Zweifel
auch in Israel:
Was kommt nach einem Krieg?
In den
vergangenen Wochen hatten sich die israelischen Medien ganz auf die
irakische Bedrohung konzentriert. Der "Krieg", das war die
näherrückende amerikanische Offensive, von der sich so mancher auch
eine Veränderung der Verhältnisse mit den Palästinensern erwartet.
Der Anschlag in Haifa hat den hauseigenen Krieg auf brutale Weise
wieder ins Bewusstsein gebracht.
Diejenigen,
die glauben, der bevorstehende Krieg im Irak würde eine Einstellung
der Intifada bewirken, geben sich dabei einer Illusion hin.
Präsident Bush
hat bereits angedeutet, was auf Israel zukommen wird. Man erwartet
sich Kooperation bei der Gründung eines Palästinenserstaates. Ob das
die kriegsbegeisterten auch gehört haben? Tatsache wird sein, dass
sich die USA mit anderen Dingen auseinandersetzen werden, Israel
wird sich der amerikanischen Aufmerksamkeit nicht mehr gewiß sein
können. Der Anschlag in Haifa hat zudem gezeigt, dass die
Operationen der Armee kein Ende des Terrors garantieren können. Der
Terror wird erst aufhören, wenn die Palästinenser das wollen, und
nicht nach einer weiteren Operation der Zahal, nicht nach einem
Krieg gegen den Irak.
Von der
Notwendigkeit des Krieges gegen den Irak ist man in Israel trotzdem
nach wie vor überzeugt. David Navon schreibt in Jedioth Achronoth.
der "Bonton
- Vorbehalte gegenüber einem Krieg im Irak- breitet sich wie die
Grippe aus." Im Falle des Iraks gebe es keinen Cassus Belli, den
beispielsweise Deutschland sucht, wenn es fragt: Warum Irak? Warum
jetzt? Warum sofort? Der 11. September 2001 habe gezeigt, dass die
Annahme "Sie werden es nicht wagen" nicht immer zutrifft. Der
Versuch, einen Diktator wie Sadam Hussein zu entwaffnen, sei
gerechtfertigt, je eher desto besser. Navon vergleicht den deutschen
Außenminister von 1999 mit heute: "Lassen wir uns einen Moment
annehmen, es hätte keine Information über ethnische Säuberungen
existiert, sondern es wäre bekannt gewesen, dass Milosevic in der
Vergangenheit chemische und biologische Waffen entwickelt und sie
auch eingesetzt hat, dass er Millionen seiner Bürger aus ihren
Häusern vertrieben und gedroht hat, die Hälfte Kroatiens zu
verbrennen, dass er über Raketen verfügt, die bis nach Deutschland
gelangen können, versucht, nukleare Waffen zu entwickeln, die
"Befreiungsbewegung" in einem benachbarten Staat unterstützt und
wahrscheinlich auch mit dem internationalen Terror in Verbindung
gebracht werden kann. Dass er in der Vergangenheit bewiesen hat,
dass seine strategischen Interessen nicht auf sein eigenes Land
beschränkt sind, und dass er die UN-Inspekteure an der Nase
herumführt. Hätte Joschka Fischer einen Krieg gegen Milosevic
abgelehnt? Warum nehmen er und seinesgleichen dann Saddam Hussein in
Schutz? Wie auch immer die Erklärung lautet, in der letzten Zeit
haben wir über sie wieder einmal einiges gelernt."
Doch auch in
Israel gibt es mehr und mehr Stimmen, die an den Absichten und den
Folgen des Krieges zweifeln. Ebenfalls in Jedioth Achronoth schreibt
B. Michael: "Je näher der ersehnte Ausbruch des Krieges rückt, desto
klarer wird, dass die offiziellen Motive absoluter Blödsinn sind.
Nicht die Massenvernichtungswaffen, nicht die Beziehungen zur
Quaida, nicht die Bedrohung der USA, auch nicht die Bedrohung der
Nachbarländer. (...) Auch das plötzliche und heilige Streben nach
Demokratisierung klingt wie ein Witz. Das Quartett
Bush-Rumsfeld-Cheney-Rice beweist Tag für Tag und Stunde für Stunde,
dass ein demokratisches Regime für nichts garantieren kann. Auch
eine Demokratie kann sich wie ein Halbstarker aufführen und auf
internationale Beschlüsse, die Meinung der Wähler und die Haltung
der Welt pfeifen. Bush ist der beste Beweis dafür, dass sich ein
Demokrat mit einem großen Gewehr durch nichts von einem Diktator mit
einem großen Gewehr unterscheidet. (...) Wer das wahre Motiv für den
Krieg sucht, dem sei hier eine weitere Option angeboten, die derzeit
im Internet kursiert. Um die Theorie kurz zu fassen: das gesetzliche
Zahlungsmittel des Ölhandels ist der Dollar. Der Preis eines
Ölfasses wird nur in Dollar festgelegt. Und dieser Tatsache ist es
zu verdanken, dass fast alle Länder der Welt ihre Devisenreserven in
Dollar anlegen. Diese Dominanz des Dollars ist heute fast die
einzige Grundlage für die Stärke der amerikanischen Währung. (...)
Und in einem Satz: Es geht nicht ums Öl, ihr lieben Dummköpfe, es
geht nur um die Ölwährung. Nicht die Guten gegen die Bösen, nur der
Dollar gegen den Euro."
Yoel Marcus
weißt in Haaretz auf die unabsehbaren Folgen eines Irakkrieges hin,
die wesentlichen Einfluss auf Israel haben könnten. Den die wahre
Gefahr liege nicht etwa in den Raketen Saddam Husseins: "Die
französische Wochenzeitung
Le Nouvel Observateur schreibt, dass der Golfkrieg
bin Laden hervorgebracht habe. Dieser Krieg könnte einen Djihad
gegen Christen und Juden hervorbringen." Für Israel sei die Zeit
gekommen, sich einzuigeln, weniger zu plappern und scharf darüber
nachzudenken, wie ein Abkommen mit den Palästinensern erreicht
werden könnte, um sich mit einem neuen Nahen Osten abzufinden, der
nicht notwenidigerweise der Vision von Shimon Peres gleichen wird.
"1991 haben wir gelernt, dass Zurückhaltung Macht ist. Die Lektion
dieses Krieges ist, dass Schweigen Gold ist."
aue /
hagalil.com
07-08-2003 |