Urnengang in Jordanien:
Irak - der israelische Wähler
Von Ulrich W. Sahm
Sami Samoucha hat
in der Zeitung Haaretz geschildert, wie er den Urnengang in
Jordanien miterlebte. Nachfolgend in Auszügen sein Bericht:
Nichts erstaunte
mich am Gesichtsausdruck der Wahlhelfer in der Mädchenschule im
Viertel Sawafie in Amman. Den Sicherheitsleuten und Wahlhelfern
überreichte ich meinen israelischen Pass und ein 54 Jahre altes
Reisepapier meines Großvaters mit dem "(Irak) Verlassen ohne
Rückkehr". Der Blick des schnurrbärtigen Wahlhelfers wechselte von
herablassend zu staunend. Mit versteinertem Gesicht verschwand er
mit dem kostbarsten Papier meiner Familie in einem Nebenraum und
befahl mir, bei den Wächtern zu warten. Nach fünf Minuten erschien
der Schnurrbärtige mit einem breiten Lächeln über dem ganzen Gesicht
und befahl den Wächtern auf Arabisch, mich eintreten zu lassen. Mir
sagte er auf Englisch: "Welcome, please follow me." Vier Frauen und
ein junger Mann erwarteten mich schon. Alle lächelten. Mit einer
Herzlichkeit, wie ich sie noch nie bei der Erledigung einer
bürokratischen Erledigung erlebte, boten sie mir einen Stuhl an. Ich
kannte nur ein einziges irakisches Wort, "Aschlonk", wie geht es
Dir.
Mein irakischer
Wahlausweis und der israelische Pass steckten zusammengeheftet in
meiner Hemdtasche. Ich wollte auch meine Stimme abgeben, nachdem
Irak erklärt hatte, dass jeder Iraker über 18, ungeachtet von
Religion, Geschlecht oder Nationalität wählen dürfe.
Ein Wahlhelfer mit
Schnurrbart und tiefernstem Gesicht wies mich an, einen Finger auf
einen Schwamm zu drücken, der auf einer dunklen Flüssigkeit schwamm.
"Die Tinte geht erst in einem Monat wieder ab", sagte der Täufer der
Mädchenschule von Sawafie. Zufrieden mit der Schwärzung meines
Fingers - um eine Doppelwahl zu verhindern - überreichte er mir
einen plakatgroßen Wahlzettel mit 111 Namen auf Arabisch. Damit
wurde ich hinter den Vorhang geschickt. Aber ich verstand doch nur
Englisch und Hebräisch. Ich winkte einen Wahlhelfer herbei.
"Flüstern Sie mir den Namen der Partei ins Ohr", sagte der Mann und
schrieb den Namen auf einen Zettel. "Wenn ich die Namen abgleiche,
bis ich die richtige Partei gefunden habe, werden Stunden vergehen
und die anderen Wähler würden ungeduldig", klagte ich dem
Wahlhelfer. Der zeigte mit dem Finger auf eine Stelle auf dem
Plakat, ich verglich das mit dem Namen auf dem Zettel und machte ein
kleines Kreuzchen. Viermal zusammengefaltet stecke ich das Plakat in
die durchsichtige Wahlurne. Einige Iraker im Raum grüßten mich
freundlich und erstmals lächelte jetzt auch der Täufer neben der
Tintenschüssel. Beglückt nehme ich ein Taxi nach Israel. Nur der
schwarze Finger wird mich noch lange daran erinnern, dass ich da an
einem demokratischen Fest beteiligt war.
hagalil.com
31-01-2005 |