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Interview mit David Menashri:
Iranische Juden in Israel

Ramon Schack
Freier Journalist, Berlin

Am Vorabend der Revolution von 1979 lebten 100.000 Juden im Iran. Heute sind es nur noch 25.000. Ein nicht unerheblicher Teil der iranischen Juden hat sich in den letzten Jahrzehnten in Israel niedergelassen. Dort kümmert sich die Central Organization of Iranian Immigrants um die Belange dieser Neueinwanderer. Ihr Präsident ist David Menashri. Professor Dr. David Menashri unterrichtet an der Uni Tel Aviv "Iranische Geschichte und Politik", er gilt als einer der führenden Iran-Experten weltweit. Menashri wurde im Iran geboren und kam im Alter von 4 Jahren nach Israel. Mit ihm sprach Ramon Schack.

Prof.Menashri welche unmittelbaren Auswirkungen hatte die Islamische Revolution auf die jüdische Gemeinde des Irans?

Die Revolution war ein Desaster für die jüdische Gemeinde im Iran. Rund 75% ihrer Mitglieder haben in den letzten Jahren das Land verlassen, die meisten für immer. In vielen Orten bestehen die Gemeinden nur noch aus alten Menschen, denn wie bei anderen vergleichbaren Auswanderungswellen auch, sind die Jungen und Qualifizierten gegangen, haben sich ein neues leben aufgebaut in Los Angeles, Tel Aviv oder London, beispielsweise.

Außerdem führte die Ausrufung der Islamischen Republik, damit einhergehend, die Ernennung des schiitischen Islams zur Staatsreligion, zu einer tendenziellen Verschlechterung der Situation von religiösen Minderheiten. Anhänger von monotheistischen Glaubensgemeinschaften haben es zwar leichter als beispielsweise die Bahai, dennoch werden diese Minderheiten seit 24 Jahren von relevanten Schlüsselpositionen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft ferngehalten. Die Verfassung des heutigen Irans definiert Juden als Dhimmis, als Schutzbefohlene, man ist eifrig darum bemüht die anitisraelische Doktrin nicht auf die iranischen Juden zu übertragen.

Die Geschichte der iranischen Juden reicht zurück in die Frühphase der persischen Reiche. Wie stellt sich die Situation der iranischen Juden im historischen Rückblick da?

Iranische Juden haben in den vergangenen  Jahrtausenden Perioden der Sicherheit und Stabilität, als auch von Unterdrückung und Verfolgung erlebt. Als "Goldenes Zeitalter", dieser Gemeinde bezeichnet man Rückblickend die Ära der Pahlavis zwischen 1925-1979. Besonders der Beginn der sogenannten "Weißen Revolution", ab 1963 führten zu enormen rechtlichen und sozialen Verbesserungen. Die Ideologie dieses Regimes basierte auf Nationalismus, Säkularismus und Verwestlichung. Außenpolitisch unterhielt das Regime beste Beziehungen zum Westen im Allgemeinen und zu Israel im Besonderen. Viele Juden hatten einen hohen Bildungsstandart erworben und lebten materiell besser als viele andere Iraner. 1979 wurde ihnen diese Vorteile zum Nachteil.

Man darf natürlich nicht vergessen das die Doktrin der Islamischen Revolution antijüdische Elemente enthielt. In seinem Buch über die islamische Republik, behauptet Ayatholla Khomeini, daß der Islam seit Anbeginn unter den Juden gelitten hätte. Nach dem Sieg der Revolution allerdings, wurden tolerantere Positionen formuliert. Khomeini konnte weder die neu begründete Loyalität der jüdischen Minorität ignorieren noch die Verantwortung der muslimischen Herrscher gegenüber den Juden übergehen.

Prof.Menashri gibt es in Israel irgendwelche Pläne die im Iran verbliebenen Juden zur Übersiedlung nach Israel zu motivieren?

24 Jahre nach der Revolution ist sehr viel Zeit vergangen um potentielle Auswanderungspläne zu realisieren. Möglicherweise sollte man von der Tatsache ausgehen, dass die noch im Iran verblieben Juden dort aus freien Stücken leben möchten, das ist ihr gutes Recht. Ich wüßte nicht was Israel tun sollte oder könnte um daran etwas zu ändern. Die Juden im Iran sind in der Mehrheit loyale Staatsbürger, ihre religiösen Grundrechte sind garantiert, es gibt jüdische Abgeordnete im Parlament.

Im Gegensatz zu manchen arabischen Ländern, kam es zu  keinen antijüdischen Ausschreitungen. Sicherlich gab es auch im Iran Zwischenfälle, allerdings darf man die politischen Gegebenheiten vor Ort nicht vergessen.

Wie viele Menschen iranischer Abstammung leben heute in Israel?

Eine schwierige Frage wen würden Sie denn als iranisch/persisch betrachten?

Möglicherweise Menschen die im privaten Umfeld eher Farsi als Hebräisch sprechen.

