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Die Haltung von Iraks Nachbarstaaten:
Zur Schlaf der Vernunft

Die Türkei und Saudi-Arabien wollen Saddam Hussein loswerden, aber die Herrschaft der Baath-Partei erhalten. Eine solche Lösung wäre für die USA eine Niederlage

Von Thomas von der Osten-Sacken

Deutschland entwickelt sich in rasantem Tempo zur Zentrale der weltweiten Friedensbewegung, die erst kürzlich wieder Zulauf von prominenten Unterstützern wie dem Papst erhielt. Schon liebäugeln der Bundeskanzler und sein Verteidigungsminister offen mit einem klaren "Nein", sollte es zu einer weiteren Abstimmung im UN-Sicherheitsrat kommen, während sich die Grünen nach Angaben der FAZ an die "Spitze der Bewegung" zu stellen gedenken.

Flankierend entdecken derweil Zeitungskommentatoren wie Michael Neumann in der Zeit und Rolf Paasch in der Frankfurter Rundschau die Vorzüge von "Containment" und "Appeasement". Mit dem irakischen Präsidenten könne man, etwas guten Willen vorausgesetzt, durchaus sprechen, schließlich, so Paasch, habe er Vernunft, wenn auch eine zynische bewiesen, als er zwar die eigene kurdische Bevölkerung mit Gas angriff, nicht aber das "wehrhafte Israel".

Anders aber als die Deutschen, die bislang über einen regime change in Bagdad nicht einmal reden wollen, vertrauen die Nachbarstaaten des Irak, allen voran Saudi-Arabien und die Türkei, längst nicht mehr auf die "Vernunft" des irakischen Präsidenten und suchen fieberhaft nach einer Möglichkeit, ihn ohne eine amerikanische Intervention aus seinem Amt zu entfernen. Seit Wochen herrscht eine hektische Pendeldiplomatie zwischen Ankara, Riad und Kairo. Sowohl der neue türkische Ministerpräsident Abdullah Gül als auch die saudische Regierung streuen Gerüchte, sie versuchten Saddam Hussein zum Rücktritt zu bewegen oder bereiteten gar einen Putsch des Militärs vor.

Die Regierungen beider Länder, die noch immer eng mit den USA alliiert sind, fürchten vor allem die für sie negativen Auswirkungen der von den USA angestrebten Nachkriegsordnung im Irak. Voller Sorge verfolgen die kemalistischen Eliten der Türkei, welche Rolle die irakischen Kurden inzwischen bei der Planung dieser Ordnung spielen; offenbar betrachten die USA die Parteien Puk und KDP nicht mehr nur als "Separatisten", mit denen die Zentralregierung in Bagdad destabilisiert werden kann, sondern als wichtigen Stabilitätsfaktor. Ein föderaler, nicht arabischer Irak aber wäre ein Vorbild auch für die inzwischen in Kadek umbenannte türkisch-kurdische Partei PKK, die nun versucht, mit den USA ins Gespräch zu kommen.

Zum Missfallen Washingtons hat sich die türkische Regierung nicht nur deutlich gegen einen Krieg ausgesprochen, selbst die militärische Zusammenarbeit will sie auf ein Minimum begrenzen. Bei einem Putsch, so hofft man in Ankara, könnten, anders als im Falle eines Regimewechsels im Sinne der irakischen Opposition, die bestehenden Herrschaftsstrukturen im Irak weitgehend erhalten bleiben und es könnte auch der wachsende Einfluss der Kurden wieder zurückgedrängt werden.

Ähnliche Überlegungen bestimmen auch die Politik Saudi-Arabiens. Sollte sich der Irak in ein amerikanisches Einflussgebiet verwandeln, böte sich den USA die Chance, ihre Bindungen an das Königshaus der Sauds zu lockern. Spätestens seit dem 11. September 2001 steht die saudisch-amerikanische Allianz in Frage, stammen doch die meisten Gelder für den weltweiten Jihad ebenso wie 15 der 19 Attentäter aus der Ölmonarchie. Auch die in Saudi-Arabien lebenden und unter den Repressalien des sunnitisch-fundamentalistischen Königshauses leidenden Schiiten verfolgen mit Interesse, welche Rolle schiitische Parteien innerhalb der irakischen Opposition spielen.

