Volksmudschaheddin des Iran:
Seltsame Bettgenossen von CDU und Schillpartei
Von Gudrun Eussner
Michael A. Ledeen,
Wissenschaftlicher Mitarbeiter auf dem "Freedom Chair", dem
Freiheitslehrstuhl, des American Enterprise Institute for Public
Policy Research (AEI), kann nicht rasten und ruh'n. Erst gestern
wieder sorgt er sich auf der Web Site des AEI, wie der für den 9.
Juli 2003 im Iran angekündigte Generalstreik ausgehen möge. Eine
Voraussage aus der Washingtoner Ferne sei nicht möglich, aber das
Regime im Iran befürchte, daß seine Tage gezählt seien. Incha'llah.
Die im Iran von ihm vermuteten al-Qaida-Mitglieder seien dort, gebe
die iranische Regierung zu. Er merkt wohl nicht, daß er indirekt zu
ihren Gunsten spricht, wenn er mitteilt, daß sich diese
al-Qaida-Mitglieder im Gefängnis befinden.
Besorgnis drückt
Michael A. Ledeen aus über die "offensichtliche Indifferenz" der
US-Regierung gegenüber der vom Iran oder aus dem Iran gestützten
Offensive der schiitischen Mullahs im Irak. Weitere Vorwürfe an die
Adresse der US-Regierung sowie an Toni Blair folgen. Regimewechsel
im Iran sei unbedingt nötig. Die US-Regierung müsse dem iranischen
Volk zeigen, daß sie auf dessen Seite sei. (1)
Schon auf der Konferenz
"Die Zukunft des Iran, Mullahkratie, Demokratie und der Krieg gegen
den Terror", vom 6. Mai 2003, häufen sich die Fragen: "Was liegt vor
dem Iran? Welche Schritte können die USA unternehmen, um die
Demokratie und den Regimewechsel zu fördern?"(2)
Damit befassen sich die
Konferenzteilnehmer, "einige der Welt führenden Experten des Iran,
des Terrorismus, der internationalen Beziehungen und der
Außenpolitik", einen ganzen Tag lang. Neben Michael A. Ledeen und
anderen Bekannten aus der Szene der neokonservativen Think Tanks,
dem Project for the New American Century (PNAC) und dem Jewish
Institute for National Security Affairs (JINSA) treffen wir auch den
"Keynote Speaker", den programmatischen Redner Sam Brownback, den
Republikanischen Senator von Kansas, Mitglied des American Iranian
Public Affairs Committee (AmIranPAC), bekannt für seinen
unerschütterlichen Kampf für die Freiheit des Iran. Am 12. März
2003, also zehn Tage vor dem Angriff auf den Irak, stellt er
gemeinsam mit zwei Kollegen von den Demokraten die Resolution 82
über die Menschenrechte und die Rechte der Frauen im Iran vor. Er
fordert die Unterstützung der iranischen Dissidenten. Man nennt die
Resolution auch "Iran Next?".
Im April bringt der
Senator einen Gesetzentwurf ein, den "Iran Democracy Act", der
vorsieht, der "Iran Democracy Foundation (FDI)" jährlich $50
Millionen für prodemokratische Rundfunk- und Fernsehsendungen aus
den USA in den Iran zur Verfügung zu stellen. Derartige Sendungen
gibt es bereits, von Los Angeles aus. Sie sollen verstärkt werden.
Das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) und
monarchistische iranische Kreise um den Sohn des 1979 gestürzten
Reza Schah unterstützen den Gesetzentwurf.
