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Untersuchung:
Öl für Schmiergeld

Ein Untersuchungsausschuss soll das Oil-for-Food-Programm der UN für den Irak durchleuchten, aus dem zehn Milliarden Dollar von Saddam Hussein hinterzogen wurden

Von Thomas von der Osten-Sacken, Arbil

Bislang war 2004 für die UN kein besonders gutes Jahr. Während die BBC noch eine Serie über das Versagen der Weltorganisation in Ruanda vor einem Jahrzehnt ausstrahlt, mehren sich die Verdachtsmomente, dass das von der UN betreute Programm "Öl für Nahrungsmittel" im Irak ein gigantischer Korruptionsskandal war, den die Schweizer Weltwoche bereits "Kofigate" nennt.

Denn statt die Bäuche notleidender Iraker scheint es an erster Stelle schwarze Konten Saddam Husseins gefüllt zu haben, während weitere Abermillionen von Dollar an Schmiergeldern gezahlt und dubiose Firmen mit der Abwicklung des Programms beauftragt wurden. Nachdem UN-Generalsekretär Kofi Annan monatelang alle Vorwürfe zurückgewiesen hatte und das Programm auch nach finaler Abwicklung am 20. November 2003 noch als eine der erfolgreichsten humanitären Missionen in der Geschichte der Weltorganisation pries, liegen inzwischen aus irakischen Ministerien Dokumente vor, die Annan nunmehr bewogen, der Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission zuzustimmen.

"Angesichts der mir vorliegenden Fakten hat die UN in ihrer Verantwortlichkeit gegenüber den Irakern und der internationalen Gemeinschaft vollkommen versagt", klagte kürzlich der vom irakischen Übergangsrat mit der Untersuchung des Falls beauftragte Jurist Claude Hankes-Drielsma. Das Programm habe sich nämlich "als einer der weltweit peinlichsten Korruptionsfälle entpuppt, als Beispiel von mangelnder Kontrolle, Verantwortlichkeit und Transparenz, das Saddam Hussein als Instrument diente, unter den Augen der UN seine Terrorherrschaft fortzuführen und seinen Unterdrückungsapparat auszubauen".

Sollte sich auch nur ein Teil der gegen die UN erhobenen Vorwürfe bewahrheiten, hätte die Weltorganisation jahrelang Saddam Hussein geholfen, sich und seine Getreuen exzessiv zu bereichern, indem sie untätig zusah, wie der irakische Diktator Unsummen aus dem von ihr überwachten Programm hinterzog und weltweit ihm genehme Personen, Parteien und Regierungen schmierte.

Saddam Hussein kassierte von den geschätzten 70 Milliarden Dollar, die "Oil for Food" in sechs Jahren seit 1997 einbrachte, und aus geduldetem Ölschmuggel über die Nachbarländer des Irak nach Schätzungen insgesamt zehn Milliarden Dollar, die auf schwarze Konten flossen, statt der Bevölkerung, die nach Angaben der UN zu 60 Prozent von dem Programm abhing, zu Gute zu kommen. So erklärt sich auch, warum im selbst verwalteten kurdischen Nordirak, wo immerhin eine minimale Kontrolle des Programms funktionierte, eine merkliche Besserung der Situation eintrat, während die irakische Propaganda weiter über Tausende von Kindern im Süd- und Zentralirak klagte, die angeblich wegen des UN-Sanktionsregimes verhungerten. Bei ihnen kam die Hilfe nie in ausreichendem Maße an, auch wenn das Programm selbst die Not im Irak hätte maßgeblich lindern können.

Denn die ursprüngliche Idee des Oil-for-Food-Programms bestand darin, den Irak kontrolliert Öl verkaufen zu lassen, mit dessen Erlös über ein UN-Treuhandkonto Nahrungsmittel und Medizin für die darbende irakische Bevölkerung importiert werden sollten. Auf diese Weise sollte der Bevölkerung geholfen und das Regime daran gehindert werden, Waffen und Dual-Use-Güter zu beschaffen. Eine möglichst große Transparenz der irakischen Ankäufe und des Finanzgebarens sollte ebenfalls gewährleistet werden. Aus diesem Grund erhielt die UN aus jedem verkauftem Barrel irakischen Öls 2,2 Prozent Verwaltungskosten und beschäftigte sowohl im Irak wie in Washington mehrere tausend Mitarbeiter zur Überwachung des Programms.

