Der zweite Blix-Report:
Munition für und gegen den Krieg Aus
einem Artikel von Zvi Barel in haAretz
Die Berichte über die Irakfrage führen zur selben
Schlussfolgerung: Es gibt Beweise dafür, dass der Irak gegen die
UNO-Resolution 1441 verstoßen hat, aber nicht dafür, dass er
Massenvernichtungswaffen besitzt. Bei dem irakischen Verstoß gegen
die Resolution geht es vor allem um die mangelnde Zusammenarbeit mit
den UNO-Inspektoren und in geringerem Maße auch mit den Vertretern
der Atomenergiekommission.
Die Informationslücken sind nach wie vor vorhanden: Ca. 6.000
Granatbomben, Raketen oder chemische Bomben und Tausende Liter XY und Anthrax
sind noch nicht gefunden worden, und es wurde auch noch kein überzeugender
Beweis dafür geliefert, dass sie vernichtet wurden. Auch ein Teil der irakischen
Nuklearaufrüstungspläne aus der Zeit vor den neunziger Jahren wurde nicht
gefunden. Doch Blix sagt, das die Inspektoren auch in Zukunft bei ihrer Arbeit
von der Annahme ausgehen werden, dass Irak Massenvernichtungswaffen besitzt,
auch wenn sie bisher keine Indizien dafür entdeckt haben.
Beide Berichte können sowohl den Kriegsbefürwortern als auch
seinen Gegnern als Munition dienen. Bush bekam einen weiteren Beweis dafür
geliefert, dass Irak sich nicht vollständig an die UNO-Beschlüsse hält. Doch
Blix selber schien Zweifel daran zu haben, wie die irakische Zusammenarbeit mit
den Inspektoren einzuordnen ist und was als Kriterium für einen Verstoß gegen
die Beschlüsse gelten kann, denn er hielt es für nötig, in der vorigen Woche
eine weitere ‘Interimsvereinbarung’ mit Irak über das Wesen dieser
Zusammenarbeit zu treffen. Wenn der Kriegsgrund dagegen die Weigerung Saddams
sein soll, sich seiner Massenvernichtungswaffen zu entledigen oder deren
Existenz auf irakischem Territorium zuzugeben, wird es Bush schwerfallen, in den
Berichten den ‘rauchenden Revolver’ zu finden, den er suchte.
Die Entscheidung wird jetzt auf die politische Ebene verlegt, auf
der dem amerikanisch-britischen Bündnis eine
arabisch-europäisch-russisch-chinesische Koalition gegenüber steht. Man nimmt
an, dass die USA den Inspektoren eine weitere Frist von vier bis sechs Wochen
zugestehen werden. In diesem Zeitraum können die amerikanischen und britischen
Streitkräfte ihren Aufmarsch vervollständigen, und er kann andererseits als
Zeichen des guten Willens gewertet werden, um die Kriegsgegner aus Europa zu
beschwichtigen. Noch wichtiger erscheint, dass diese Frist den arabischen
Staaten, Türkei und Iran ermöglicht, Saddam Hussein nochmals zu bearbeiten,
damit er mit den Inspektoren kooperiert .... ‘Es ist wichtig, dass die
arabischen Staaten und vor allem die Türkei zu der Überzeugung gelangen, dass
die amerikanische Regierung ihnen in der Irakfrage entgegenkommt,’ sagte ein
hoher türkischer Regierungsbeamter als Reaktion auf die Veröffentlichung der
Berichte zu haAretz. ‘Wenn der Krieg ausbricht, wird es ein regionaler Krieg
sein, und daher ist die arabische Kooperation notwendig.’ Der Beginn einer
solchen Initiative ist schon darin zu sehen, dass der saudiarabische
Außenminister diese Woche mit Chirac zusammentrifft. Ägyptische Quellen erwähnen
auch die Möglichkeit, dass Mubarak um ein baldiges Treffen mit Bush nachsuchen
wird.
hagalil.com
29-01-03 |