MEMRI Special Dispatch – 02.
Oktober 2002
Intervention im Irak:
"Dass Schröder arabischer ist als wir, ist unlogisch"
In der arabisch-sprachigen Tageszeitung al-Quds al-Arabi erschien
kürzlich ein namentlich nicht gekennzeichneter Kommentar zu den
arabischen Reaktionen auf einen drohenden Angriff auf den Irak. Der
Autor kommentiert dabei die Bereitschaft der irakischen Regierung, die
UN-Waffeninspekteure erneut ins Land zu lassen und kritisiert die
fehlende Unterstützung in anderen arabischen Ländern. Der Artikel
erschien am 26. September 2002:
"Die irakische Diplomatie scheint mit der Konfrontation der amerikanischen
Mauer begonnen zu haben. Indem sie den intensiven arabischen und
internationalen Forderungen nachkam, die Rückkehr der internationalen
Inspekteure für Massenvernichtungswaffen in den Irak ohne Bedingung zu
akzeptieren, hat sie einen großen Sieg errungen.
Es wurde deutlich, dass die gegenwärtige amerikanische Regierung
zunächst den Kopf des Systems will, danach das System selbst und
schließlich alle kreativen Geister des Iraks. Aus allen Bereichen, aber
insbesondere im militärischen. Der amerikanische Außenminister Collin
Powell brachte dies gestern in aller Deutlichkeit zum Ausdruck, als er
in einem Gespräch mit dem britischen Rundfunksender BBC erklärte, der
beste Weg zur Beseitigung der irakischen Waffen sei die Veränderung des
Systems. Und Powell gehörte und gehört weiterhin zu den Gemäßigten in
der Regierung des Präsidenten Bushs. Die
irakischen Verantwortlichen begingen keinen Fehler, als sie die Rückkehr
der Inspekteure ohne Bedingungen akzeptierten. Mit dieser Entscheidung
schlugen sie mehrere Fliegen mit einer Klatsche. Mit der [Verdeutlichung
der] Priorität des Wechsels der Systeme und der Durchsetzung des
Präventivschlages [in den Erklärungen der US-Regierung in Folge der
irakischen Ankündigung] entlarvten sie die wirklichen Absichten der USA.
Zudem entblößten sie die Schwäche der offiziellen arabischen Regime,
einen arabischen Bruderstaat zu verteidigen, und die Untätigkeit dieser
Regime angesichts der kommenden Aggression gegen den Irak. Leider
erleben wir ein seltenes arabisches Phänomen, das sich in den nächsten
Wochen vielleicht noch weiter herauskristallisieren wird: das
vollständige Einswerden der arabischen Regime und Völker in ihrer
Unfähigkeit und Unwilligkeit, irgendetwas zu tun, und sei es nur, seinen
Unwillen über dieses bösartige amerikanische Vorgehen zum Ausdruck zu
bringen, das die Region, seine Völker und Herrscher zur gleichen Zeit
zum Ziel hat. Das offizielle arabische Regime
besitzt viele Karten, die es zur Verdeutlichung seines Ärgers und seiner
Befürchtungen spielen könnte. Es könnte beispielsweise eine Position
einnehmen, die der des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröders
ähnelt. Schröder sagte, er lehne jeden Schlag gegen den Irak ab, selbst
wenn er mit Deckung Amerikas [so!] geschehe. Sein Ergebnis wäre
katastrophal. Es wäre unlogisch, wäre Schröder
arabischer und stärker um die Region besorgt als die einheimischen
Menschen. Die arabische Öffentlichkeit ist angesichts der zunehmenden
westlichen Berichte, sie sei tot oder beinahe tot, aufgefordert, sich
und seinen Ruf zu verteidigen. Nie war sie mit einem Systemwechsel in
der Region erfolgreich, aber niemand verbietet friedliche
Demonstrationen, die sich an die Seite des Iraks stellen und die
Beteiligung am Angriff gegen den Irak ablehnen. Das Wenigste, was wir,
die wir den Schlägen und den Angriffen ausgesetzt sein werden, tun
können, ist, dass wir unseren Protest und Unwillen sowohl in der
Bevölkerung als auch auf offizieller Ebene herausschreien. Ist das schon
zu viel?"
THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH
INSTITUTE (MEMRI)
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