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Juden im Iran:
Fremd in der Heimat

Im Iran lebten Ende der siebziger Jahre 100 000 Juden, heute sind es noch 25 000. In Israel hilft die Central Organization of Iranian Immigrants den Einwanderern bei der Integration. Ihr Präsident ist David Menashri. Mit ihm sprach Wahied Wahdathagh
Jungle World 8, 12.02.2003

Am Montag feierte das iranische Regime den Jahrestag der "islamischen Revolution". Vor 24 Jahren, am 11. Februar 1979, erklärte die Armee ihre Selbstauflösung und die letzte vom Schah eingesetzte Regierung trat zurück. Eine Befreiung brachte die Revolution der iranischen Bevölkerung jedoch nicht, in den beiden Jahren nach dem Sturz des Schah-Regimes errichteten die Islamisten ihre Gewaltherrschaft.

Die neuen Machtverhältnisse und die Gesetzgebung der Islamischen Republik bedeuteten unter anderem für die religiösen Minderheiten eine Verschlechterung ihrer Lage. In der noch 1979 verabschiedeten Verfassung wird der schiitische Islam zur Staatsreligion erklärt. Entsprechend dem traditionellen islamischen Staatsverständnis werden Angehörige monotheistischer Religionen als Schutzbefohlene (Dhimmis) behandelt.

Ihnen gewährt der islamische Staat "im Rahmen des Gesetzes" Religionsfreiheit und persönliche Autonomie, von hohen Positionen in der Politik und der Armee sind sie jedoch ausgeschlossen.

Die Baha’i werden, obwohl sie Monotheisten sind, nicht als Dhimmis anerkannt. Ihre Religion wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Baha’u’llah in Teheran gegründet. Da nach orthodoxer islamischer Auffassung Muhammad der letzte Prophet war, dem Gott eine Botschaft offenbarte, wird nach seinem Tod entstandenen Religionen keine Existenzberechtigung zuerkannt.

Zudem wird die Verpflichtung, Nichtmuslime entsprechend den "Prinzipien islamischer Gerechtigkeit" zu behandeln, in Artikel 14 eingeschränkt: "Dieses Prinzip findet Anwendung auf alle, die sich nicht an Aktivitäten oder Verschwörungen gegen den Islam und die Islamische Republik Iran beteiligen."

Eine weit dehnbare Bestimmung, die Nichtmuslimen unter anderem jede Missionstätigkeit untersagt, sie aber auch als besonders anfällig für die Teilnahme an "Verschwörungen" betrachtet.

In diesen Verdacht gerieten vor allem Angehörige der jüdischen Bevölkerungsgruppe. Die Mehrzahl der in islamischen Staaten lebenden Juden wanderte bereits in den fünfziger und sechziger Jahren aus, wurde vertrieben oder ausgewiesen. Im Iran lebten Ende der siebziger Jahre 100 000 Juden, heute sind es noch 25 000.

Wie hat sich die iranische Revolution auf das Leben der iranischen Juden ausgewirkt?

Die islamische Revolution von 1979 war ein großer Wendepunkt in der iranischen Geschichte und gilt als ein dramatischer Wechsel im Leben des iranischen Judentums. Als Teile der iranischen Gesellschaft wurden die religiösen Minderheiten vom revolutionären Wandel im Lande beeinflusst; als Mitglieder einer religiösen Minderheit hatte er besondere Auswirkungen für sie.

Die islamische Revolution revolutionierte somit auch das Leben der jüdischen Community im Iran. Seitdem war das Verhalten gegenüber der jüdischen Community von zwei Hauptfaktoren beeinflusst, dem Vermächtnis der Vergangenheit und dem Verhalten der iranischen Schiiten gegenüber Nichtmuslimen.

Erst kürzlich führten der Kollaps des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses und der palästinensische Aufstand vom September 2000 nicht nur zu harschen Stellungnahmen gegen Israel und den Zionismus, sondern auch zu einer Zunahme von Ausfällen gegen Juden. Die Verhaftung der 13 Juden, die beschuldigt wurden, für Israel zu spionieren, und die Verurteilung von zehn von ihnen im Juni 2000 verbreiteten ein Gefühl von Unsicherheit.

