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MEMRI Special Dispatch - 7. April 2004

Iranische Stimmen:
Aufstand von radikalen Schiiten im Irak

Zusammengestellt und übersetzt von Wahied Wahdat-Hagh*

Auch in den iranischen Medien werden die heftigen Kämpfe radikaler Schiiten im Irak gegen die amerikanischen Truppen diskutiert. Im Folgenden dokumentieren wir die staatliche Nachrichtenagentur ISNA und die reformorientierte Zeitung Entekhab die Forderungen des Schiitenführers Moqtada Sadr wiedergeben. Dann werden Positionen aus iranischen Medien vorgestellt, die von ihrer Regierung eine klarere Unterstützung der Schiiten im Irak fordern.

Dabei haben sich die iranischen Politiker bereits in den letzten Monaten mit Kritik an der amerikanischen Politik im Irak kaum zurückgehalten. So bekundete Präsident Khatami, dass die Amerikaner nicht im Namen der Menschenrechte auftreten dürften, weil sie diese ständig verletzen würden. Schärfer noch haben sich Vertreter der Teheraner Büros von Hamas und des palästinensischen Islamischen Jihad geäußert. Abschließend ein Kommentar der reformislamistischen Zeitung Sharq, der die Möglichkeit einer gemeinsamen Front von Schiiten und Sunniten im Irak sowie die Radikalisierung der iranischen Außenpolitik gegenüber der amerikanischen Besatzung diskutiert.

Nach den Auseinandersetzungen in Nasseriyeh meldete die iranische Nachrichtenagentur ISNA, dass sich die italienischen Soldaten inzwischen bereit erklärt hätten, die Stadt zu verlassen. Auf der anderen Seite sollen die Anhänger von Moqtada Sadr inzwischen bereit sein, die Kontrolle der Stadt der irakischen Polizei zu überlassen.[1] Die Zeitung Entekhab berichtete über Sadrs Attacken gegen die Amerikaner und zitierte ihn mit dem Ausspruch, dass die irakische Bevölkerung "die Krallen Amerikas nicht mehr schweigend, hinnehmen" werde. Weiter habe Sadr die Freilassung der irakischen Gefangenen aus den Gefängnissen der Alliierten, deren Rückzug aus den Wohngebieten und die öffentliche Verurteilung von Saddam Hussein gefordert. Die Besatzer, so Sadr laut Entekhab, sollten die Verantwortung für Unsicherheit und Gewalt im Land übernehmen. George Bush nannte er "den Führer der Schurken der Welt."[2]

In der renommierten Website Bastab meldeten sich derweil Stimmen, die die "Neutralität" der iranischen Regierung kritisieren. Die "Gleichgültigkeit" der iranischen Regierung verstoße sowohl gegen die nationalen Interessen als auch gegen ihre religiösen Pflichten, erklärte die Redaktion der Bastab.[3] Und Seyyed Mostafa Haeri schrieb in einem Kommentar für Bastab: "Der Iran hat in diesen Tagen nicht klar Position bezogen. Was haben denn die Schiiten getan, die von den Wahabiten, den Amerikanern und von den Baathisten getötet werden? Muss nicht die iranische Regierung endlich von den internationalen Instanzen fordern, dass die Amerikaner mit ihren Missetaten aufhören? Damit sagen wir nicht, dass unsere Regierung den Amerikanern mit gewalttätigen Aktionen drohen sollte. Die irakische schiitische Führung betrachtet die dortige Regierung als "Kofar Harbi"[4] und wird der irakischen Bevölkerung erlauben, sich bewaffnet zu verteidigen. [...] Die iranische Regierung und die schiitische Geistlichkeit müssen wissen, dass das Schweigen von heute die Amerikaner dazu bewegen wird, in Zukunft die Rechte der irakischen Bevölkerung noch stärker zu unterdrücken. Morgen werden sie Najaf und die kleine Stadt Sadr auch mit F 16 und F 18 angreifen."[5]