Der Vormarsch des Jihadismus im Nahen Osten unter der Patronage Saudi-Arabiens stellt zugleich den wohl wichtigsten Grund dar, warum die USA einem Putsch im Irak skeptisch, wenn nicht ablehnend gegenüberstehen. Zwar mögen einige Repräsentanten des Militärs, der CIA und auch des Außenministeriums diese Lösung strategisch favorisieren, politisch wäre sie eine Niederlage der Regierung Bush und vor allem jener "Falken", die eine völlige Neuordnung des Nahen Ostens anstreben.

Um glaubwürdig zu bleiben, muss Bush deshalb, nachdem er den zuvor nur schwelenden Konflikt mit dem Irak derart hat eskalieren lassen, nun auch Saddam Hussein mittels amerikanischer Truppen stürzen, das meint zumindest der Informationsdienst Stratfor Institute.

Nur so hätten die USA die Möglichkeit, nicht nur dem Panarabismus, sondern auch der islamistischen Bewegung eine nachhaltige Niederlage zu versetzen. Schließlich verkündet al-Qaida seit Jahren, die USA seien schwach, ein Papiertiger, der so einfach zu besiegen sei wie die Sowjetunion in Afghanistan. Ein mit den USA alliierter Irak wäre zudem die ideale Operationsbasis für Einsätze gegen das Netzwerk al-Qaida. Ein Putsch in Bagdad würde diese Planungen zunichte machen und die USA zwingen, ihre Allianz mit den Saudis weiter aufrechtzuerhalten.

Auch die irakische Opposition lehnt einen Putsch ab, der die alten baathistsichen Eliten an der Macht ließe. Ein Vertreter der Irakischen Kommunistischen Partei in Syrien kündigte für diesen Fall landesweite Volksaufstände gegen eine derartige "neue" Regierung an. Mit Aufständen rechnet auch Saddam Hussein, der offenbar den Norden und Süden des Landes schon abgeschrieben hat, einen Gang ins Exil, der einen Krieg verhindern würde, aber weiterhin abzulehnen scheint. In einer Rede zum Jahrestag des Beginns des zweiten Golfkrieges schwor er vielmehr die Bevölkerung Bagdads auf einen blutigen Kampf gegen die USA ein, die er als "neue Mongolen" bezeichnete.

Militärisch scheint sich die irakische Führung darauf zu konzentrieren, die Hauptstadt und Saddams Geburtsort Tikrit im so genannten sunnitischen Dreieck zu verteidigen. Nach Aussagen Jassem Abdullahs, eines kürzlich nach Jordanien geflohenen Leibwächters des Präsidenten, hat Saddam Hussein seine verbliebenen Massenvernichtungswaffen an diesen Orten unterirdisch eingelagert.

Angeblich wissen auch die USA über die Verstecke Bescheid, weigern sich aber bislang, ihre Informationen weiterzugeben, einerseits um ihre irakischen Informanten zu schützen, andererseits weil sie den Franzosen und den Russen misstrauen. Da inzwischen die Mehrheit der US-Amerikaner aber einem Krieg nur dann zustimmt, wenn es den UN-Inspekteuren gelingt, die Existenz von Massenvernichtungswaffen wirklich nachzuweisen, sieht sich die Regierung genötigt, ihre angeblich sicheren Informationen nun auch weiterzuleiten.

Derweil bereiten sich nicht nur Israel, sondern auch die irakisch-kurdische Regionalregierung auf den Krieg vor. Neben dem Bau von Notauffanglagern für Flüchtlinge aus dem Zentralirak versucht sie mit Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen Vorsorge für den Fall eines Angriffes irakischer Truppen zu treffen. Denn im kurdischen Nordirak ist man sich sicher, dass Saddam Hussein über Giftgas verfügt und auch bereit ist, es erneut gegen die Kurden einzusetzen.

Diese Schutzmaßnahmen der Kurden werden von Deutschland nicht unterstützt. Das Auswärtige Amt bezeichnet den Nordirak weiter als "sichere Fluchtalternative" für abgelehnte irakische Asylbewerber. Der deutsche NGO-Dachverband Venro, dem die meisten großen Hilfsorganisationen angehören, stellte sich nach einem Treffen mit Heidemarie Wieczorek-Zeul, der Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, dennoch hinter die Bundesregierung, von Giftgas war nicht die Rede.

hagalil.com 23-01-2003

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