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"Friedensaktivisten":
Wie die Linke mein Land verriet – den Irak

Von Nasir F. Hassan
FrontPageMagazine.com,03.01.2005

Vor dem letzten Krieg waren wir Iraker jahrzehntelang von der Außenwelt abgeschnitten. Nicht nur war uns das Reisen untersagt in der Zeit des Iran-Irak-Konflikts [achtziger Jahre] und während der Sanktionen [neunziger Jahre], das Baath-Regime bestrafte auch jeden, der Satelliten-Fernsehen hatte. Jeder Internet-Zugang war natürlich streng begrenzt. Wegen unserer Abschottung hatten die meisten von uns kaum eine Vorstellung oder Kenntnis vom Leben jenseits der Grenzen.

Wir glaubten jedoch, dass Demokratie und Menschenrechte wichtige Aspekte der westlichen Lebensweise seien. So war es ein Schock für uns, als Millionen von Menschen in der ganzen Welt gegen den amerikanischen Kräfteaufbau vor der Invasion demonstrierten. Wir glaubten, dass die Proteste von Leuten kamen, die nichts von den entsetzlichen Gräueln wussten, mit denen das Regime Jahrzehnte über uns geherrscht hatte. Wir nahmen an, dass sie ihre Sichtweise ändern und ihre Gegnerschaft zum Krieg relativieren würden, wenn sie erfahren, was dem Irak angetan worden war.

Eine erste Ahnung, dass dies nicht passieren würde, bekam ich einige Wochen nach dem Fall Bagdads. Ich hatte mit einem französischen Reporter Bekanntschaft geschlossen, dem langsam klar wurde, dass die Situation im Irak nicht so war wie die internationalen Medien und das sogenannte "Friedenslager" es darstellten. Ich bekam mit, wie immer dann, wenn er Zweifel gegenüber Kollegen vorbrachte, sie ihm entgegenhielten, dass er die Dinge falsch sähe. Bald danach traf ich eine Niederländerin in der Mutinabistraße, wo Buchhändler ihre Ware am Freitagmorgen auslegen. Ich fragte sie, wie lang sie schon im Irak sei. "Drei Monate", antwortete sie – mit Hilfe eines Dolmetschers.

"Dann waren Sie während des Kriegs hier?"

"Ja!", sagte sie. "Um die Verbrechen der Amerikaner zu sehen!"

Ich war wie benommen. Nach einem kurzen Augenblick antwortete ich: "Was ist mit den Verbrechen des Regimes? Es hat Millionen Iraker umgebracht. Ist Ihnen klar, dass eine Unterhaltung wie diese, wenn das Regime noch an der Macht wäre, mit Folter und Tod verfolgt worden wäre?"

Ihr Gesicht lief rot an, ärgerlich gab sie zurück: "Bald wird es soweit sein, dass die Amerikaner noch schlimmer sind." Anschließend schuldigte sie mich an, dass ich die wirklichen Fakten im Irak nicht sehen würde – und dass sie die Situation besser erkennen würde als ich!

Sie war nicht die einzige "Menschenrechtlerin", die solche empörenden Ansichten vertrat. An einem Nachmittag sprach ich mit Leuten aus der amerikanischen Anti-Kriegsgruppe "Voices in the Wilderness". Ein Gruppenmitglied erklärte, dass der irakische Regierungsrat, der zu diesem Zeitpunkt im Amt war, aus "Verrätern" bestehe. Ich war geschockt. Die meisten Ratsmitglieder waren Leute, von denen wir Iraker wissen, dass sie Leiden und Opfer im Widerstand gegen das Regime auf sich genommen haben. Einige vertraten Oppositionsparteien, die zehntausende Mitglieder in ihrem Kampf verloren haben. Andere kamen von Familien, die bis zu 30 Angehörige durch die Baathisten verloren haben.

Nach diesen – und vielen weiteren – Erfahrungen verstanden wir schließlich, wie wenig wir mit diesen "Friedensaktivisten" gemeinsam hatten, die ständig amerikanische Verbrechen anprangerten und es hassten, uns zuzuhören, wenn wir von dem langen schrecklichen Alptraum sprechen wollten, der erst durch den Zusammenbruch des Regimes endete. Wir begriffen allmählich, dass diese "Menschenrechtler" eine Art Wohlgefühl empfanden, wenn Terroristen oder Überbleibsel des früheren Regimes ihr Zerstörungswerk im Irak verrichteten – so konnten sie sich einbilden, sie hätten Recht gehabt und die Amerikaner Unrecht!