Tatsächlich hatten sich jedoch iranische Politiker in den letzten Wochen keineswegs zurückgehalten und die Amerikaner immer wieder aufgefordert, den Irak zu verlassen. In einer am 6.4.2004 vor einem Kreis von Jugendlichen gehaltenen Rede, hatte Präsident Khatami erklärt, dass die Amerikaner die Menschenrechte für ihre Interessen instrumentalisieren würden: "Menschen, die weltweit die Menschenrechte verletzen und in ihrem Namen Staaten unter Druck setzen - Menschen, die wegen einer Demonstration eine kleine Stadt mit Panzern beschießen lassen, dürfen nicht von Menschenrechten reden."[6]

Bastab berichtet, dass ihrer Redaktion ein Schreiben des irakischen Regierungsmitgliedes Seyyed Abdolasis Hakim vorliege, in dem dieser vor der Fortsetzung der Gewalt gegen die Schiiten warne und die Gefährdung der Stadt Najaf hervorhebe. Hakim spreche von hunderten "Märtyrern". [7] Darüber hinaus berichtete die offiziellen Nachrichtenagentur ILNA, dass der irakische Ayatollah Sistani seine Solidarität mit Moqtada Sadr erklärt habe. [8]

Auch die örtlichen Vertreter der Hamas, Abuasame Abdolmoatali und Abujahad, sowie der Vertreter des palästinensischen Islamischen Jihad sind in Teheran in einer Pressekonferenz aufgetreten: Abdolmoatali sagte über die Unterstützung der Hamas für die irakischen Schiiten: "Das 26-Millionen-Volk des Irak ist gut gerüstet und braucht keinen Einsatz einzelner Individuen von außerhalb. Die Hilfe muss propagandistisch und moralisch sein. Wir alle unterstützen das irakische Volk - gleich ob Araber, Sunniten, Schiiten oder Kurden. Wir unterstützen den Widerstand des irakischen Volkes. Die wahre Widerstandsform ist jene, die die Amerikaner zur Zielscheibe macht. Alle Palästinenser sind sich in der Unterstützung des irakischen Volks einig. Die militärische Niederlage der Amerikaner wird auch das Scheitern des amerikanischen Planes für die Region bedeuten."

In ähnlicher Weise stellte Abujahad, Vertreter des Islamischen Jihad in Teheran, den Kampf gegen den gemeinsamen Feind in den Vordergrund: "Der Widerstand in Palästina und im Libanon hat ein gemeinsames Ziel und einen gemeinsamen Weg. Wir haben gemeinsame strategische Ziele, auch wenn sich unsere Schanzen und Fronten unterscheiden mögen. Unser Widerstand stärkt den Kampf der Hisbollah im Libanon. Und auch der Widerstand im Irak ist legitim - wir müssen schließlich gar nicht erst darüber diskutieren, ob Amerika den Irak besetzt hat. Die Präsenz der Amerikaner wurde zunächst mit dem Sturz von Saddam Hussein begründet. Jetzt besteht kein Grund mehr für die Besatzung. Aber Amerika braucht den Irak als neue militärische Basis in der Region. Heute betrachten es alle Palästinenser als ihre Pflicht, eine Antwort auf die Ermordung von Scheich Ahmad Yassin zu geben – darüber müssen wir uns keine Sorgen machen."[9]

Die Lage im Irak und die Konsequenzen für die iranische Politik analysierte Mehran Karami in einem Kommentar für die wieder erscheinende Zeitung Sharq:

"Zunächst schienen die amerikanischen Herrscher im Irak für eine relative Stabilität gesorgt zu haben. Die Machtdemonstration der Anhänger von Moqtada Sadr stellt nun aber die Amerikaner und ihre internationalen Alliierten vor neue Konflikte.

Vor einem Jahr […] hatten junge zornige Koranschüler, offensichtlich wegen einer Verwechslung, Seyyed Abdolmajid Khoi, einen jungen moderaten Schiiten ermordet, der das Vertrauen der Amerikaner und der Briten genoss. Die Verhaftung eines Freundes von Moqtada Sadr in der letzten Woche, dem vorgeworfen wird an der Ermordung Khois beteiligt gewesen zu sein, hat den Zorn des jungen Moqtada erweckt. Er will nun beweisen, dass die irakische Bevölkerung nicht nur hinter dem moderaten Ayatollah Sistani, sondern auch hinter ihm steht.

