Rezension
Doppelgänger im Dienst des irakischen Diktators:
Ich war Saddams Sohn
Max Brym
Im
März 03 brachte der Goldmann- Verlag eine spannende
Neuveröffentlichung heraus. Das Buch hat den Titel: "Ich war Saddams
Sohn. Als Doppelgänger im Dienst des irakischen Diktators Hussein".
Die Originalausgabe erschien 1994 im Norika Verlag Wien. Der Autor
des Buches ist Latif Yahia der von Karl Wendel wissenschaftlich
beraten wurde.
Die Erinnerungen von Latif Yahia
Latif Yahia wurde 1988 gezwungen, als
Doppelgänger des Sohnes von Saddam, Odai Hussein zu leben. Diese
Rolle musste er vier Jahre spielen, bevor ihm 1992 die Flucht ins
westliche Ausland gelang. Die Memoiren von Latif Yahia ermöglichen
einen vortrefflichen Blick in die Innenarchitektur der Tyrannei. Aus
Angst vor Anschlägen, entwickelte Saddam Hussein ein raffiniertes
System von Doppelgängern für sich und seine Familie. Latif Yahia
doubelte über Jahre den berüchtigten Odai Hussein. Die beiden
kannten sich bereits aus der Schulzeit. Zur Schule kam Saddams Sohn
als vierzehnjähriger Knabe, wann er wollte, mit einem Porsche den er
selbst steuerte. Als er eines Tages ein Mädchen mitbrachte, stellte
ein Professor an Odai eine schüchterne Frage, am nächsten Tag war
der Professor spurlos verschwunden. Keiner wagte nach dem Schicksal
des Pädagogen zu fragen. Obwohl sich Odai Hussein nicht am
Schulunterricht beteiligte, bestand er die Hochschulprüfung mit der
höchsten Auszeichnung.
Ein Fidai
Der 1964 geborene Latif Yahia kämpfte
im Frühjahr 1988 als Offizier im Krieg gegen den Iran. Plötzlich
wurde er abgeholt und nach Bagdad gebracht. Dort wurde ihm nach
wochenlangen schweren Folterungen, das Angebot gemacht den Sohn des
irakischen Diktators zu doubeln. Nachdem er vorher seine eigenen
Exkremente fressen musste, nahm er das Angebot ein Fidai zu werden
an. Ein Fidai ist im Iran mehr als ein Doppelgänger. Er ist ein
Kämpfer, ein Leibeigener, er muss bereit sein für seinen Herren zu
sterben. Der Herr Odai Hussein war zwischenzeitlich Chef des
Journalistenverbandes, Präsident des Fußballverbandes und Boss eines
eigenen Geheimdienstes geworden. Odai Hussein ließ ein Buch
schreiben, indem er Gott drei Fehler bescheinigte: "Gott hätte kein
Ungeziefer, keine Juden und Perser erschaffen dürfen". Ansonsten
wird Odai Hussein als brutaler, sadistischer Analphabet beschrieben.
Der Fidai konnte dies beurteilen, denn er musste seinen Herren stets
begleiten und ihn bei öffentlichen Auftritten in denen von einer
Anschlagsgefahr ausgegangen wurde vertreten.
Die Vorlieben des Odai Hussein
Odai Hussein ist wie sein Vater ein
absoluter Autonarr. Stets mussten hundert Automobile, für den Sohn
des Präsidenten fahrbereit zur Verfügung stehen. Selbstverständlich
handelte es sich um europäische und amerikanische Nobelmarken. Wenn
Odai eines seiner Autos bestieg, wurden sämtliche Straßen die der
Präsidentensohn befuhr gesperrt.
Mit seinen Leibwächtern veranstaltete er so genannte Wettrennen.
Niemals wagte ein anderer Odai zu überholen, er musste die "Rennen"
gewinnen. Andernfalls wurde es gefährlich. Eines Tages im Jahr 1988
wagte es ein ziviler Autofahrer, ganz normal den Präsidentensohn zu
überholen. Daraufhin bekam Odai einen cholerischen Anfall und befahl
seinen Leibwächtern "den Kerl aus der Karre zu holen und zu
erschießen".
Nachdem Odai Hussein einen nagelneuen Ferrari erstand, durfte per
Gesetz im Irak niemand mehr ein solches Auto importieren. Dieser
Herr wechselte viermal am Tag die Anzüge, flog öfter Inkognito nach
Genf zu seinem Onkel, der als Finanzminister Saddams die Aufgabe
hatte, von dort aus Millionen weltweit unterzubringen.
Raub, Sex und Gewalt
Stets war Odai Hussein auf der Jagd
nach Mädchen. Diese wurden oft am Straßenrand aufgegriffen und
nachdem sie von Odai Hussein missbraucht wurden, meist getötet.
Besonders dann, wenn der Herr unzufrieden mit seinen Opfern war. Hin
und wieder ließ Odai Hussein die Frauen von seinen Kampfhunden
zerfleischen, die er persönlich losließ und anfeuerte.
Bekannt war Odai Hussein für seine Orgien mit Champagner und nackten
Frauen in Luxushotels oder einem Präsidentenpalast. Diese Orgien
wurden nur kurz, während des ersten Golfkrieges 1991, unterbrochen,
da sich Odai in der Schweiz aufhielt und sich von Latif Yahia an der
Front doubeln ließ. Diese heldenhaften Frontauftritte wurden in der
Presse groß herausgestellt. Umgehend nach dem Golfkrieg setzte Odai
Hussein sein ausschweifendes Leben in Bagdad fort.
Die Not des Volkes, scherte dabei nicht im geringsten. Vorher wurde
der Überfall auf Kuwait genützt, um sämtliche Luxuswagen in den
Besitz von Odai Hussein zu bringen. Sein Vater schnappte sich die
kuwaitischen Goldbarren und Millionen an Devisen für seine
Privatkonten. Den einfachen Soldaten, wurden die übrigen Gegenstände
zwecks Plünderung überlassen. Der Irak war nach dem Krieg gegen den
Iran pleite und die Soldaten sollten so an das Regime gebunden
werden. Nach dem verlorenen Krieg, gegen die Alliierten 1991, kam es
zu einer äußerst brutalen Niederschlagung des Aufstandes, der Kurden
und der Schiiten im Land. Aber auch innerhalb der Regimespitze
wurden offene Rechnungen mittels Erschießungen und Folter beglichen.
Nach Latif Yahia machte es Odai Hussein besonderen Spaß an solchen
Aktionen teilzunehmen. Er erklärte: "Dies habe ich von meinem Vater
gelernt".
Ein lesenswertes Buch
Die Memoiren von Latif Yahia sind
absolut empfehlenswert. Das Buch gestattet einzigartige Einblicke in
das grausame Zusammenspiel von Terror und zügelloser Machtausübung,
auf dem Saddam Husseins Herrschaftsapparat beruhte. Die Geschichte
des Latif Yahia ist ein erschütternder persönlicher Bericht,
mitreißender Lesestoff und ein Zeitdokument von hoher aktueller
Brisanz.
Ältere Rezension:
Ich
war Saddams Sohn
hagalil.com
10-04-2003 |