Eine Analyse von Miriam Magall:
Allahs Sonne über dem Abendland?
Über die Möglichkeiten
eines friedlichen Nebeneinanders von Orient und Okzident...
Der Siegeszug des Islam
- 1.1 Der Anfang
- 1.2 Der Griff nach Europa im Westen
- 1.3 Der Griff nach Byzanz
- 1.4 Ein weiterer arabischer Vorstoß im
Westen
- 1.5 Exkurs:
Gestört von Anfang an:
Das Verhältnis zwischen Mohammed und den Juden
Die arabische Weltmacht, die innerhalb von wenigen
Jahrzehnten nach dem Tod Mohammeds entsteht, vereinigt Völker
verschiedenster Herkunft und Religion. Dennoch entwickelt sich
schnell eine einheitliche arabische Kultur, geprägt durch die
Religion (Islam) und die (arabische) Sprache. Sie herrscht bald
überall vor, weil der Koran nicht übersetzt werden darf.
1.1 Der Anfang
Am 8. Juni 632 stirbt Mohammed in den Armen seiner
Lieblingsfrau Aischa. Allein in seiner Zeit in Medina bis zu seinem
Tod unternimmt er über siebzig Kriegszüge und gibt damit die
Richtung vor, die seine Nachfahren einschlagen werden: Bei seinem
Tod ist Arabien politisch geeint. Die arabischen Reiterscharen
überrennen 635 Syrien, 637 wird Persien in einer einzigen Schlacht
geschlagen, 638 ist Palästina in arabischer Hand und 642 Ägypten.
Nach heftigen und blutigen Kämpfen mit den
Berberstämmen erreichen die arabischen Krieger den Atlantik. Beim
Tod des Kalifen Mua'awija (688) erstreckt sich das arabische Reich
in der Ost-West-Ausdehnung vom Indus bis zum Atlantik. Damit haben
sich die Araber innerhalb nur weniger Jahre aus den Oasen der Wüste
um Mekka und Medina in einer gewaltigen Anstrengung einen riesigen
Raum unterworfen. Dutzende von Kleinvölkern gliedern sich in den
Staatsverband ein und nehmen den Glauben der Araber an. Ihre
wehrfähigen Männer ziehen mit in den Kolonnen, die nach Westen
vorrücken.
1.2 Der Griff nach Europa im Westen
Schon früh in der Regierungszeit des Kalifen Welid
(gest. 715) erreichen die arabischen Heere die Gegend von Tanger --
die Küste Spaniens im Norden davon liegt direkt vor ihren Augen.
Ein glücklicher Zufall hilft ihnen den Sprung über
die Meerenge zu wagen. Der Westgotenkönig Roderich hat ein ihm
anvertrautes Mädchen verführt und geschwängert. Es ist aber nicht
irgendein Mädchen. Denn ihr Vater, Graf Julian, ist einer von
Roderichs Gefolgsmannen. Aus Zorn über diese Schandtat schwört er
die Araber nach Andalus, wie Spanien bei den Arabern heißt,
zu bringen.
Zu dieser Zeit ist Spanien längst ein christlicher
Staat. Seit den Jahren der Völkerwanderung (4.--6. Jh.) wird er von
einer westgotischen Oberschicht beherrscht. Diese ist jedoch heillos
zerstritten und in zwei Parteien gespalten, von denen jede der
anderen den Untergang wünscht. Graf Julian bittet nun den arabischen
Feldherrn Tarik Ibn Zejjad formal um Hilfe.
Am 1. Mai 711 landet Tarik mit ungefähr 10 000
Kämpfern auf spanischem Boden ganz in der Nähe des Berges, dessen
Name bis heute an ihn erinnert: "Gibraltar", eine Verballhornung von
Dschebel al Tarik, "Berg des Tarik". Die entscheidende Schlacht
zwischen Christen und Muslimen bei Jerez de la Frontera geht am 26.