Sistani schien mit seiner Kritik an der Besatzung die Mehrheit der irakischen Schiiten auf seiner Seite zu haben. Es sah so aus, als ob er eine einvernehmliche Position mit den anderen Mitgliedern der Übergangsregierung darüber gefunden hatte, dass die Machtübergabe an die Iraker sukzessive realisiert werden müsse. Moqtada Sadr vertrat jedoch eine ganz andere Position.

Sadr hatte das Problem, dass ihn Ayatollah Sistani trotz seiner Bemühungen nie empfangen hatte und er von den irakischen Gelehrten kaum anerkannt wurde. Wegen seiner radikalen Parolen wurde er auch von Paul Bremer und den alliierten Kräften nicht ernst genommen.

Und nun könnte mit der Verhaftung von Sadrs Freund, Mostafa Yaqubi, der Khoi ermordet haben soll, auch Sadrs Verstrickung in den Mord zur Sprache kommen. Vor diesem Hintergrund könnte der Angriff der Sympathisanten von Moqtada Sadr auf die alliierten Kräfte in Basra, Najaf und Al-Sadr eine Flucht nach vorne sein. […]

Nun hat Ayatollah Sistani die Besatzer zwar wegen der Ereignisse in den schiitischen Städten kritisiert, gleichzeitig rief er aber die irakische Bevölkerung zur Ruhe auf. Und da Sistani großen Einfluss auf die irakischen Schiiten hat, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Sadrs Machtdemonstration und der Aufstand ausweiten.

Sollten die Ereignisse der letzten Tage aber nicht unter Kontrolle kommen, könnte sich eine neue Koalition zwischen den Schiiten, die die Mehrheit der irakischen Gesellschaft ausmachen, und der Minderheit der arabischen Sunniten herausbilden. Dann wäre die Stabilität im Irak und die Sicherheit der Amerikaner und ihrer Verbündeten gefährdet.

Denkbar wäre in diesem Fall auch, dass die iranische Außenpolitik radikaler ausfallen und ein entschiedenerer Kurs gegen die Präsenz der Amerikaner im Irak verfolgt würde. Die Wahrscheinlichkeit dafür wächst mit der Schwächung der Reformer im iranischen Machtgefüge. Eine solche Politik wird die radikalen Muslime im Iran und Irak näher aneinander rücken. Die Reformkräfte unter Führung Khatamis dürften dann ebenso wie die Anhänger Sistanis, die einem nicht-politischen Islam angehören, noch mehr unter Druck geraten." [10]

Anmerkungen:
[1] ISNA, 6.4.2004: "Sadr: Wir übergeben die Kontrolle der Stadt an die irakische Polizei"
[2] Entekhab, 6.4.2004: "Sadr: Das Schweigen über die Besatzer ist nicht mehr angemessen"
[3] Bastab, 6.4.2004: "Weder Gleichgültigkeit noch Krieg"
[4] Gegen einen "kriegführenden Ungläubigen", Kafar Harbi, gibt es schiitischer Lehre ein Kriegsrecht.
[5] Bastab, 6.4.2004: "Das erstaunliche Schweigen der Geistlichkeit in Qom"
[6] ISNA, 6.4.2004: "Khatami: Reform bedeutet, dass unsere Revolution für Fortschritt ist"
[7] Bastab, 6.4.2004: "Hakim und Moqtada Sadr gegen Amerika"
[8] ILNA, 6.4.2004: "Sistani solidarisch mit Moqtada Sadr"
[9] ILNA, 6.4.2004: "Hamasvertretung in Teheran: Sieg des Widerstandes in Irak, in Palästina und in Libanon"
[10] Sharq, 6.4.2004: "Vom Terror zum Aufstand"

*Dr. Wahied Wahdat-Hagh ist Politikwissenschaftler und arbeitet für MEMRI zum Iran.

THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH INSTITUTE (MEMRI)
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hagalil.com 11-04-04

 

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