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Die Arbeit der Uno im Irak:
"Die Uno ist hier nicht beliebt"

In der UN-Zentrale wird über eine neue Resolution debattiert, die die Rolle der "internationalen Gemeinschaft" im Irak definieren soll. Die bisherige Arbeit der Uno im Irak wird jedoch nur selten diskutiert. Wären die Vereinten Nationen eher in der Lage als die USA, die Sicherheit zu garantieren und das Land zu demokratisieren?

Dr. Sagwan Razwan (Name geändert) arbeitet seit fünf Jahren im Nordirak als Field Officer für eine Agentur der Uno. Er überlebte das Selbstmordattentat auf das UN-Quartier in Bagdad am 19. August. Mit ihm sprach Thomas von der Osten-Sacken im nordirakischen Arbil.

Als Sie wenige Stunden vor dem Anschlag das UN-Gebäude in Bagdad betraten, ist Ihnen da etwas Besonderes aufgefallen?

Als wir mit unserem Wagen von den Wachen am Eingang des Gebäudes angehalten wurden, stand dort ein irakischer Sicherheitsbeamter mit einem Zettel in der Hand und verglich offenbar Nummernschilder. Ein anderer Wächter fragte unseren Fahrer, ob wir auf unserem Weg zur Uno angehalten hätten. Der Fahrer verneinte. Ich kenne die Sicherheitsprozeduren der Uno und war erstaunt über diese Frage. Sie wird in der Regel nicht gestellt, sondern das Auto untersucht, vor allem der Unterboden mit einem Spiegel, um sicherzustellen, dass sich dort keine Sprengladungen befinden. Dem Wächter reichte aber die Aussage des Fahrers und wir konnten den Wachtposten ohne Sicherheitskontrolle passieren.

Es waren von der Uno ausgewählte Wächter?

Ja. Es waren Wächter der Uno, die vom irakischen Regime bestätigt worden sind.

Also Leute, die vor dem Sturz Saddam Husseins schon beschäftigt waren?

Meines Wissens ist kein irakischer Angestellter der Uno nach dem 9. April ausgetauscht worden. Dazu sollte man Folgendes wissen: Unter dem alten Regime konnte kein Iraki von der Uno angestellt werden, ohne dass der irakische Geheimdienst seine Zustimmung gegeben hat.

Alle Angestellten der Uno im Zentral- und Südirak wurden mit der Zustimmung des Saddam-Regimes eingestellt?

Ja, bei jedem musste die Regierung zustimmen. Man brauchte ein Papier des Außenministeriums. Und dieses Papier bekam man nur nach einem Gespräch mit dem Geheimdienst. Wer verdächtig war, bekam dieses Papier nicht. Und weil jeder von diesem Gespräch wusste, versuchten diejenigen, gegen die etwas vorlag, erst gar nicht, sich bei der Uno zu bewerben. Dieses Prozedere galt auch für die UN-Angestellten im kurdischen Nordirak. Wir mussten uns einem Gespräch in Mosul unterziehen, obwohl in Kurdistan die irakische Regierung nicht mehr das Sagen hatte. Allerdings war es für uns einfacher, es war üblich, die irakischen Vertreter zu bestechen. Ich beispielsweise hatte eine Heidenangst, nach Mosul zu gehen, weil ich früher in der Opposition tätig war. Aber im Irak herrschte so eine Korruption, dass sie sich, nachdem wir ihnen das Geld gegeben hatten, gar nicht mehr für unsere Geschichten interessierten.

War das im Zentralirak anders?

Ja. Selbst wir, die lokalen Angestellten aus dem Norden, haben keinem Iraki von der Uno im Rest des Landes vertraut. Wir haben immer vermieden, offen mit denen zu reden. Nicht alle arbeiteten absichtlich dem Regime zu. Aber sie hatten diesen Kontakt, ohne den sie nicht hätten arbeiten können. Die Uno zahlt gut, und für viele Irakis ist sie ein wichtiger Arbeitgeber gewesen. Aber sehr viele von ihnen waren direkte Informanten des Geheimdienstes, davon bin ich überzeugt. Was immer in der Uno vorging, wusste Saddam Hussein. Und auch jetzt haben einige von ihnen noch Kontakt zum untergetauchten Regime.

Ohne die Hilfe von UN-Mitarbeitern hätte man das Attentat in Bagdad nicht so präzise ausführen können. Es gibt eine Zusammenarbeit zwischen Islamisten und Ba'athisten im Irak. Die Islamisten stellen die Selbstmordattentäter – das ist keine Methode der Ba'ath –, die Saddamisten die Waffen, das Geld und das Know-how.

