Die weltweiten Friedensdemonstrationen vom vergangenen Wochenende
wurden in verschiedenen Zeitungen im Iran hauptsächlich als
antiamerikanisch Stellungnahme wahrgenommen. In der Zeitung Keyhan
kritisiert N. Kamran am 16. Februar 2003 das bewusste Herunterspielen
der amerikanischen Medien über das Ausmaß der Demonstrationen. In einem
Kommentar konstatiert Ali Qassemi ebenfalls am 16. Februar in der
Zeitung Resalat die Notwendigkeit der Mitgliedsstaaten der UN, die sich
gegen einen Krieg ausgesprochen haben, weiterhin im Irak-Konflikt eine
zentrale Rolle zu spielen. Die Expertin für internationale Fragen, Shala
Baqeri, allerdings kritisiert in einem Interview mit der
staatlich-studentischen Internetagentur ISNA, dass sich trotz der
starken Kritik der Friedensbewegung an der amerikanischen Politik diese
nicht ändern wird. (1)
Keyhan, 16.2.2003:
Ich denke an 'Dich'(2)
"Als gestern Millionen Menschen [...] auf die Straßen strömten, um
George Bush für paar Stunden allein zu lassen, schrieen sie in jeder
Sprache, dass wir keinen Krieg wollen. Von diesen Demonstrationen mit
Millionen von Teilnehmern, die in dutzenden Städten stattfanden, hat
CNN, der von sich selbst glaubt, die Dame der Massenmedien in den USA zu
sein, insgesamt fünf Sekunden lang Bilder [über die Demonstrationen]
gezeigt. Wenn sich aber eine weibliche Fliege in New York ziert,
übertragen alle Medien das Lustschauspiel direkt. Gestern Nacht
berichtete auch Radio Amerika, das ständig ohrenbetäubend nach Freiheit
schreit und behauptet, unabhängige Zeitungen zu unterstützen, nur kurz
von diesem großen Ereignis. Andere Nachrichten wie [...] die ärztliche
Behandlung eines afghanischen Kindes durch US-amerikanische Soldaten -
dieses Kind wurde durch amerikanische Militäreinsätze verletzt - [...]
wurden ausführlich gesendet. Alles ist für eine Berichterstattung
relevant, aber die Präsenz von Massen in Berlin, Washington, London und
Madrid verdienen offenbar nicht, ausführlicher wiedergegeben zu werden.
Sie sagen, 'Wissen ist ein Menschenrecht', aber de facto glauben sie an
ihr eigenes Recht, basta! Als gestern die US-amerikanischen Medien, das
für sie erniedrigende Aufgebot der Menschen (.....) runterspielten,
fühlte ich mich an den weisen Führer erinnert, der vor zwölf Tagen in
seiner Rede von den Lobbygruppen der Kreuzfahrer und Zionisten in den
Medien sprach und wie er besonders betonte, dass die Wahrheit über die
Herrschaft der kapitalistisch-zionistischen Zentren über die Weltmedien
endlich entlarvt werden müsse."
Resalat, 16.2.2003
Die USA hat keinen Platz in der öffentlichen Meinung der Welt
"Die öffentliche Meinung in 600 Städten und 160 Staaten hat gestern
einstimmig die kriegstreiberische Politik der USA verurteilt und die
Einseitigkeit des Weißen Hauses im Zusammenhang mit den internationalen
Problemen und der Akte Irak verurteilt. Die großen Demonstrationen gegen
den Krieg fanden kurz nach der ,kalten Antwort' des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen auf die USA statt. Die weltöffentliche Meinung hat
gemeinsam mit den Positionen der Regierungen Frankreichs, Russlands,
Chinas und Deutschlands der US-Regierung einen erneuten Schlag versetzt.
Die Proteste der Öffentlichkeit richteten sich gegen die
US-amerikanische Politik und nicht gegen die islamischen Staaten. Diese
Proteste fanden in Städte wie Washington, New York und San Francisco
statt. Die einseitige und ignorante Haltung des Weißen Hauses gegenüber
den internationalen Organisationen und gegenüber den
Souveränitätsrechten der Staaten, hat den Hass der Welt gegen die USA
verstärkt. Dieser Hass war gestern auf den weltweiten Demonstrationen
gegen den Krieg deutlich sichtbar. Die USA können nicht mehr von
organisiertem Widerstand sprechen oder die Behauptung aufstellen, dass
eine Gruppe oder eine besondere Organisation mit Einsatz von Medien und
Propaganda die Isolierung und Vernichtung der USA anstrebe. Dieser Hass
kommt aus der Bevölkerung. [...] Vor dem Hintergrund der ,kalten
Antwort' des Sicherheitsrates auf die USA und der ablehnenden Haltung
der Weltöffentlichkeit gegenüber den einseitigen Maßnahmen der USA gegen
den Irak, haben die Kriegstreiber der USA keine Erklärung mehr für den
Beginn eines Krieges gegen den Irak. Die Weltöffentlichkeit und die
unabhängigen und freiheitsliebenden Regierungen betrachten den
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als das einzige Organ zum Schutz
des Weltfriedens und haben auch viel unternommen, um dieses Organ zu
stabilisieren. Aber George Bush, Präsident der USA, glaubt, dass sein
Land einen eigenen Weg beim Problem Irak gehen müsse. Die Präsenz der
Weltöffentlichkeit war eine gute Gelegenheit, um die Bedrohungen des
Weltfriedens durch die Projekte des Weißen Hauses ernsthaft zu
blockieren. Die Mitglieder der Vereinten Nationen insbesondere
Frankreich, China und Russland, die ständige Mitglieder des
Sicherheitsrates sind, müssen die Zeit nutzen, um weiterhin die zentrale
Rolle des Sicherheitsrates bei der Bewältigung der Irak-Krise zu
spielen."
ISNA, 28.11.1381 / 16.2.2002
Der weltweite Widerstand gegen den Krieg
Shahla Baqeri: "Diejenigen, die an den weltweiten
Antikriegsdemonstrationen teilnehmen, glauben an das
Selbstbestimmungsrecht der Völker und glauben, dass die Iraker selbst
über ihre Regierung entscheiden müssen, [...]" "Das gesellschaftliche
Gewissen der Welt ist verletzt worden. Die Menschen glauben, dass das
Recht der Bevölkerung Iraks ignoriert wird und die USA als Herr aller
Völker der Welt, u.a. der Bevölkerung Iraks, auftreten." [...] "Ein
anderer Grund für die breiten Demonstrationen sind die hohen Kosten, die
im Falle der Teilnahme an der möglichen Koalition gegen den Irak aus den
Taschen der Bevölkerung bezahlt werden müssen. [...] Die demokratischen
Staaten, die auf ihre Steuerzahler angewiesen sind, müssen auf die
Stimmen ihrer Bevölkerung achten, und die europäischen Staaten müssen
bei der Teilnahme an der Koalition für den Krieg gegen den Irak auf die
Stimmen ihrer Bevölkerung Rücksicht nehmen. [...] Die machtvollen
Staaten wissen, dass wenn die sichere Strategie der USA ein Angriff
gegen den Irak ist, sie der USA folgen müssen. Daher werden sie mit den
USA Kompromisse eingehen, was ein Prinzip der internationalen
Beziehungen darstellt. Das Ziel von George Bush ist die Militarisierung
der Welt. Denn die USA sind die Nutznießer. Die Widerstände der
Friedensbewegung werden nichts an dieser Politik der USA ändern."