Irans Atomprogramm:
Der unreine Feind
Der Iran rüstet militärisch auf
und hat einen psychologischen Propagandakrieg gegen Israel begonnen
Von Wahied Wahdathagh
Jungle World 35 v.
18. August 2004
Vorsicht ist geboten, wenn jemand wie der
iranische Verteidigungsminister Ali Shamkhani von "der prinzipiellen
Friedfertigkeit des Atomprogramms" spricht. Er legte Anfang August
nahe, dass unter bestimmten Umständen der Bau von Atombomben möglich
und legitim sei, selbstverständlich nur zu Verteidigungszwecken.
Als Beleg dafür nannte er die pakistanische
Atombombe, die zur "Gegenwehr" gebaut worden sei, da das Land von
seinen Nachbarn bedroht werde. Dieses Beispiel projizierte der
General dann auf den Iran und erklärte, wenn Israel den Iran
angreife, werde der Verteidigungsfall eintreten; für diesen Fall
drohte er mit "Podafande Hastei". Der Begriff bezeichnet einen
automatisch ausgelösten atomaren Krieg.
Einerseits behauptet die iranische Propaganda, der
Islam lehne Atombomben ab und trete für die Schaffung einer
"atomwaffenfreien Friedenszone" in der Region ein – als ob
ausgerechnet die iranischen Ayatollahs die Garanten des Friedens in
der Region seien. Andererseits wird das Existenzrecht Israels in
Frage gestellt und mit Vernichtung gedroht. Tatsächlich ist diese
Art von Friedensideologie ein fester Bestandteil der totalitären
Utopie der khomeinistischen Ideologie. "Wir betrachten die Israelis
prinzipiell als unrein und beschmutzen uns nicht durch eine
Kooperation. Die Zionisten sind so unrein, dass wir noch nicht
einmal bereit sind, unsere finanziellen Forderungen, die aus der
Zeit vor der Revolution stammen, erneut zu stellen", so der
Verteidigungsminister. In bester antisemitischer Tradition stellt
Shamkhani den Iran als von "unreinen Juden" bedroht dar, um damit
das eigene Aufrüstungsprogramm zu rechtfertigen.
Wenn der Verteidigungsminister, wie in den
vergangenen Wochen vermehrt geschehen, das Rüstungsprogramm seines
Landes mit dem israelischen vergleicht, kommt er immer wieder zu dem
Schluss, Israel habe in den vergangenen Jahren seine
Raketentechnologie verbessert. Daher werde auch der Iran die
Shahab-3-Rakete modernisieren.
Diese Mittelstreckenraketen sind Angriffswaffen,
die auch atomar, biologisch oder chemisch bestückt werden können.
Iranische Politiker hatten ihren europäischen Kollegen zwar
versprochen, vom Bau einer Shahab-4-Rakete abzusehen. Nun verkündete
Shamkhani jedoch, dass das iranische Militär zwar wie zugesagt auf
Shahab-4 verzichte, die Technologie der Shahab-3 aber erneuert
werde, denn, so fügte er zynisch hinzu, die Nummerierung der Rakete
sei ja nicht von Bedeutung. Er versicherte, dass der Iran in naher
Zukunft die Modernisierung von Shahab-3 beendet haben und die Rakete
dann testen werde.
Shahab-3-Raketen mit einer Reichweite von 1 300
bis 1 500 Kilometern können bereits jetzt Israel erreichen. Ende
Juli führten die USA und Israel einen nach Angaben des Pentagon
erfolgreichen Test der Abwehrrakete Arrow durch, die gegen
Bedrohungen aus Ländern der Region schützen soll.
Verteidigungsminister Shamkhani drohte, im Fall
eines israelischen Angriffs werde der Iran "keinen sicheren Ort für
Israel und Sharon" übrig lassen. "Die israelische Führung weiß sehr
wohl, dass sie wie in einer Kaserne lebt. Allerdings ist diese
Kaserne ein Pulverfass und daher sehr verletzbar."
Shamkhani erklärt, dass der Iran Europa nicht
bedrohe, doch eine offizielle iranische Agentur hatte vor wenigen
Monaten von 29 geheimen militärischen Zielen in Europa berichtet.
Unermüdlich versucht die iranische Regierung, die Akzeptanz Europas
für ihr Atomprogramm zu gewinnen, um mögliche UN-Sanktionen zu
verhindern. Offen bleibt, ob die europäischen Staaten ihre
Appeasement-Politik gegenüber dem Iran beenden werden, wenn die
iranischen Raketen eine Reichweite von mehr als 1 500 Kilometern
haben werden und damit auch europäische Städte treffen könnten.
hagalil.com
19-08-2004 |