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Judentum und Israel
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Jüdische Weisheit
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Eine Analyse von Miriam Magall:
Allahs Sonne über dem Abendland?

Über die Möglichkeiten eines friedlichen Nebeneinanders von Orient und Okzident...

Dschihad und Märtyrertum als Waffe

  • 6.1  Der alt-neue Feind: die Juden
  • 6.2  Der zweite Feind: die USA
  • 6.3  Exkurs: Osama bin Laden und seine Lehrer
  • 6.4  Die Reaktionen in Europa

Die Welt zittert gegenwärtig vor neuen Anschlägen im Stil des 11. Septembers 2001 in New York oder des 11. März 2004 in Madrid. Sie macht den Nahost-Konflikt und vor allem Israel verantwortlich für diese vorgeblich neue Form der Gewalt. Ein Blick in die Vergangenheit zurück zeigt jedoch klar und deutlich, dass Anschläge durch Selbstmordattentäter keine Erfindung palästinensischer Terroristen der 70er Jahre sind, vielmehr reifen sie im fruchtbaren Boden des Niltals mindestens sechzig Jahre zuvor, als es weder einen Nahost-Konflikt noch Israel gab.

Denn völlig neu und etwas Besonderes ist die spezifische Form der Auslegung des Koran, wie die Bruderschaft ihn begreift. In ihrem Mittelpunkt steht das Konzept des Dschihad als heiliger Krieg. Damit verbunden ist das mit Sehnsucht verfolgte Ziel im Krieg gegen die Ungläubigen als Märtyrer zu sterben.

1938 tritt Hassan al-Banna mit seinem seither berühmt gewordenen Leitartikel mit der Überschrift "Die Todesindustrie" an die Öffentlichkeit. Er will sie mit seiner Vorstellung vom Dschihad vertraut machen, derzufolge das Wort "Todesindustrie" nicht Horror meint, sondern vielmehr das Ideal beschreibt. Denn gemäß dem Koran, so al-Banna, sei es dem Gläubigen aufgegeben den Tod mehr zu lieben als das Leben. Einen Dschihad zugunsten materieller oder egoistischer Ziele lehnt al-Banna dagegen als Verstoß gegen den Koran strikt ab. Das bedeutet, der Dschihad dient den Muslimbrüdern nie zur Verbesserung der Situation des zum Märtyrertod bereiten Selbstmordattentäters -- wie im Westen so gerne propagiert wird --, sondern ausschließlich der Bekämpfung des zum absoluten Bösen gestempelten Feindes.

6.1  Der alt-neue Feind: die Juden

Damit wiederholt sich die Geschichte, was eigentlich nicht erstaunt, denn wenn sich die Muslimbrüder auf den Urislam berufen, müssen sie auch Mohammeds Feindschaft gegen die Juden übernehmen.

So überraschend es auch klingen mag, nicht die Briten, die sich seit Jahren ins Leben der Ägypter und Ägyptens einmischen, sind der Feind sondern -- die Juden.

Bis zum Amtsantritt des eher Deutschland freundlichen Königs Faruk (1937) leben die Juden in Ägypten relativ ungestört als eine geachtete und geschützte Gruppe und nehmen am öffentlichen Leben teil. Sie sind im Parlament vertreten, im Königspalast angestellt und sie besetzen bedeutende Posten in Politik und Wirtschaft. Auch die zionistische Bewegung wird zu diesem frühen Zeitpunkt unbefangen akzeptiert. Delegationen aus dem britischen Mandatsgebiet werden herzlich in Ägpyten empfangen, Studenten der Ägyptischen Universität nehmen an sportlichen Wettkämpfen in Tel-Aviv teil, während der Unruhen in Palästina 1929 instruiert das ägyptische Innenministerium sein Pressebüro alle anitzionistischen und antijüdischen Aritkel zu zensieren.

Als die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht kommen, gibt es in Ägypten massenhafte Proteste, nicht nur der großen jüdischen Gemeinde (70- bis 80 000 Mitglieder). Deutsche Produkte werden systematisch boykottiert und deutsche Filme in Kairoer Kinos militant und erfolgriech verhindert.