Dazu kann ich Ihnen keine genauen Zahlen liefern. Wir haben Statistiken von iranischen Juden die schon vor über hundert Jahren ins damalige Palästina kamen. Die Staatsgründung 1948 löste weiter Einwanderungswellen aus. 1979 kam es zur bislang letzten verstärkten Migration aus dem Iran, allerdings sind nur ein Drittel der Juden die den Iran verließen nach Israel gekommen. Insgesamt geht man heute in Israel von einer Viertel Millionen Menschen iranischer Herkunft aus, diese Zahl beinhaltet aber alle Nachkommen der 2. und 3. Generation. Also rund 3-4% der Gesamtbevölkerung.

Besonders die Einwanderer von 1979 haben noch viele  Elemente ihrer persischen Kultur erhalten. Man spricht Farsi untereinander liest persische Bücher und pflegt das kulturelle Erbe. Die Einwanderer der ersten Generation haben sich allerdings recht erfolgreich in Israel integriert. Ich selbst wurde ja im Iran geboren und kam im Alter von 4 Jahren nach Israel. Keines meiner Kinder spricht auch nur ein einziges Wort Farsi, was ich übrigens sehr bedauere. Diese Situation ist typisch für viele iranische Migranten und deren Nachkommen. Man kann ohne Übertreibung von einer  Erfolgsgeschichte der iranischen Migration nach Israel sprechen.

Der amtierende Präsident Israels wurde ja ebenfalls im Iran geboren.

Richtig Moshe Katzav. Katzav stammt übrigens aus Yzad, derselben Stadt in der Khatami geboren wurde, aber das nur am Rande.

Außerdem müssen in diesem Zusammenhang Verteidigunsminister Moshav, der Chef der Luftwaffe, als auch einer der bekanntesten Popsänger Israels genannt werden. Diese Beispiele verdeutlichen exemplarisch das iranische Juden in Israel, sowie deren Kinder und Enkelkinder wichtige Positionen in der Gesellschaft erlangt haben, überwiegend durch Bildung.

In den letzten 13 Jahren hatte die massive Einwanderung nach Israel, überwiegend aus der ehemaligen UdSSR, direkte Auswirkungen auf die politische Landschaft beziehungsweise das Parteiensystem. Gibt es ein spezifisch Wahlverhalten der iranischen Juden in Israel, oder politische Parteien die präferiert werden?

Nun ja, im Allgemeinen tendieren Einwanderer aus islamischen Ländern eher zum Likud, oder zur politischen Rechten. Abgeschwächt gilt dieses auch für die iranischen Juden. Die intellektuellen Führer allerdings sind meistens in der Arbeiterpartei engagiert. In der Regel sind Sozialisation und Bildung relevanter im Bezug der Wahlpräferenzen als die ethnische Herkunft. Ein Universitätsprofessor wählt meistens anders als ein Bauarbeiter, selbst dann wenn sie der gleichen ethnischen Herkunft sind.

Man kann die russische Migration nur sehr schwer mit der iranischen vergleichen. In den vergangenen Jahren sind über eine Million Menschen aus der Ex-UdSSR nach Israel gekommen. Viel mehr Menschen als aus dem Iran und vor allem in einem wesentlich kürzeren Zeitraum. Ungefähr ein Drittel aller Israelis hat inzwischen irgend eine Art von Wurzeln in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Diese Einwanderer sind überaus stark im politischen Geschäft engagiert und prägen somit auch die politische Landschaft. Abgesehen vom Präsidenten sind nur recht wenige iranische Einwanderer in der Politik engagiert. Eher findet man sie im akademischen Bereich oder aber in der privaten Wirtschaft.

Gibt es signifikante Unterschiede zwischen der Situation der iranischen Juden in Israel und denen in Los Angeles?

Wie Sie vielleicht wissen ist Los Angeles das wahre Zentrum der iranischen Juden weltweit geworden. In Südkalifornien leben heute mehr iranische Juden als im Iran. Die Juden dort pflegen über aus stark ihr persisches Erbe, unterrichten ihre Kinder in Farsi etc. Um ihre jüdische Identität zu erhalten, betonen sie ihr iranische Herkunft. Dieses ist in Israel grundlegend anders.

Seit 1979 waren Sie nicht mehr im Iran. Ihr Heimatland unterhält keine diplomatischen Beziehungen zum Iran, beide Staaten stehen sich offiziell feindselig gegenüber. Wann glauben Sie werden Sie als Israeli wieder die Möglichkeit haben den Iran zu bereisen?

Ich habe keine Ahnung, ich hoffe sehr bald. Als Wissenschaftler mit dem Schwerpunkt Iran wünsche ich mir sehr vor Ort meine Studien fortsetzen zu können, wie vor 1979. Ich habe zu dem Iran, meinem Geburtsland, und seinen Menschen tiefe Sympathien entwickelt. Ich denke es gibt keine geopolitischen Notwendigkeiten das sich beide Staaten feindselig gegenüberstehen. Iran hat entschieden keine Beziehungen zu Israel zu unterhalten und erlaubt Israelis keine Reise in dieses Land, das muß ich akzeptieren. Allerdings bin ich mir sicher das zwischen den Menschen in beiden Staaten keine Feindseligkeiten bestehen. Iran und Israel haben mehr Gemeinsamkeiten als vielen Beobachtern offensichtlich erscheint. Letztendlich ist dieses aber ein politisches Problem und kann auch nur von Politikern auf beiden Seiten gelöst werden.

Prof. Menashri vielen Dank für dieses Gespräch.

hagalil.com 08-10-2003

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