Dan Halutz:
Israels neuer Generalstabschef
Von Thorsten Schmitz
Kurz vor dem Beginn des Gaza-Rückzugs haben
sich Israels Verteidigungsminister Schaul Mofaz und Regierungschef
Ariel Scharon überraschend für einen Wechsel an der Armee-Spitze
entschieden. Neuer Generalstabschef soll der seit Juni 2004 als
Stellvertreter amtierende Luftwaffen-Kommandeur Dan Halutz werden.
Er löst Mosche Jaalon ab, mit dessen Amtszeit Mofaz und Scharon
gleichermaßen unzufrieden waren.
Sie kreiden dem belesenen Kibbuznik Jaalon an,
öffentlich die Besatzung der Palästinensergebiete kritisiert zu
haben. Zwar läuft Jaalons reguläre Amtszeit erst Ende Juni ab, sein
Nachfolger soll aber schon früher die Armee-Führung übernehmen, um
ausreichend Zeit zu haben, sich auf den ab Mitte Juli geplanten
Abzug aus dem Gaza-Streifen vorzubereiten.
Der 56 Jahre alte, aus Tel Aviv stammende Halutz
ist der älteste Generalstabschef in der Geschichte Israels - und ein
Wunschkandidat Scharons. Halutz steht voll hinter der Politik der
israelischen Regierung in den viereinhalb Intifada-Jahren. Gemeinsam
mit dem neuen Inlandsgeheimdienstchef Juval Diskin hat er die
umstrittene Strategie der gezielten Tötungen mutmaßlicher
palästinensischer Terroristen geleitet.
Weltweit für Schlagzeilen sorgte er im Sommer 2002
mit als zynisch empfundenen Äußerungen. Die Armee hatte einen
Wohnkomplex in Gaza-Stadt bombardiert, dabei wurde der Hamas-Führer
Salah Schahade getötet. Abgeworfen worden war eine 1000 Kilogramm
schwere Bombe, und mit Schahade starben auch dessen Ehefrau sowie 14
weitere palästinensische Zivilisten, unter ihnen elf Kinder. Die
Empörung über den Angriff konterte Halutz mit den Worten, er fühle
sich nach dem Abwurf der Ein-Tonnen-Bombe "ausgezeichnet" und er
könne "ohne Probleme schlafen".
Diese Haltung löste Empörung aus. In der
israelischen Gesellschaft hoch angesehene Luftwaffen-Piloten und
Reserve-Piloten verweigerten in einer Petition den künftigen Einsatz
in den besetzten Gebieten. Sie alle wurden umgehend von Halutz vom
Dienst suspendiert. Vom kettenrauchenden künftigen Generalstabschef
heißt es, er singe im Cockpit laut vor sich hin, wenn er Einsätze
fliegt. In einem Interview mit der Tageszeitung Haaretz wurde er
gefragt, was ein Pilot empfinde, der eine Ein-Tonnen-Bombe auf ein
bewohntes Gebiet abwerfe. "Einen kleinen Ruck, als Ergebnis der
Loslösung der Bombe, sonst fühle ich nichts", antwortete der Vater
dreier Kinder.
Die Karriere von Halutz in den israelischen
Streitkräften verlief nicht gradlinig. Zweimal verließ er die Armee:
Einmal, um als Bau-Unternehmer sein Glück zu versuchen, ein anderes
Mal, um ein Wirtschafts-Studium abzuschließen. Jedes Mal indes
ereilte ihn der Ruf zurück in das Führungskorps der Armee. Bis heute
hat Halutz, dessen Eltern aus dem Irak und Iran stammen, etwa 4500
Flugstunden absolviert. Vor einem Monat wies der Oberste Gerichtshof
in Jerusalem die Klage von Friedensaktivisten und Intellektuellen
ab, Halutz sei für Aufgaben in der Armee-Spitze "moralisch
untauglich" - und ebnete somit den Weg für seine Nominierung zum
Armee-Chef.
hagalil.com
27-02-04 |