
Die fundamentalistische Massenorganisaion entstand breits vor der
Errichtung des Staates Israel 1928.
Die Moslem-Bruderschaft und Israel
Von Karl Pfeifer
Seit dem 11. September erscheinen sehr viele Artikel über
die von Islam-Fundamentalisten gebildeten Terrorgruppen und immer wieder
liest man, nur die Politik des Staates Israel, der von den USA
unterstützt wird und die wirtschaftliche Ausbeutung der Dritten Welt
seien Gründe für den Terror. Kritiklos werden von einigen Kommentatoren
die von Selbstmitleid triefende Erklärungen arabischer Propagandisten
akzeptiert, lediglich Israel und die Wirtschaftspolitik USA wären der
Grund für alles Elend im Nahen Osten.
Eine der fundamentalistischen Massenorganisationen ist
die Moslem-Bruderschaft, die bereits 1928, also vor der Errichtung des
Staates Israel und bevor die Amerikaner die Ölquellen anzapften, in
Ägypten entstand. Sie wandte sich zu allererst gegen die eigenen
Regierungen und zwar im Königreich, aber auch unter Nasser. Höhepunkt
ihrer Aktivitäten war die Ermordung von Präsident Sadat. Die
Moslem-Brüder wurden in Ägypten aber auch in Syrien und anderswo in der
arabischen Welt immer wieder blutig verfolgt.
Seit der Mitte der dreißiger Jahre interessierten sie
sich für die palästinensische Sache, Tausende ihrer Freiwilligen nahmen
an der ägyptischen Invasion Palästinas 1948 teil und sie haben sich mit
Gewalttaten gegen das 1949 unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen
zwischen Israel und Ägypten gestellt und wurden deswegen auch verboten.
Als Nasser sie während der Mitte der fünfziger Jahre verfolgte, war
eines ihrer Hauptargumente gegen ihn, dass er die Palästinenser im Stich
gelassen und so im Geheimen eine Annäherung an Israel betrieben hätte.
Mitte 1956 unterzogen die ägyptischen Behörden die
inhaftierten Moslem-Brüder einer ideologischen Gehirnwäsche. Sie
versprachen all denjenigen, die ein Solidaritätstelegramm an die
Regierung unterzeichnen, die bedingte Entlassung. Viele ließen sich
davon beeinflussen. Der harte Kern der Moslembrüder blieb aber trotz
Druck und Folter standhaft. Doch als dann im Herbst der Krieg ausbrach,
meldeten sich alle freiwillig zum Militär und gelobten, die am Leben
Gebliebenen würden nach dem Krieg freiwillig in die Gefängnisse und
Lager zurückkehren. Die ägyptische Regierung machte davon aber keinen
Gebrauch.
1967 dagegen reagierten die inhaftierten Moslembrüder mit
Schock und mit Schadenfreude auf die Niederlage des ketzerischen mit der
Sowjetunion verbündeten Regimes.
Die "Partei der islamischen Befreiung", die versuchte
1974 in Ägypten einen Putsch durchzuführen, postulierte: Der Kampf für
die Wiedererlangung der Sinai-Halbinsel kann nicht als Jihad deklariert
werden, weil er nichts zu tun hat mit dem Hauptziel der Bewegung, einen
weltumfassenden islamischen Staat zu errichten. Die Opfer des Krieges
1973 waren also ihrer Meinung nach keine Märtyrer. Doch nicht genug
damit, lange vor Sadats Friedensangebot an Israel riefen die
Moslembrüder die Soldaten auf, aus der "ketzerischen Armee" zu
desertieren. Ähnlich verhielten sich aber auch die syrischen
Moslembrüder. Einer ihrer Führer wurde 1979 von einem Gericht befragt,
ob denn ihre Terroranschläge nicht Israel helfen. Er antwortete: "Wir
dienen dem Islam und den Moslems und nicht Israel. Unser ganzes
Bestreben ist es, dieses Land von der Last des Ketzertums zu befreien."
Viele der jungen Ägypter, die sich nach 1967 den
islamistischen Studentenvereinigungen und Terrororganisationen
angeschlossen hatten, taten dies wegen dem Trauma von 1967. Doch ihre
Vorbilder sahen in dieser Niederlage im Krieg gegen Israel lediglich das
Symptom einer Krankheit und nicht deren Ursache. Auch wenn sie das
"zionistische Gebilde" vom ganzen Herzen hassten, war das nicht ihre
Hauptsorge.
Die Veteranen der Moslem-Bruderschaft in Ägypten sind im
Verhältnis zu den Mitgliedern der jungen Terrorbewegungen noch gemäßigt.
Doch auch für sie kommt eine Zusammenarbeit mit arabischen und
laizistischen Nationalbewegungen nicht in Frage, weil diese "eine Art
Ersatz seien für die Zugehörigkeit zur Religion, die unter Einfluss von
Ideen entstanden, die im christlichen Europa entwickelt wurden".
Wer nach dem 11. September meint, allein in der Politik
Israels die Ursache für Terror und Fundamentalismus in der arabischen
Welt zu finden, der sollte auch die Konflikte innerhalb der arabischen
Gesellschaften zur Kenntnis nehmen.
haGalil onLine
25-12-2001 |