Viele Regierungen wollen die Rolle der Vereinten Nationen im Irak stärken. Würde das der irakischen Bevölkerung helfen?

Die Uno ist nicht geeignet, eine politische Rolle im Irak zu spielen. Ein Grund ist die Verstrickung der Angestellten mit dem alten Regime. Es gibt einen anderen, der ebenso wichtig ist. In Krisenzeiten zieht die Uno ihre internationalen Angestellten nach Jordanien und Kuwait ab. Das war während des Krieges so und ist jetzt nach den beiden Attentaten das gleiche. Wir, die lokalen irakischen Mitarbeiter, müssen natürlich hier bleiben, aber statt uns die Hilfsprogramme weiterführen zu lassen, werden sie suspendiert. Die Anhänger des ehemaligen Regimes wollten genau das erreichen, sie kennen die Arbeitsweise der Uno. Sie wollen, dass die Versorgung der Bevölkerung sich verschlechtert.

Was halten Sie von der Forderung, die US-Soldaten durch Blauhelmtruppen zu ersetzen?

Nichts. Blauhelme mögen einen guten Eindruck machen. Aber mit ihnen lassen sich weder Terroristen bekämpfen, das ist nicht ihre Aufgabe, noch können sie für Sicherheit sorgen. Es wird nach einer Alternative zu den US-Besatzern – ich nenne sie nicht so – gesucht. Wer aber fordert ein Ende der US-Besatzung? Das sind vor allem die Anhänger des alten Regimes und die Islamisten, die in einem kleinen Teil des Irak, in Falluja, Tikrit und Rammadi, ihre Hochburgen haben. Es sind dieselben Leute, die vermutlich für den Anschlag auf die Uno verantwortlich sind.

In der Vergangenheit hat die Uno weitere fatale Fehler gemacht. Die UN-Agenturen, Unicef zum Beispiel, fielen der Propaganda des Regimes zum Opfer, dass ausschließlich die Sanktionen am Leid der Kinder im Irak schuld seien. Aber schuld am Leiden dieser Kinder war vornehmlich die irakische Regierung. Die Kinder im kurdischen Nordirak starben nicht an Hunger, die Kinder in den sunnitischen Teilen des Irak auch nicht. Es waren die Kinder im Süden, den die Regierung gezielt ausgehungert hat. Es tut mir leid, aber Unicef diente damit dem Erhalt des Regimes.

Welche Rolle sollte die Uno im künftigen Irak spielen?

Die Uno muss sich dieser enormen Bürokratie, unter der sie leidet, entledigen. Gerade in kritischen Zeiten brauchen Leute Hilfe, dann aber werden die Programme eingestellt. Diese Entscheidung wird in New York getroffen, selbst unsere Vorgesetzten schätzten die Lage anders ein und wollten bleiben. Statt zu helfen, verbreitet die UN gerade den Eindruck, im Irak herrschten Unsicherheit und Anarchie. Und das stimmt nicht, es hält aber andere Organisationen ab, hier zu arbeiten. De facto hilft die Uno indirekt denjenigen, die den Aufbau eines neuen Irak mit Bomben und Selbstmordattentaten verhindern wollen.

In Europa heißt es, an der Sicherheitslage seien die Amerikaner schuld, wegen ihrer Fehler könnten die Hilfsagenturen nicht arbeiten.

Aber es ist die Uno, die den Schutz durch die Amerikaner abgelehnt hat und lieber auf ihre eigenen Sicherheitsleute vertraut. Solange die Uno nicht ihre Wächter austauscht, sollte sie es unterlassen, die Amerikaner für ihre Sicherheitspolitik zu kritisieren.

Kann die Uno die Demokratisierung vorantreiben?

Ich denke, die politische Verantwortung im Irak sollte langsam und behutsam auf die irakische Regierung übergehen und Wahlen sollten sobald wie möglich stattfinden. Ich glaube nicht, dass die Uno hier besonders beliebt ist oder die Kraft darstellt, die so etwas leisten könnte. Bislang kritisiert die Uno immer noch die USA dafür, Saddam Hussein gestürzt zu haben. Wenn es nach der Uno gegangen wäre, hätten die Irakis noch weitere zehn Jahre unter dieser Diktatur leben müssen.

Jungle World, 08.10.2003

hagalil.com 12-10-2003

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