Die UN stellte es dem irakischen Diktator allerdings nicht nur frei, Firmen seiner Wahl mit dem Einkauf von Gütern zu beauftragen, sondern hielt die Namen dieser Firmen sowohl vor den Irakis wie auch der Presse geheim.

Am 15. April stellte das US-amerikanische Finanzministerium eine Liste von acht irakischen Firmen vor, die für das Regime "Waffen beschafften, Geld verschoben und im Auftrag irakischer Geheimdienste handelten". Unter diesen Firmen befindet sich al-Wasel & Babel General Trading. Angeblich mit dem Import von Lebensmitteln beauftragt, soll al-Wasel tief in Waffenschmuggel und Geldwäsche für das Regime verstrickt sein.

Sogar al-Qaida könnte, so Marc Perelman in der US-Zeitung Forward, vom Oil-for-Food-Programm profitiert haben. Der Journalist deckte im vergangenen Sommer verschiedene finanzielle Querverbindungen zwischen Saddam und dem Terrornetzwerk auf. Eine Vertragsfirma des UN-Programms, die in Liechtenstein ansässige Asat Trust, die ihre Geschäfte mit der Bank Al Taqwa auf den Bahamas abwickelte, wurde in einem nach dem 11. September 2001 veröffentlichten UN-Terrorreport als "mit al-Qaida eng verbunden" eingestuft. Al Taqwa wiederum befindet sich diesem Report zufolge im Besitz der Muslimbruderschaft, im Aufsichtsrat saß eine Zeit lang auch der Neonazi und Islamkonvertit Ahmed Huber.

Der Trick, den Saddam nutzte, um an die Milliarden zu kommen, bestand in erster Linie darin, Ölgutscheine weit unter Marktpreis für importierte Güter und andere Dienstleistungen auszugeben, die die Empfänger dann zum bis zu 30 Prozent höheren Weltmarktpreis einlösen konnten. Teile des Geldes behielt der Empfänger, andere wurden auf schwarze irakische Konten rücküberwiesen. Außerdem verlangten Saddams Vertragsfirmen überteuerte Phantasiepreise für die von ihnen gelieferten Waren, einen Teil des Surplus strich dann ebenfalls der irakische Staat ein. Geld, mit dem sich dieser Tage der so genannte irakische Widerstand finanziert, dürfte großteils, so die US-amerikanische Journalistin Claudia Rosett, aus diesen schwarzen Kassen des Regimes stammen.

Ölgutscheine wurden auch als Schmiergelder für Saddam wohlgesonnene Personen und Institutionen verwendet. Am 25. Januar veröffentlichte die irakische Zeitung al-Mada eine Liste, die in den Unterlagen des irakischen Ölministeriums gefunden worden war. Auf dieser Liste befanden sich rund 270 Personen und Institutionen (Jungle World, 7/04).

Pikanterweise findet sich auf der Liste auch der Name Bevon Sevan. Sevan war der von Kofi Annan eingesetzte Leiter von Oil for Food, und unter seiner Ägide schloss die UN mit dem Irak ein Abkommen, dass alle Verträge, die Saddam mit Firmen abschloss, geheim gehalten werden sollten. Außerdem erweiterte Sevan das Mandat des Programmes bis hin zu jenem "Oil for Food Plus", das 2002 in Kraft trat und es dem Irak ermöglichte, für Unsummen Mobiliar, Autos und Telekommunikation u.a. für den Bedarf des irakischen Informationsministeriums und Justizministeriums über UN-Treuhandkonten einzuführen. ABC News liegt ein Brief des ehemaligen irakischen Ölministers aus dem Jahr 1998 vor, in dem dieser Sevan fragt, über welche Firma er seinen Anteil von Ölgutscheinen in Höhe von 3,5 Millionen Barrel einlösen wolle.

Aber auch Kofi Annan steht nun unter Verdacht: Überwachte bis ins Jahr 1998 die britische Lloyd’s die Lieferungen an den Irak, so erhielt in diesem Jahr die Schweizer Firma Cotenca Inspections den Job. In dieser Firma arbeitete Annans Sohn Koyo von Ende 1995 bis Ende 1997, später fungierte er als Berater für sie.

Bislang liegen die Unterlagen der BNP Paribas, einer französichen Bank, über die das Programm abgewickelt wurde, nicht vor. Der vergangene Woche eingesetzte Untersuchungsausschuss wird wohl in den nächsten Monaten noch eine Fülle peinlicher Einzelheiten entdecken.

Jungle World 19 - 28. April 2004

hagalil.com 29-04-2004

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