Das iranische Judentum bildet eine alte Community. Wie sieht die Behandlung der Juden im Iran im geschichtlichen Rückblick aus?

Die Geschichte der iranischen Juden war sprunghaft und kannte Perioden der Verfolgung genauso wie Zeiten der Sicherheit und des Friedens.

Eine ansehnliche Verbesserung der Lage war unter dem Pahlavi-Regime (1925–1979) zu verzeichnen, hauptsächlich während der Weißen Revolution (1963). Die Hauptgründe für die Verbesserung waren die veränderte Ideologie des Regimes (basierend auf Verwestlichung und Nationalismus; die Red.), enge Beziehungen des Iran zum Westen, die Errichtung des Staates Israel und die festen Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Die jüdische Community war damals gut ausgebildet, frei und stolz, erfreute sich kultureller Autonomie und eines ökonomischen Fortschritts. Diese "Goldene Ära" kam mit der Herrschaft des neuen Regimes plötzlich zu einem Ende. Das damalige Kapital wurde den iranischen Juden jetzt zur Last. Sie waren reich, dem Schah gegenüber loyal, und wurden mit Israel identifiziert: all das galt nun als Kennzeichnung für Irans Erzfeinde. Obwohl es keine offizielle Anstiftung oder systematische Belästigung gab, erlitten die iranischen Juden eine harschere Behandlung als andere religiöse Minderheiten mit Ausnahme der Baha’i, die vom Islam als Apostaten betrachtet werden.

Hinzu kamen die wirtschaftlichen Probleme im Iran und der Druck aus dem Ausland (die US-Politik der "doppelten Eindämmung", Iran als Teil der "Achse des Bösen" und die ökonomischen Sanktionen, die Red.).

Dies wurde zumindest teilweise Israel und den Juden angelastet, von denen man annahm die "Räder der Weltwirtschaft zu bewegen". D.h. die religiösen Aspekte der iranischen Behandlung der palästinensischen Frage hatten antiisraelische Behauptungen zur Folge, die oft mit Argumenten gegen die Juden einhergingen.

War die islamische Doktrin der iranischen Revolution antijüdisch?

Man kann in Ayatollah Khomeinis Doktrin, so wie sie vor der Revolution formuliert wurde, einige Argumente gegen die Juden finden. Beispielsweise schon auf der ersten Seite seines Buches über die Islamische Republik beanspruchte er, dass der Islam "seit Anbeginn" unter den Juden gelitten habe. Sie waren es, behauptete er, die "zuerst die antiislamische Propaganda etablierten und sich an verschiedenen Kriegsplänen beteiligten". Dies, ergänzte er, sei "aktiv fortgesetzt" worden.

Nach dem Sieg der Revolution wurden solche Argumente zugunsten ausgeglichenerer und toleranterer Stellungnahmen aufgegeben. Khomeini konnte weder die neu begründete Loyalität der jüdischen Minorität ignorieren noch die Verantwortung der muslimischen Herrscher gegenüber den Dhimmis übergehen. Ein radikaler Wandel in seinen Stellungnahmen wurde festgestellt.

Sofort nach Khomeinis Rückkehr gingen Führer der jüdischen Community zu ihm und bezeugten ihre Loyalität. Sie betonten, dass das Judentum und der Zionismus zwei gänzlich unterschiedliche Themen seien. Khomeini akzeptierte die Formel. Diese offizielle Unterscheidung ist weiterhin allgemein gültig, wenn es um die Formulierung der Grundhaltung gegenüber den Juden geht.

Religiöse Minderheiten (außer den Baha’i) konnten sich auf ein gewisses Maß an Toleranz und Schutz verlassen. Sie haben sogar Repräsentanten im Majless (Parlament; die Red.). Es gibt keine offizielle Aufstachelung gegen sie. Und die Freiheit der Religionsausübung wurde nicht substanziell eingeschränkt. Dennoch lässt man sie ihren unterlegenen Status als Minderheit spüren und sie fühlen sich unsicher.