Nun fiebern sie alle
dem Ende der iranischen Theokratie entgegen. Bis zur Befreiung ist
es nicht mehr weit. Die US-Regierung solle endlich ihre Vorsicht
beiseite tun und die iranischen Freiheitskämpfer unterstützen. "Wir
alle erzittern freudig bei dem Schauspiel der unerschrockenen
Menschen, die korrupte Tyrannen im Namen der Freiheit
herausfordern", begeistert sich Michael A. Ledeen auf seinem
Freiheitsstuhl. Der Sturz der Mullahs wäre mehr als der des Saddam
Hussein ein historisches Ereignis. Michael A. Ledeen kann's kaum
noch erwarten. Fü ihn scheint es spannend wie ein Krimi zu sein. (3)
Nun müht
sich die französische Justiz, die seit der Besatzung des Irak durch
die USA in größerer Zahl zu ihrem europäischen Stützpunkt in
Auvers-sur-Oise strebenden Mitglieder und Kämpfer der
Terrororganisation Mudjahedin-e Khalq-e Iran (MKO), iranische
Volksmudschaheddin, auszuschalten. (4) Es kommen zunehmend
Verbrechen der MKO durch Aussagen von Opfern sowie von ehemaligen
Kämpfern der MKO ans Licht. Das Verhör von Maryam Radjavi und zehn
weiteren MKO-Mitgliedern ergibt, daß Maryam Radjavi der Beziehungen
zu einer terroristischen Organisation und der Finanzierung des
Terrorismus wegen weiter inhaftiert bleibt. (5)
Es zeigt sich, daß sich
die am 23. Juni an den Folgen ihrer Verbrennungen in London
verstorbene Selbstmörderin Neda Hassani 1999 im Camp Ashraf der
National Liberation Army (NLA) der MKO als Kämpferin aufhält, und
daß sie nicht etwa die harmlose Touristin aus Kanada ist, wie sie in
Teilen der Presse beschrieben wird. Es wird vielmehr befürchtet, daß
sie im Einverständnis mit ihrem Vater, der ebenfalls zur MKO gehört,
und auf Geheiß des Massoud Radjavi nach London gegangen ist, um sich
dort für Maryam Radjavi zu opfern. Über dieses und über weitere
Verbrechen der zur Sekte degenerierten MKO kann man sich auf der Web
Site Iran-Interlink.org informieren. Das Sammeln von Geldern für
hungernde iranische Kinder und der Kauf von Waffen für die Spenden
ist das harmloseste dabei. Die Ermordung der Dissidenten der MKO ist
ganz oben auf der Liste. Für die nahe Zukunft steht an, die Kämpfer
vom Irak nach Pakistan zu verlegen, wo sie vom Pentagon zum Kampf
gegen die Mullahs vorgesehen sind. So stellt die Asian Times denn
auch fest: "Das Dilemma für die USA ist, ob sie die MKO auf ihrer
Terrorliste behalten oder sie als geeignetste Organisation zum
Regimewechsel im Iran einsetzen sollen." (6)
Ein vom Pentagon
eingesetztes Komitee, bestehend aus dem Stellvertretenden
Verteidigungsminister Paul Dundes Wolfowitz, dem Stellvertretenden
Vorsitzenden des JINSA und ehemaligen Exekutivdirektors des AIPAC
Morris Amitay und dem
Stellvertretenden Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrates der
USA Steve Hadley entwickeln laut dem US-Außenministerium einen
verdeckten Plan zur Unterstützung bewaffneter iranischer
Dissidenten, wobei erwogen werde, die MKO unter einem anderen Namen
für die Zwecke der USA einzusetzen und sie mit Waffen und Geld zu
versehen. Die MKO habe der Zusammenarbeit bereits im Irak
zugestimmt. Das Problem der neuen "Americo-organisation" sei das der
Identität. Massoud Radjavi habe seine verbrecherischen Taten bereits
unter 50 verschiedenen Organisationsnamen begangen. (7)
Ein
weiteres Problem dürfte die französische Justiz sein. Denn eine
derartig auf den Personenkult fixierte Gruppe wird ohne die Great
Helmswoman nicht schlagkräftig sein. Über den Niedergang des Image
kann man sich auf Iran-Interlink.org überzeugen. (8)
Deshalb
führt Senator Sam Brownback die
Unterstützer der Forderung zur umgehenden Freilassung von Maryam
Radjavi an. Mit ihm protestieren acht Kongreßabgeordnete und der
Exekutivdirektor des TransIslam Magazine. Weitere Unterstützer
kommen aus England (10, davon vier Lords), Frankreich (7), Kanada
(4), Dänemark (1), dem Europaparlament (7, davon drei aus dem UK,
aus drei Parteien, eine Italienerin aus der kommunistischen PRC,
eine Dänin aus der Gruppe für ein Europa der Demokratien und der
Meinungsvielfalt, ein Portugiese von den Sozialdemokraten sowie ein
Hennigsdorfer von der PDS!) und auch zwei aus der deutschen
Provinzpolitik. (9)
Das macht einen
neugierig. Wer von den deutschen Linken wagt es, diese
verbrecherische Terrorgruppe zu unterstützen und die Freilassung der
Maryam Radjavi zu fordern?
Es sind Mathias Henkel,
"Schir Party Spokesman", und Michael Panse, "Member of State
Parliament, Christian Democratic Party (CDU)".
"Schir" heißt auf
persisch Löwe. Der Löwe ist das Wappentier des Iran. Wir sind
ratlos: ein Deutscher soll Sprecher einer iranischen "Schir-Party"
sein?
