter Prozess, der sich in seiner
Anfangsphase befindet, ist der Versuch, die Bevölkerung vom Terror zu
trennen. Die Bedeutung: weniger Straßensperren, mehr Erleichterungen.
Die palästinensische Bevölkerung ist nach vier Jahren Intifada müde und
erschöpft.
Aber alles, was hier geschrieben wurde,
kann sich von einem Moment auf den nächsten ändern. Die Intifada ist
nicht zu Ende.
hagalil.com
25-06-2004 |