Dass drei von vier iranischen Juden seit der Revolution das Land verließen, spricht für sich. Während eine relativ tolerante Behandlung an der Oberfläche zu bemerken war, waren die Probleme auf einer tieferen Ebene komplexer.

Wie in der gesamten arabischen Welt ist die Unterscheidung zwischen den Juden auf der einen Seite und Israel und dem Zionismus auf der anderen Seite oft verschwommen. Da gibt es viele Verweise auf Israel als einen "Haufen von Juden" und die amerikanischen Juden gelten oft als Zionisten. Feindseligkeit gegenüber Israel konnte so Gefühle gegen Juden im Iran erzeugen.

Haben solche Feindseligkeiten ihre Wurzel am Ende doch im Islam?

Sowohl die antiisraelischen und antizionistischen Argumente als auch die religiösen Aspekte in der Behandlung der Frage von Palästina wurden mit Argumenten gegen die Juden verknüpft. Eine solche Haltung ist in der iranischen Geschichte verwurzelt und durch die politischen Realitäten in der Region verstärkt worden.

Zurückgegriffen wurde dabei sowohl auf eine islamische Tradition als auch auf den europäischen Antisemitismus. Die iranische Geschichte ist reich an Feindseligkeiten gegen Juden, und rassistische Überzeugungen können in den Schriften vieler prominenter Autoren aufgespürt werden, bei Klerikern genauso wie bei weltlichen Intellektuellen.

Wie manifestiert sich eine solche Haltung genau?

Antijüdische Gefühle sind sogar in offiziellen Erklärungen reichlich vorhanden. Juden wurden gelegentlich inhärente Feindseligkeiten im Islam zur Last gelegt, und es wurde ein extrem harsches Vokabular benutzt, um die Juden zu brandmarken.

Darüber hinaus übernehmen Iraner – wie andere Islamisten heute oder arabische Nationalisten früher – oft die Meinung, dass Juden ihre Regierungen kontrollierten und, noch schlimmer, dass sie ihre eigenen Regierungen verrieten. Die Protokolle der Weisen von Zion und giftige antisemitische Karikaturen werden routinemäßig veröffentlicht.

Die Hervorhebung jüdischer Kontrolle über die Weltwirtschaft wurde in der Mitte der neunziger Jahre in Verbindung mit drei Entwicklungen stärker betont: wachsende ökonomische Probleme, amerikanische Sanktionen und der arabisch-israelische Frieden. Die Iraner schienen überzeugt zu sein, dass Israel alle imperialistischen antiiranischen Aktionen dirigierte.

Hat die Unterstützung der Palästinenser eine antijüdische Haltung zur Folge?

Die iranische Haltung gegenüber der Frage Palästinas und die harsche Kritik Israels, der Intifada folgend, förderten zwangsläufig die antijüdischen Gefühle. Eine Konferenz über Palästina ansprechend, erklärte der oberste Führer, Ali Khamenei, es gebe "Beweise", dass eine "große Zahl von nicht jüdischen Hooligans und Gewaltverbrechern aus Osteuropa gezwungen worden seien, als Juden nach Palästina zu ziehen". Der Zweck, sagte er, sei es gewesen, im Herzen der islamischen Welt einen antiislamischen Staat zu errichten.

Khamenei fügte sogar hinzu, dass historische Dokumente eine "Kollaboration der Zionisten mit Nazi-Deutschland" bezeugten und dass die "übertriebene Zahl" der ermordeten Juden im Holocaust konstruiert worden sei, um mit Hilfe der Sympathie der Welt den Boden für die Okkupation Palästinas zu bereiten.

Die Selbstmordattentate des Jahres 2001 unterstützte der Iran nicht öffentlich, obwohl er sie meist zu legitimieren schien. Für ihn waren das die süßen Aktionen von "Suchenden des Martyriums", was die einzige Sprache sei, die die Juden verstünden.

Wird der Holocaust im Iran geleugnet?

