Aufträge aus der zweiten Reihe:
Deutsche Firmen kommen immer besser ins
Irak-Geschäft
Von Markus Bickel, Beirut
Trotz der strikten Vergabekriterien der USA für
Wiederaufbau-Aufträge ist die Rückkehr der deutschen Firmen in Irak
längst im Gang. Auf lange Sicht wird ein Handelsvolumen von jährlich
10 Milliarden Euro erwartet.
Für Klaus Friedrich vom Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau
(VDMA) ging es zunächst einfach nur darum, »Flagge zu zeigen«.
Gemeinsam mit der Köln Messe International hatte der
VDMA-Außenwirtschaftsvertreter in der vorletzten Januarwoche den
Auftritt von 55 deutschen Unternehmen auf der kuweitischen
Wiederaufbaumesse »Rebuild Iraq 2004« organisiert. Das war der
bislang ehrgeizigste Versuch, ausländischen Unternehmen den Zugang
zum 25 Millionen Kunden starken Markt im Nachkriegs-Irak zu
eröffnen.
Doch aus Sicht der deutschen Veranstalter war die Messe ein Flop.
Nur eines der 35 vom VDMA befragten Unternehmen gab an, einen
Vertrag geschlossen oder einen Auftrag erteilt bekommen zu haben -
obwohl auf dem Messegelände an der Peripherie der kuweitischen
Hauptstadt mehr als 1500 Anbieter aus über 50 Ländern vertreten
waren. Aus Deutschland zeigten neben vielen mittelständischen
Unternehmen - vor allem aus der Baubranche - Industriekonzerne wie
ABB, Deutz, Mercedes, Siemens und ThyssenKrupp Präsenz. Trotz der
rigiden Vergabepolitik der vom US-Amerikaner Paul Bremer geführten
Koalitionsübergangsverwaltung (CPA) in Bagdad stehen deutsche Firmen
längst in den Startlöchern, um sich lukrative Zweitverträge zu
sichern.
Nach vorsichtigen Schätzungen wird der Wiederaufbau Iraks mindestens
60 Milliarden US-Dollar kosten. Die Messeveranstalter in Kuweit
gehen gar von 150 Milliarden aus, die in den nächsten zehn Jahren
benötigt werden, um das Land wieder in Gang zu bringen. Daran, dass
auch deutsche Firmen vom Wiederaufbau profitieren werden, lässt
selbst die Protektoratsverwaltung keine Zweifel mehr. So berichtete
der »Spiegel« kürzlich, dass die Besatzungsbehörde sich bereits
direkt an deutsche Firmen gewandt habe - unter anderem an Mercedes,
um Geländewagen zu bestellen, sowie an die Bremer Fahrzeugfirma
Trasco, die einen Teil des US-Fuhrparks panzern soll. Der
Elektroriese Siemens hatte wenige Tage vor Beginn der
»Rebuild«-Messe bekannt gegeben, schon im Oktober vergangenen Jahres
einen Auftrag für den Aufbau eines von drei geplanten
Mobilfunk-Netzen in Irak erhalten zu haben. Das Münchner
Großunternehmen ist außerdem im Gespräch mit dem US-Baukonzern
Bechtel, der neben dem Öldienstleister Halliburton mehr als die
Hälfte der von der Bush-Administration vergebenen 18,6 Milliarden
US-Dollar schweren Wiederaufbau-Aufträge einheimsen konnte. Hier
könnte Siemens als Zulieferer beim Bau von zwei Kraftwerken tätig
werden. Der Plan, das von der US-Regierung ursprünglich ausgegebene
Vergabeembargo gegen Firmen der Anti-Kriegsstaaten »aus der zweiten
Reihe heraus« zu umgehen, wie es in deutschen Veranstalterkreisen
hieß, scheint also aufzugehen.
Zumindest mittelfristig. Denn bis sich die Sicherheitslage in Irak
weiter stabilisiert hat, empfiehlt etwa der Bundesverband der
Deutschen
Industrie (BDI) seinen Mitgliedern, statt als eigenständiges
Unternehmen zunächst als Subkontraktor von großen US-Firmen tätig zu
werden. Das sollte man vorerst auch nicht in Irak selbst tun,
sondern von den Nachbarländern Jordanien, Syrien oder Kuweit aus.
Das scheint eine
Erfolg versprechende Strategie zu sein: Mehr als 900Subunternehmen,
so das Economic Forum Deutschland, brauchen die am Wiederaufbau in
Irak beteiligten US-Konzerne. Die im mondänen Taunus-Städtchen
Kronberg ansässige Mittelständlerinitiative hat jüngst die Taskforce
»Wiederaufbau Irak« ins Leben gerufen, um die deutschen Exporte in
das Nachkriegsland zurück auf Vorkriegsniveau zu bringen. Bei 10 bis
12 Milliarden Euro jährlich könnte sich das deutsch-irakische
Handelsvolumen nach Schätzung des Economic Forum künftig einpendeln.
Warum, erklärt dessen Vorstandsmitglied Paul Dolan so: »Deutsche
Firmen sind in Irak gerne gesehen. Zudem sind deutsche Unternehmen
als zuverlässige Partner mit hohem technischen Know-how bekannt.«
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12-02-2004 |