Juli 711 zu Ende, als der westgotische König Roderich auf ungeklärte
Weise vom Schlachtfeld verschwindet. Außer seinem Pferd findet man
lediglich einen Stiefel von ihm. Die Städte verteidigen sich noch
eine Zeitlang gegen die Eindringlinge. Córdoba und Granada
widersetzen sich heftig, Toledo fällt dagegen ohne Gegenwehr in die
Hände der Muslime. Hier zeigt sich, dass die Araber nicht nur
Schrecken verbreiten, sondern auch menschlich handeln können: Eine
Stadt, die sich ergibt, darf nicht geplündert werden.
1.3 Der Griff nach Byzanz
Das Byzantinische Reich im Osten hält dagegen dem
Ansturm der Araber stand. Immer wieder gelingt es den Truppen der
Kaiser von Konstantinopel den Angriff zu Land abzuwehren. Zwar
verliert Byzanz nach der Niederlage des Kaisers Heraklius am Fluss
Jarmuk die südlichen Provinzen, aber die Grenze am Taurusgebirge
bleibt intakt.
Dreimal hat Byzanz die anstürmenden Eroberer schon
zurückgewiesen, 668, 672 und 677, als der Kalif Welid ein Jahr vor
seinem Tod (715) mit dem vierten Angriff beginnt. Da alle arabischen
Angriffe zu Land zurückgeschlagen wurden, lässt der Kalif in Ägypten
eine gewaltige arabische Kampfflotte bauen. Im September 717 fährt
diese arabische Flotte in den Bosporus ein mit dem Auftrag
Konstantinopel abzuschneiden. Aber die arabischen Seeleute kommen
nicht mit der ihnen unbekannten Wasserströmung zurecht. Ihre Schiffe
stoßen aneinander, verkeilen sich und werden schnell
manövrierunfähig. Das ist die Gelegenheit für die Byzantiner zum
Angriff überzugehen. Innerhalb kürzester Zeit setzen sie zahlreiche
arabische Schiffe in Brand.
Als im Frühjahr darauf Verstärkungen eintreffen,
gehen die christlichen Seeleute auf den arabischen Schiffen zu
Byzanz über. Damit ist auch dieser Angriff auf das christliche
Abendland durch die Muslime im Osten abgewehrt. Noch ist Byzanz
nicht reif.
1.4 Ein weiterer arabischer Vorstoß im Westen
Nachdem die Muslime Andalus erobert haben, halten sie
ihren Vormarsch an den Pyrenäen nicht an. Sie wollen vielmehr das
gesamte Königreich der Westgoten, das sich bis nach Südfrankreich
erstreckt hatte, einnehmen. Ohne großen Widerstand stoßen sie 720
bis Narbonne vor. von dort ziehen sie weiter bis nach Toulouse. Zwar
stellt sich der Herzog von Aquitanien ihnen in dieser Richtung in
den Weg, aber die Muslime umgehen das christliche Hindernis und
erreichen 725 Carcassone und Nîmes.
Im Jahr 732 folgt ein weiterer Vorstoß von Pamplona
aus nach Norden. Die arabischen Reiter überqueren den Pass von
Roncesvalles und stürmen erneut auf das Gebiet von Afrandja,
wie sie das Land der Franken nennen, vor.
Diesmal alarmiert der Herzog von Aquitanien die
Führung des Karolingischen Reiches. An der Spitze eines christlichen
Heeres zieht Karl Martell Mitte Oktober 732 den arabischen Invasoren
entgegen. Am 25. Oktober 732 findet die Entscheidungsschlacht bei
Tours und Poitiers statt. Als der arabische Befehlshaber, Abd
ar-Rahman, sein Leben verliert, ziehen die Angreifer sich bis hinter
die Pyrenäen zurück. Dort werden sie für die nächsten siebenhundert
Jahre bleiben.
Erfolgreicher sind die Araber dagegen zur gleichen
Zeit in Italien. Nach Sizilien besetzen sie ganz Apulien und
Calabrien und wagen es, Rom und Venedig zu bedrohen. Zweihundert
Jahre lang, bis 915, sind sie mit wechselndem Erfolg die Herren von
Süditalien. Auch sind alle Inseln des westlichen Mittelmeers
arabisches Hoheitsgebiet geworden, das Mittelmeer ist ein arabisches
Gewässer -- bis auf seinen östlichen Teil, in dem sich Byzanz --
vorläufig noch -- behauptet.