Während Teile der Presse eine reformistische Haltung annehmen, folgen andere einer extrem harten Linie. Manche Iraner behaupten, dass der Holocaust "einer der größten Schwindel des vergangenen Jahrhunderts" gewesen sei und dass es eine Story sei, die "von den Zionisten erfunden wurde, um den Westen zu erpressen". Tatsächlich hat der Iran kürzlich ein Zentrum für die Verbreitung von revisionistischem Denken gegründet. Solche Leute werden im Land gerne gesehen und sie publizieren dort ihre einschlägigen Schriften.

Die iranischen Publikationen drehen sich gelegentlich um die den Holocaust verleugnenden Ansichten. Vielleicht "die größte Lüge der Geschichte", behauptete ein solcher Artikel, habe während der Nürnberger Prozesse eine formale Gestalt angenommen, wo ein Geständnis, das "mit Mitteln der Folter erzwungen" sei, zum "Grundstein der offiziellen Version von Auschwitz" wurde. Es gibt "keinen dokumentierten Beweis für die Vergasung eines einzigen Menschen in einem deutschen Lager", ergänzte dieselbe Zeitung, und die deutschen Dokumente bestätigten nicht die "Holocaust Story", tatsächlich "widerlegen sie diese direkt". Das sind nur ein paar Beispiele.

Vereinzelt betonen iranische Quellen auf faire, objektive Art das Unrecht, das den Juden in Nazideutschland angetan wurde, aber es dient immer dazu, vor allem einen Punkt herauszustellen: Wie die Europäer das Recht hatten, Hitler zu bekämpfen, haben die Palästinenser das Recht, die "zionistischen Invasoren" zu bekämpfen.

Andere ergänzen, dass der Holocaust von heute das sei, was die Palästinenser zu erleiden haben. Jetzt sollen sie "den Preis der europäischen Verbrechen" in Auschwitz und Treblinka zahlen.

Gibt es, was die politische und ideologische Situation im Iran betrifft, einen signifikanten Wandel seit der Wahl des Präsidenten Muhammad Khatami, der als Reformer gilt?

Khatamis Wahl und seine Reformforderungen führten zu einer Liberalisierung der Stellungnahmen bezüglich der Juden. Iranische Intellektuelle, die einen Dialog zwischen dem Islam und anderen Religionen befürworteten, verstärkten ihre Stimmen. Die Konservativen setzen ihren kritischen Ton fort.

Ein Bericht des US-State Department über Menschenrechte aus dem Jahr 2000 beschrieb die Zustände im Iran als "schlecht". Religiöse Minderheiten, so wurde darin spezifiziert, erfahren einen "unterschiedlichen Grad von offiziell sanktionierter Diskriminierung, besonders auf dem Gebiet der Arbeit, Erziehung und des Wohnens." Überdies "leiden sie unter Diskriminierung im System der Gesetzgebung, bekommen geringere Entschädigung bei Prozessen im Zusammenhang von Körperverletzungen oder Tötung und sie setzen sich der Gefahr aus, eine härtere Strafe als Muslime zu bekommen".

Am 24. Dezember 2000 prangerte der jüdische Vertreter Maurice Motamed im Majless die häufige Diskriminierung von Nichtmuslimen an. Er nannte dabei insbesondere die Diskriminierung in den Bereichen der Erziehung, der Schaffung von Arbeitsplätzen und in der Rechtsprechung.

Alles in allem werden die iranischen Juden, obwohl sie gelegentlich kritisiert werden, mit einer gewissen Toleranz behandelt. Während oft Hass erzeugt wurde, verhinderte die Regierung, dass er sich in Gewalt verwandelte. Die Juden sind konfrontiert mit einer Mischung aus Anstiftung und Zurückhaltung. Die Situation erlaubt es einer großen Anzahl von Juden, im Land zu bleiben.

Ihre Sorgen sind jedoch noch immer gut begründet. Obwohl die Mehrheit der Juden das Land verlassen hat, leben immer noch mehr Juden im Iran als in irgendeinem anderen islamischen Land.

David Menashri wurde im Iran geboren und wanderte als Kind nach Israel aus. Er ist Professor für Geschichte am Dayan Center der Universität von Tel Aviv und Präsident der Central Organization of Iranian Immigrants in Israel. Kontakt: info@tau-europe.org

hagalil.com 17-02-2003

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