Ein seltsamer Krieg:
Der Reifetest
Eine Entfernung Saddams wird das wahre Problem nicht lösen, meint
Ben Caspit in M'ariw
Was für ein seltsamer Krieg. Niemals wurde so viel Energie,
Arbeit und Geld in ein derart vernebeltes Ziel investiert. Wonach
suchen die Amerikaner eigentlich in Irak? Wen jagen sie? Letzten
Endes findet hier ein Duell zwischen zwei Adelsfamilien statt. Die
Bushens (Vater und Sohn) gegen die Husseins (Vater und Söhne).
Saddam hat sein Schicksal redlich verdient, die Frage lautet nur,
was wird das Schicksal aller anderen sein?
Der Krieg in Irak wird viele Schicksale besiegeln. Saddam Hussein
wird heute Morgen schon kaum noch eine Versicherungsgesellschaft
finden können, die ihm eine Lebensversicherung abschließt. Aber er
ist nicht allein in dieser Geschichte. Die Ergebnisse dieses Krieges
und sein Verlauf werden viele beeinflussen: auf George Bush wartet
in zehn Monaten der Wahlkampf. Das politische Schicksal Tony Blairs
liegt auf der Waagschale. Jasser Arafat betet um einen Erfolg
Saddams, um sein persönliches Verschwinden hinauszuzögern.
Der Erfolg des Kriegs wird die Weltwirtschaft beeinflussen, die
Märkte, die Stimmung. Ein Scheitern würde die Welt in eine
gefährliche Strömung stürzen. Die Ölpreise würden in die Höhe
schnellen, Wirtschaftsmärkte würden zusammenbrechen. Die USA würden
ihre Position als einzige Großmacht an die europäisch-russische
Koalition verlieren. Jacques Chirac würde sagen "ich hab’s euch ja
gleich gesagt".
Auch bei uns werden die Entwicklungen mit Spannung erwartet.
Einerseits halten wir den Amerikanern die Daumen. Andererseits
wissen wir, dass eine Entfernung Saddams das wahre Problem nicht
lösen wird: Iran rüstet sich nuklear auf, ebenso Nordkorea. In
Washington wählt man das leichte Ziel in der Hoffnung, dass dadurch
ein Dominoeffekt ausgelöst wird.
In den nächsten Tagen wird die israelische Führung eine Reifeprüfung
ablegen müssen. Bei der letzten Runde, 1991, war Sharon
Wohnungsbauminister, Schaul Mofas war Offizier, Silvan Schalom der
Aufsichtsratsvorsitzende des Elektrizitätswerks und Benjamin
Netanjahu stellvertretender Außenminister.
Dieses Quartett tritt nun die Nachfolge von Schamir-Arens-Levy an,
die damals - mit Vorbehalten Arens - beschlossen hatten, sich
zurückzuhalten und den Amerikanern ihre Arbeit machen zu lassen.
Heute sind die Umstände anders. Israel wird schnelle und mutige
Entscheidungen treffen müssen. Hier werden die israelische
Abschreckungskraft und die Führung Israels auf die Probe gestellt.
hagalil.com
23-03-03 |