Wir lesen in seinem in
deutsch geschriebenen Protestbrief: "Als jemand, der bis zum Beginn
dieses Monats selbst Abgeordneter des Landtags in Bremen war und
nach wie vor politisch aktiv ist, bin ich empört darüber, wie aus
irgendwelchen taktischen Gründen von der französischen Regierung mit
dem Grundrecht auf Asyl umgegangen wird. Ich erwarte von der
französischen Regierung (sic!), daß sie weiterhin der iranischen
Opposition und namentlich deren Präsidentin Frau Maryam Radjavi Asyl
und Freiheit gewährt."
Da wird klar, es ist
das ehemalige CDU-Mitglied seit 1987, der 55-jährige ehemalige
Bremer CDU-Bürgerschaftsabgeordnete, bis zum 25. April 2003, und
Schwachhauser CDU-Stammtischleiter Mathias Henkel, der am 26. April
zur Partei der Rechtsstaatlichen Offensive, der sogenannten
Schill-Partei ("Schir-Party") übergelaufen ist. Die Schill-Partei
betreibt hin und wieder Außenpolitik, wie der Landesvorsitzende Jan
Timke, der beim portugiesischen Botschafter gegen den Stierkampf in
Portugal protestiert.
Im Tierschutz ist auch
der Hobby-Außenpolitiker Mathias Henkel tätig. Er tritt erfolglos
ein für die Beendigung der Versuche an Affen in der Bremer
Universität und für den Erhalt der Uniwildnis. Seine Aktivitäten
schadeten seiner Karriere in der CDU, habe man ihm gesagt. (10)
Solchen
Kandidaten geben die Bremer bei den Bürgerschaftswahlen, am 25. Mai
2003, aus dem Stand 4,3 Prozent der Stimmen. "Danke unseren Wählern
- wir arbeiten weiter!" verkündet die Schill-Partei auf ihrer
Wahlkampf-Web Site. (11)
Mathias Henkel hält
Wort und tritt in die große Politik ein. Gemeinsam mit dem
US-Senator Sam Brownback fordert er die umgehende Freilassung von
Maryam Radjavi. Die Bremer können stolz sein auf ihren fünften
Stadtmusikanten. Bei seinem entsetzlichen Geschrei fahren die bösen
französischen Räuber sicherlich in die Höhe, meinen, ein Gespenst
komme über sie und fliehen
in größter Furcht in den Wald hinaus. Maryam Radjavi kann dann mit
Hilfe von Sam Brownback und seinen Freunden leicht befreit werden.
Nun zum
nächsten Protestler, dem Mitglied des Thüringer Landtages und
Jugendpolitischen Sprecher der CDU Michael Panse. Dieser
protestiert, am 23. Juni 2003, mit Briefkopf "CDU-Fraktion im
Thüringer Landtag". Er vernimmt "mit Bestürzung" usw. Es sei "ein
großer Schlag gegen die Demokratie in Europa, wenn die Grundrechte
von anerkannten politischen Asylbewerbern verletzt und statt dessen
mit der terroristischen Diktatur in Teheran verhandelt und dieser
Konzessionen gemacht" werde. Den "Demokratiebestrebungen der
Angehörigen des iranischen Widerstandes und deren Präsidentin, Frau
Maryam Radjavi" werde "ein Bärendienst" erwiesen. "Ich fordere Sie
auf, die sofortige Freilassung der Führerin des Nationalen
Widerstandsrates Irans, Frau Maryam Rajavi, sicherzustellen",
schreibt Michael Panse an den "President Jacques Chirac". Ja, da
wird der wohl klein beigeben müssen.
Gestern,
am 1. Juli 2003, schreibe ich ihm eine freundliche Email und füge
den Link zu meinem Trend-Artikel über die MKO bei:
"Es
ist befremdlich, daß ein CDU-Mitglied maoistische Truppen
unterstützt, die von den USA zunächst vom Irak, jetzt aber auch des
anhaltenden Chaos im Irak wegen von Pakistan aus gegen den Iran
eingesetzt werden sollen.
Was die angeblich so liberale Frauenpolitik der Frau Radjavi angeht,
so ist es den Kämpferinnen und Kämpfern der MKO untersagt zu
heiraten, da dies kleinbürgerlich sei. Sie selbst ist in dritter Ehe
mit Massoud Radjavi verheiratet. Seine zweite Frau war die Tochter
von Bani Sadr, der sich von der Politik derjenigen, die seit Jahren
vom Irak und den USA unterstützt werden, zurückgezogen hatte. Die 8
Millionen Dollar, die bei der Razzia in
Auvers-sur-Oise gefunden wurden, stammen aus dem Fonds des Senators
Sam Brownback und seiner Freunde.
Wie jemand von der CDU solche Machenschaften unterstützen kann, ist
mir unerklärlich."
