Folterungen im Irak:
Wer muss sich schämen?
Von Haydar Isik
Es ist erstaunlich, dass die Presse, die lange Zeit
die Machenschaften des Saddamregimes nicht gesehen hat und
eigentlich blind war, in den letzten Zeiten viele Artikeln über die
Folterungen der amerikanischen Soldaten bringt. Was hat sich da
geändert, dass die Presse so wachsam wurde! "Es ist nicht Hochzeit,
warum küsst mich mein Schwager?", sagt ein türkischer Spruch. Sieht
die Presse die Dinge jetzt tatsächlich objektiv oder ist es eine
Kampagne, die staatlich gelenkten Antiamerikanismus beinhaltet?
Als in Saddam Husseins berühmt berüchtigten
Gefängnissen die Menschen gefoltert wurden, war er "Mr. President"
und man beugte sich ehrwürdig vor ihm. Fast kein Reporter war am
Schicksal Hunderttausender Menschen interessiert, die gefoltert und
getötet wurden. Damals spielte die heute sehr wachsam gewordene
Presse die "drei Affen". Weil Saddam Hussein Waffen bestellte und
für die Produktion des Giftgases das Know how kaufen wollte, durfte
dies nicht gestört werden. Als
deutsche und andere westliche Firmen vierzig Jahre nach Auschwitz
Saddam Hussein ermöglicht haben, eine Kurdenstadt mit Giftgas zu
bombardieren und sie total auszulöschen, habe ich leider von der
Presse dieses Landes keine Berichte, wie heute über einige
amerikanische Soldaten ständig kommen, weil sie im Abu Gharib
Gefängnis ein Verbrechen begannen haben, gesehen. Die deutschen
Firmen ermöglichten die Aufrüstung Saddams und er konnte damit im
ersten Golfkrieg Bomben werfen, bis nach Tel Aviv.
Die westlichen Länder haben ein Monster geschaffen,
welches die Völker der Region in Angst und Schrecken gesetzt hat.
Dies bezeichnen die westlichen Politiker als "Politische Ordnung".
Die Terror-Staaten Irak, Iran, Syrien und die Türkei können im Namen
der politischen Ordnung Menschen foltern und töten. Das heißt, dass
die westliche Politik für den Status quo des Saddam-Systems beistand
und andere diktatorische und militärische Regime als politische
Ordnung sah. Wenn man die Dinge beim Namen nennt, muss man auch
sagen, dass diese Haltung nur aus Profitgier ist. Die westliche
Moral, welche die Menschheit mit Mühe und Not gewonnen hat, kommt
bei diesen Herren Politikern nach dem Geschäft.
Nun haben die USA glücklicher Weise dieses System
gewaltsam beseitigt. Wer sich an der Seite der Menschenrechte,
Demokratie und des Fortschritts sieht, müsste eigentlich begrüßen,
dass die Amerikaner einen Tyrannen abgesetzt haben. Man soll deshalb
das Vorhaben der USA unterstützen, damit sie in die Region eine
demokratische Ordnung bringen können. Die immer wieder
angeprangerten Interessen der USA -die Ressourcen der Region zu
besetzen- sollte man nicht in dem Vordergrund stellen. Da der Bär
noch nicht erlegt ist, kann man nicht seinen Anteil vom Fell
fordern? Sicherlich sind die
Folterungen aufs schärfste zu verurteilen, diese geistig verwirrten
Soldaten müssen für ihr Verbrechen scharf bestraft werden. Aber
warum hat die westliche Presse nicht die Folterungen des türkischen
Staates und Saddams gesehen? Als der türkische Offizier die
kurdischen Dörfler gezwungen hatte, Fäkalien zu essen, wurde davon
keine Notiz genommen. Als die türkischen Soldaten die Leichen der
gefallenen PKK-Guerilleros geschändet und sich mit deren
abgeschlagenen Köpfen fotografiert haben, wurde im Westen nicht
darauf reagiert. Die Presse
bringt tagtäglich die Nachrichten, dass im Irak Chaos herrsche, und
die USA und ihre Koalition nicht in der Lage seien, Ordnung zu
schaffen. Mag sein, dass die USA in ihren Plänen gewisse Dinge
falsch kalkuliert haben. Zum ersten haben sie nicht gewusst, dass
der Irak nicht Afghanistan ähnlich ist. Zum zweiten haben sie den
Fundamentalismus der Schiiten falsch eingeschätzt. Außerdem haben
sie mit dem Krieg zu früh aufgehört und nicht gedacht, dass Syrien,
Iran und die Türkei dort gegen die amerikanischen Interessen Krieg
führen werden. Damaskus,
Teheran und Ankara haben großes Interesse das alte politische
Verbrechen, welches hier als Ordnung definiert war, wieder zu
installieren. Der absurdeste und größte Fehler der USA ist es, den
Volkskongress Kurdistan (Kongra-Gel a Kurdistan) in die Terrorliste
aufzunehmen, obwohl Kongra-Gel sich an die Ziele der USA in der
Region anpassen wollte und sich demokratisch neu konstituiert hatte.
Sogar die Kämpfer des Kongra Gel's waren bereit gewesen gegen
Saddams-Banden auf der Seite des Fortschritts und der Demokratie zu
kämpfen. Das heißt, wenn die USA in der Region die Demokratisierung
des Nahen Osten wollen, brauchen sie die Unterstützung der größten
kurdischen Organisation des Volkskongresses Kurdistan (Kongra-Gel).
Wenn man heute vom Ehrverlust und vom Schamgefühl der
USA schreibt, darf man nicht nur über die Foltervorwürfe der
US-Soldaten berichten, sondern man muss auch über die Folterungen in
der Türkei, im Iran und Syrien schreiben. Für mich ist der
schlimmste Ehrverlust, wenn man den Tyrannen Waffen verkauft, wenn
man Folter-Regime unterstützt, wenn man die 15-20 Millionen Kurden
in der Türkei wegen Geschäftsbeziehungen ignoriert und hinnimmt,
dass diese nicht mal ihre Muttersprache in den Schulen erlernen
dürfen. Wenn man im Irak das
barbarische alte Regime als politische Ordnung definiert, verliert
man seine Ehre. Wenn man diese Missstände ständig aufweist, nicht
aber bei der Demokratisierung des Nahen Ostens hilft, hat man keine
Würde. Heute ist der Nahen Osten ein Unruheherd. Die arabischen
Staaten haben kein Interesse das Palästinenser Problem zu lösen. Sie
schüren nur Selbstmordattentäter, damit die Brutalität nicht
aufhört. Kein arabischer Staat hat Demokratie. Sie wollen den
einzigen demokratischen Staat in der Region, Israel, mit diesem
Problem schwächen.
Außerdem hat die westliche Politik die Kurden als Bauernopfer an die
Terrorsysteme von Türkei, Iran und Syrien geliefert, weil die
westlichen Politiker nur an ihre Geschäftsinteressen denken.
Nachdem die USA die Kastanien aus dem Feuer holen,
werden sie auf schamlose Weise kritisiert. Ich kann mir gut
vorstellen, wenn die USA im Irak eine Niederlage a la Vietnam
erleiden würden, die ganze Welt müsste darunter sehr leiden. Es wäre
besser, wenn die Gegner sich für die Schaffung eines demokratischen
Nahen Ostens an die Seite der USA stellen würden. Die Bekämpfung der
morallosen Haltung der US-Soldaten ist eine Seite, aber es gibt eine
andere Seite, die sehr wichtig ist, nämlich: Die Demokratisierung
des Nahen Ostens. Dafür muss man arbeiten.
hagalil.com
11-05-2004 |