Das missfällt im Deutschen Reich. Seit 1926 baut Alfred Heß, der Bruder des späteren Stellvertreter Hitlers Rudolf Heß, die Landesgruppe Ägypten der NSDAP/AO (=Auslandsorganisation) auf. Da sie wenig erfolgreich ist, drohen die Nazis in Deutschland mit einem Boykott der ägyptischen Baumwolle, dem wichtigsten Exportgut des Landes. Diese Drohung wirkt. Die ägyptische Regierung macht eine Kehrtwendung und verurteilt die antideutsche Boykottbewegung. Auch die ägyptische Presse stellt angesichts der deutschen Drohung die Juden als Zerstörer der ägyptischen Wirtschaft an den Pranger.

1935 eröffnet das Deutsche Reich in Kairo eine Zweigstelle des deutschen Nachrichtenbüros. Drei Jahre später ist Deutschland zum zweitgrößten Importeur für ägpytische Waren aufgestiegen.

Die Kairoer Ortsgruppe der NSDAP ist nicht untätig. Sie will die breiten Massen gezielt auf die Gefahren des Judentums aufmerksam machen und unter der arabischen Bevölkerung eine antijüdische Stimmung wecken. Der Angriffspunkt ist Palästina.

Durch die vom Deutschen Reich provozierte Fluchtbewegung von Juden aus Deutschland nach Palästina erreichen die jüdischen Einwandererzahlen ungeahnte Höhen. Die Reaktion lässt nicht auf sich warten. 1936 ruft der Mufti von Jerusalem einen arabischen Generalstreik gegen die jüdische Einwanderung und die britische Mandatspolitik in Palästina aus.

Das ist der Startschuss auch für die Muslimbrüder ihre Solidaritätskampagne zu beginnen. Im Mai 1936 rufen sie zum Boykott der Geschäfte ägyptischer Juden auf. Damit nicht genug. Auf gewalttätigen Demonstrationen von Studenten in Kairo, Alexandria und Tanta im April und Mai 1938 sind Rufe wie "Nieder mit den Juden!", "Juden raus aus Ägypten und Palästina!" zu hören. Junge Ägpyter werden aufgefordert nur noch islamische Produkte zu kaufen und sich für den Dschihad zur Verfügung zu stellen. Im Juni 1939 werden in einer Kairoer Synagoge und in jüdischen Privathäusern die ersten Bomben gelegt. Palästina bietet die Möglichkeit, die umma, das heißt, die Gemeinschaft aller Muslime der Welt, hinter einem Ziel zu vereinen: Sieg oder Märtyrertod im Kampf um Palästina.

Wie erfolgreich die Kampagne der Muslimbrüder ist, zeigt sich im Oktober 1938. Zu einer "Islamischen Parlamentarierkonferenz zugunsten von Palästina" reisen der saudische Prinz Feisal und der Imam von Jemen an. Und auch die ägyptische Regierung nimmt daran teil. Organisiert wird sie von al-Banna und seinen Gefolgsleuten.

Zusammenfassend sei das Resümee erlaubt, dass die Naziherrschaft die Eskalation in Ägypten und die Zuspitzung in Palästina entscheidend geistig, vor allem aber finanziell und materiell gefördert hat. Dieser Aspekt des Nahost-Konflikts wird nur äußerst selten und wenn, dann nur widerwillig thematisiert.

6.2  Der zweite Feind: die USA

Nicht die Briten und auch nicht die Franzosen sind die heutigen Feinde der Islamisten, obwohl beide spätestens seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert die führenden Vertreter der so gehassten und geschmähten Kolonialisten, Imperialisten und Ausbeuter waren und die Welt und ihr heutiges Aussehen nachhaltig geformt haben.

Nein, vielmehr sind die Vereinigten Staaten von Amerika die Feinde aller Muslime, aller muslimischen Werte und aller muslimischen Staaten geworden. Warum dem so ist, sei nun untersucht -- und die/der Leser/in möge der Verfasserin dieser Zeilen ihre Gedankengänge verzeihen, die nicht unbedingt dem gewohnten Schema des vor allem in Europa so beliebten Antiamerikanismus folgen.

Für Islamisten gilt New York als die jüdische Metropole schlechthin, in der beinahe jede Bombe die Richtigen trifft. Demzufolge hat dieser erste Anschlag (am 11. September 2001) nicht die Wirtschaftsmacht USA im Visier, sondern die Juden von New York. Das beweist unzweideutig die Aussage von Ramzi Yousef, der nach einem Spaziergang durch die überwiegend von Juden bewohnten New Yorker Stadtviertel Crown Heights und Williamsburg dafür plädiert eine große Explosion zu machen, schließlich seien die Mehrzahl der Menschen, die im World Trade Center arbeiten, Juden.