Schlimmer noch, wir bemerkten, dass es hoffnungslos war, sie zu bewegen, unsere Gefühle zu verstehen. Wir glaubten – und glauben immer noch – dass die Beendigung des Regimes durch die Amerikaner eine neue Startchance für die Demokratie eröffnete. Wir machen uns aber auch keine Illusionen, dass die U.S.A. auf einem weißen Ross kamen, um unser Volk zu retten. Wir begreifen, dass es in diesem Krieg vor allem um nationale Interessen geht, und dass Amerikas Interessen besonders in der Terrorismus-Bekämpfung liegen. An diesem Punkt leisten die US-Interessen allerdings mehr für den Weg des Irak zu Freiheit und Demokratie als, sagen wir, die Politik Frankreichs oder Russlands – Länder, denen es ebenfalls wenig um das irakische Volk geht, und die obendrein auch noch ihr Bestes taten, um Saddam bis zum Schluss vor einer Entmachtung zu schützen.

Es ist auch auffällig, dass die allgemeine Haltung von Friedensaktivisten, die ich getroffen habe, Spannung und Verärgerung ausdrückt. Man konnte mit ihnen nicht argumentieren. Dies mag auf der einen Seite daran gelegen haben, dass sie manchmal durch ihre Opposition zum Krieg erhebliche Risiken auf sich genommen haben, was sie dann unfähig machte einzusehen, dass ihr Anliegen nicht so nobel war wie sie dachten; außerdem führte ihre dogmatische anti-amerikanische Haltung sie zu genau den Personen, Fremdenführern, Übersetzern, Chauffeuren, Bekanntschaften, die selbst Anhänger des Systems waren. Diese Iraker wiederum verstärkten die Sichtweisen der Friedensaktivisten, mit dem Effekt, dass sie fast dieselben Ansichten wie die Terroristen und Verteidiger Saddams teilten.

Dies war sehr enttäuschend für jemanden wie mich, der jahrzehntelang im Glauben war, dass die Linke – allgemein gesprochen – die progressive Kraft in der Welt ist. Sie können sich vorstellen, wie entgeistert ich war, als mir mein französischer Reporter-Freund erzählte, dass in der Kommunistischen Partei seines Landes die irakischen "Aufständischen" tatsächlich als ein Pendant zu den Gaullisten gesehen werden! Oder wie quälend es ist mitzubekommen, wie Jaques Chirac Zufriedenheit zeigt im Blick auf die Gewalt der Terroristen – diese Blut besudelten Monster, die wir Iraker so gut kennen –, weil das die ursprüngliche französische Opposition zum Krieg rechtfertigt.

Und so bin ich desillusioniert worden, jedenfalls von den Linken, die ich im Irak getroffen habe. Eine so hochtönende Rhetorik, mit dem Blick zu den Sternen, aber ohne (darauf) zu achten, was unmittelbar um sie herum geschieht! Wichtig nehmen sie nur, was in ihren Vorstellungen ist. So vollmundig in ihren Idealen, waren sie andererseits unbeweglich in ihren Gedanken und ihr Einsatz war unnötig, ja sogar schädlich. Im Ergebnis haben sie mir gezeigt, wie Dogmatismus und Fanatismus Friedensaktivisten in leblose Friedens-"Statuen" transformieren.

Übersetzung des Texts durch Fritz W. Peter.

Um eine situationsgerechte Darstellung zu geben, bei der die Erfahrungen der Menschen im Irak zur Geltung kommen und aufgearbeitet werden können, wird man eigene – oft sehr selbstbezogen eurozentrische – Vorannahmen überwinden müssen. Hilfreich zum Verständnis der Ausweglosigkeit der irakischen Situation unter dem gestürzten Regime sind u.a. folgende Texte: "Die Irak-Erfahrung – Lehrstunde für Völkerrechtler", Teil 1, Kapitel 2, 3, 4 (http://www.wadinet.de/news/dokus/Voelkerrechtsfrage_Irak_Teil-1.pdf) und Teil 2, Kapitel 2 (http://www.wadinet.de/news/dokus/Voelkerrechtsfrage_Irak_Teil-2.pdf).

hagalil.com 26-01-2005

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