Hier ist
seine prompte Antwort, eine halbe Stunde später:
"Sehr geehrte Frau Eußner,
vielen Dank für Ihre mail. Wir stimmen ausdrücklich nicht in der
Beurteilung von Frau Radjavi und der Rolle der Mohajedin überein.
Angesichts Ihrer widersprüchlichen Argumentation zum Thema glaube
ich auch nicht, dass sich unsere Positionen in dieser Frage näher
kommen werden. Ich erlaube mir in dieser Frage eine eigene (keine
CDU) Meinung. Ihnen sei Ihre Meinung belassen, die Sie gerne auch
über partisan.net verbreiten können. Auch zu diesem Forum habe ich
eine sehr spezielle Meinung.
Ich darf Ihnen versichern, dass ich mich mit der Situation im Iran
seit mehreren Jahren, ausgehend von einer Demonstration der Jungen
Union Thüringen zum Besuch von Chatami in Weimar, intensiv
beschäftige und dies auch weiterhin tun werde.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Panse"
Wer sagt,
die CDU habe keine fähigen Außenpolitiker? Den begabten Michael
Panse wird man sich merken müssen. Er könnte ein würdiger Nachfolger
Friedbert Pflügers, des derzeitigen Außenpolitischen Sprechers der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden, finde ich.
Epilog: Am
2. Juli ordnet das Berufungsgericht die Freilassung der Maryam
Radjavi nach Zahlung einer Kaution von 80 000 € an. Sieben weitere
Mitgefangene werden am 2. Juli ohne Kaution entlassen. Eine achte
Person muß ebenfalls eine Kaution hinterlegen. Es verbleibt kein am
17. Juni verhaftetes MKO-Mitglied in einem französischen Gefängnis.
Keiner der entlassenen Gefangenen darf gegenwärtig Frankreich
verlassen. (12)
Soweit
auch zu den gänzlich unbegründeten Anwürfen an die französische
Regierung, man wolle die Inhaftierten an den Iran ausliefern. Solche
Pläne haben nie bestanden. Die besorgten Protestler haben das
wahrscheinlich mit den Plänen des Pentagon verwechselt, die Kämpfer
der MKO von Pakistan aus in den Iran zum Kampf gegen die Mullahs zu
schicken.
Anmerkungen:
1) Looking toward July 9, by Michael A. Ledeen
http://www.aei.org/news/newsID.17892/news_detail.asp
(2) The Future of Iran. Mullahcracy, Democracy, and the War on
Terror
http://www.aei.org/events/eventID.300/event_detail.asp
(3) Iran. Back the Freedom Fighters, By Michael A. Ledeen, July 1,
2003
http://www.aei.org/publications/pubID.17838/pub_detail.asp
(4) Volksmudschaheddin des Iran. Paris nimmt Washington eine
Entscheidung ab, von Gudrun Eussner. Trend-online 06/03
http://www.trend.partisan.net/trd0603/t170603.html
(5) Des Moudjahidines
dissidents dénoncent le "terrorism" de l'OMPI, par Mouna Naïm.
Le Monde.fr, 1.7.2003
http://www.lemonde.fr/article/0,5987,3218--326036-,00.html
Le parquet requiert le maintien en détention de Maryam Radjavi. Le
Monde.fr avec AFP, 1.7.2003
http://www.lemonde.fr/imprimer_article_ref/0,5987,3209--326144,00.html
(6) Sleeping forces stir in Iran, by
Syed Saleem Shahzad. Asia Times-Online, 26 June 2003,
http://atimes.com/atimes/Middle_East/EF26Ak01.html
(7) Advice to Pentagon Advisors,
http://www.iran-interlink.org/files/child%20pages/advice.htm
(8) Maryam Radjavi 1991 - 1995 - 2003
http://www.iran-interlink.org/images/maryamrajavi.htm
(9) International Support for Freedom of Maryam Radjavi
http://www.maryam-rajavi.com/pages/supports.htm
(10) Mathias Henkel
CDU-Parlamentarier, TAZ, 22.4.2003
http://www.taz.de/pt/2003/04/22/a0015.nf/text
Mathias Henkel jetzt als Schillianer, TAZ 26.4.2003
http://www.taz.de/pt/2003/04/26/a0297.nf/text.ges,1
Bremer
Bürgerschaftsabgeordneter Mathias Henkel schützt Tiere jetzt bei der
Schill-Partei, geschrieben von: Volker am Samstag, 26. April 2003,
22:40 Uhr
Fellbeisser Community, Tierschutzmagazin -
http://www.fellbeisser.de
(11) Partei Rechtsstaatlicher
Offensive,
http://www.schill-partei.de/index2.html
(12) La justice française
ordonne la remise en liberté de Maryam Radjavi (03/07/2003). AFP
hagalil.com
03-07-2003 |