Außerdem gibt es, wiederum nach Ansicht der Islamisten, eine heimliche jüdische Dominanz an allen Schaltstellen amerikanischer Macht. Osama bin Laden zufolge hat die jüdische Lobby Amerika und den Westen als Geiseln genommen. Sie wolle die moralischen Grundlagen der islamischen Gesellschaft zerstören. Demnach sei Amerika zuständig für Verfall und Zusammenbruch der Werte, der moralischen, ideologischen, politischen wie auch ökonomischen.

Genau wie die Globalisierungskritiker sortieren auch Islamisten die Welt in Gut und Böse, mythologisieren sich selbst als Opfer und lehnen jede eigene Verantwortung ab. Sie machen die USA für alles Unheil in der muslimischen Welt verantwortlich. Demnach ist Amerika der Grund für alle Unterdrückung der Muslime, alles Unrecht und alle Lasterhaftigkeit in der muslimischen Welt. Ebenso stehe es hinter allen Katastrophen, die die Muslime heimgesucht haben und immer noch heimsuchen.

Schließlich konzentriert sich dis islamistische Kritik an den USA auf die amerikanische Unterstützung für Israel. Den Krieg gegen die USA begründet die "Islamische Weltfront für den Dschihad gegen Juden und Kreuzfahrer" in ihrer Gründungserklärung von 1998 damit, die USA dienten dem jüdischen Kleinstaat und lenkten die Aufmerksamkeit von dessen Besetzung von Jerusalem und den dortigen Muslimen ab. Deshalb sei die Tötung auch von Amerikanern eine Pflicht für jeden Muslim um die al-Aqsa-Moschee in Jerusalem und die heilige Moschee in Mekka aus ihren Fängen zu befreien. Folgerichtig werden im August 1998 mit zwei von der "Weltfront" lancierten Bomben die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania in die Luft gesprengt und mit Israels Rolle bei den Tragödien, die die Muslime befallen haben, legitimiert.

6.3  Exkurs: Osama bin Laden und seine Lehrer

Während seines Studiums in Dschidda zwischen 1974 und 1978 bei Muhammad Qutb (sprich: Qutub) macht sich Osama bin Laden mit den Schriften von Sayyid Qutb bekannt. Da diese einen entscheidenden Einfluss auf ihn ausüben sollten, sei hier kurz sein Leben vorgestellt: Qutb wird 1906 geboren, in den 40er Jahren wendet er sich dem Koran zu, 1946 hat er sich bereits zu einem Hasser und Verachter der europäischen Zivilisation gewandelt. Bei einem USA-Aufenthalt steigert sich sein Hass zur Obesession. 1951 tritt er der Muslimbruderschaft bei, wird 1955 verhaftet und zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. 1966 wird er zusammen mit zwei weiteren Muslimbrüdern hingerichtet.

Qutbs Schriften machen aus dem frommen Muslim einen selbstbewussten Soldaten, der freudig den Krieg gegen die Feinde des Islam zu seiner Lebensaufgabe macht. Er zielt auf eine radikale Abkehr von der gottlosen Gesellschaft und Orientierung auf die islamische Weltrevolution. (Schon zum zweiten Mal strebt hier ein führender Islamist dieses Ziel an.) Seine Botschaft ist einfach und schematisch: Die Freiheit der Menschen bestehe darin, die in der Scharia verfestigte Gottesordnung zu leben. Gerechtigkeit ist, was die Scharia vorschreibe, während überall dort Tyrannei herrsche, wo Allahs Souveränität verdrängt worden sei.

Wer aber sind die Widersacher der Gottesordnung? Qutb drückt sich ganz klar aus: In seinem 1950 verfassten Essay Unser Kampf mit den Juden, 1970 von der Regierung Saudi-Arabiens nachgedruckt und in der gesamten islamischen Welt verbreitet, werden die Juden nicht nur als die ewigen Widersacher des Islam seit Mohammed, vielmehr, so Qutb, vom ersten Tag an seien die Juden die Feinde der muslimischen Gemeinschaft, sei der erbitterte Krieg, den die Juden gegen den Islam angezettelt hätten, ein Krieg, der in beinahe 14 Jahrhunderten nicht für einen einzigen Moment unterbrochen worden, er setze sich bis zu diesem Moment fort und lasse sein Feuer in allen Ecken dieser Erde auflodern.