1.5 Exkurs: Gestört von Anfang an:
Das Verhältnis zwischen Mohammed und den Juden
Als Mohammed 622 in Medina eintrifft, machen die
Juden ungefähr die Hälfte der Bevölkerung aus. Sie sind in drei
Stämmen organisiert und warten auf die Ankunft ihres Messias bzw.
des Propheten Elias, der sein Kommen ankündigt. Mohammed gibt sich
die größte Mühe die Juden für seine Offenbarungen zu begeistern. Er
empfiehlt die Teilnahme am jüdischen Fastentag Jom Kippur, übernimmt
eine Reihe von jüdischen Speisevorschriften und legt die Kibla, die
Gebetsrichtung der Gläubigen, in Richtung Nordwesten, also nach
Jerusalem fest.
Trotz aller Bemühungen kann Mohammed die Juden aber
nicht für sich gewinnen. Sie decken seine Schwächen auf und
überhäufen ihn mit Hohn. Den Juden ist schnell klar: Mohammed ist
nicht der erwartete Prophet, seine Offenbarungen sind nicht
göttlicher Natur. Dafür zahlen sie schon bald mit blutiger Münze.
Nach der Schlacht von Badr (624) räumt Mohammed mit
den Gegnern auf. Der erste jüdische Stamm muss die Stadt verlassen,
die Güter der Juden werden als Beute verteilt. Der Vertrag,
demzufolge Juden und Heiden Anspruch auf Schutz haben, wenn sie dem
Propheten folgen, gilt nicht mehr. Mohammed ändert die Kibla, die
Gebetsrichtung: Die Gläubigen blicken beim Gebet fortan nicht mehr
nach Jerusalem, sondern nach Mekka. Anstelle eines Fastentags (nach
dem Vorbild von Jom Kippur) führt Mohammed den Fastenmonat Ramadan
ein.
Danach wird eine Verschwörung, an der die Juden
beteiligt sein sollen, vereitelt. Vergebung wird all jenen in
Aussicht gestellt, die zum neuen, von Mohammed propagierten Glauben
übertreten. Nur zwei der betroffenen Juden nehmen das Angebot an.
Die anderen müssen, genau wie schon der erste jüdische Stamm, Hab
und Gut aufgeben und Medina verlassen.
Die vertriebenen Juden ziehen zusammen mit Abu Safyan
gegen Medina. Ein von einem genialen Verteidiger in aller Eile
ausgehobener Graben um die Stadt rettet die Belagerten. Die
Belagerer ziehen unverrichteter Dinge ab. In der solchermaßen
geretteten Stadt darf der Prophet sich ungezügelt seiner Rache
hingeben: Der letzte, in Medina verbliebene jüdische Stamm, ungefähr
600 bis 700 Menschen, schlägt sein Angebot zum Islam überzutreten
und dadurch das Leben zu retten, aus. Die Männer werden öffentlich
enthauptet, Frauen und Kinder verkauft. Danach leben keine Juden
mehr in Mohammeds Stadt.
Der sechste Fatimidenherrscher, al Hakim bi Amrillah,
der von Ägypten aus herrscht, will den christlichen und jüdischen
Einfluss in seinem Reich reduzieren. Zu diesem Zweck leitet er die
Verfolgung Andersgläubiger (1003) ein. Alle Juden und Christen in
seinem Reich müssen schwarze Gürtel und schwarze Turbane tragen.
Muslime sind angehalten, die Angehörigen dieser beiden Religionen
mit Verachtung zu behandeln. Weder Christen noch Juden dürfen auf
Pferden reiten. Selbst im Bad müssen Christen sich durch ein Kreuz
um den Hals, die Juden durch eine kleine Glocke zu erkennen geben.
Weder Kirchen noch Synagogen dürfen gebaut, ja, baufällige dürfen
nicht ausgebessert werden. Im Jahr 1009 gipfelt al Hakims Verfolgung
Andersgläubiger in der Zerstörung der Heiligen Grabeskirche in
Jerusalem.
hagalil.com
16-08-2005 |