Auch die Idee der jüdischen Weltverschwörung greift er auf und behauptet, die Juden seien in der jüngsten Ära an jedem Punkt dieser Erde die Drahtzieher des Kampfes gegen den Islam geworden. Sie benutzten auch das Christentum und die Götzenverehrung in diesem umfassenden Krieg. In Qutbs Fantasie sind nicht nur alle Juden böse, sondern alles Böse ist jüdisch. Qutbs Texte begleiten Osama bin Laden in die Trainingslager, die er später in Afghanistan gründet, sie werden zum Pflichtprogramm seiner Adepten erklärt.

Ebenso prägend für die Entwicklung von bin Laden dürften die Lehren eines weiteren Universitätslehrers, des Palästinensers Azzam, gewesen sein. Seine Vorlesungen kreisen um einen einzigen Punkt: Dschihad statt Verhandlungen mit Israel, Dschihad statt Konferenzen über Afghanistan, Dschihad statt Dialog mit den Ungläubigen. Der eigentliche Lebenszweck, so Azzam, habe jeder gläubige Muslim in der paradiesischen Selbstveredelung durch dschihadistische Selbstauslöschung zu sehen, was im Klartext nichts anderes als Selbstmordattentate bedeutet. 1984 gründet bin Laden im pakistanischen Peschawar das "Haus der Prophetengefährten", das bald nur noch als al-Qaida ("die Basis") bezeichnet wird.

Solchermaßen geistig und seelisch gerüstet, fällt es Osama bin Laden nicht schwer nach den Angriffen der USA auf die Taliban im Oktober 2001 zu erklären, Amerika stehe an der Spitze der Kriminellen, weil es dieses Israel, dieses seit fünfzig Jahren bestehende Verbrechen geschaffen habe.

6.4  Die Reaktionen in Europa

Wie sieht das Verhalten in Europa und der Europäischen Union nach dem 11. September 2001 aus? Gleich am 14. September warnt Jacques Huntzinger, Frankreichs Botschafter in Israel, davor den Terroranschlag in den USA mit den Selbstmordattentaten gegen Israelis zu vergleichen. Schließlich sei ihr Kontext grundverschieden. Etwas europäisches Verständnis für Massaker, bei denen nicht die amerikanische Großmacht, nicht ein europäischer Staat, siehe Madrid am 11. März 2004, sondern "nur" israelische Juden betroffen sind?

Zweifellos erleichtert solch eine Unterscheidung den Europäern das Geschäft mit der arabischen Welt. Nur wer al-Qaida und Hamas kategorisch voneinander trennt und die Qutbsche Tradition, die beide verbindet, sowie die personellen Bande zwischen beiden geflissentlich übersieht, wird den palästinensischen Terror gegen Zivilisten als Ausdrucksform eines palästinensischen "Befreiungskampfes" interpretieren und den iranischen Finanzier dieser Kämpfe weiterhin hofieren können.

Aber auch die Europäer haben ihre Unschuld verloren. Die Furcht vor Anschlägen greift um sich in den Städten. Bomben können unschuldige Pendler auch in ihren S- und U-Bahnen treffen, ebenso wie junge Menschen in ihren Discos und in ihren Cafés. Welche Terroristen auch immer in Madrid die Bomben legten, in den Augen der Europäer sind es Verbrecher, die vor nichts zurückschrecken, auch nicht davor Zivilisten zu ermorden. Osama bin Laden mit seinen Mördergesellen lauert überall.

Wie sagt doch der BBC-Reporter Fergal Keane, der den Terror der IRA in Nordirland aus eigener Ansicht bestens kennt? "Seit Madrid habe ich Angst. Meine Frau hat Angst. Am meisten beunruhigt mich, dass jetzt auch mein achtjähriger Sohn Angst bekommen hat... Wie erkläre ich meinem Sohn, dass es Männer gibt, die ihn völlig mitleidslos in die Luft jagen würden?... Der Massenmord von Madrid... erinnert uns daran, dass wir alle ein Ziel sind... Doch die Gefahr ist real und gegenwärtig. Es gibt Leute in den Städten Europas, des Nahen Ostens und Asiens, die uns töten wollen."

Das könnte auch ein Israeli, jeder Israeli gesagt haben.

hagalil.com 18-08-2005

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