
Deutsche Hilfe für Bagdad
Bericht an UN-Sicherheitsrat enthält
Namen von über 80 deutschen Firmen, die Saddam Hussein bei
Rüstungsgeschäften unterstützten. USA suchen weitere Hinweise auf
schmutzige Geschäfte
ANDREAS ZUMACH
GENF
taz - Der Rüstungsbericht
der irakischen Regierung an den UN-Sicherheitsrat enthält die Namen
von über 80 deutschen Unternehmen, mehreren privaten und
öffentlichen Forschungslabors sowie von zahlreichen Einzelpersonen
aus Deutschland. Diese sollen seit etwa 1975 ganze Anlagen,
Bauteile, Grundsubstanzen und technisches Know-how für die Programme
Saddam Husseins zur Entwicklung atomarer, chemischer und
biologischer Massenvernichtungswaffen sowie von Raketen und
kompletten konventionellen Waffen geliefert haben.
Das geht aus den beschaffungsrelevanten Kapiteln des irakischen
Berichts hervor, die der taz in Kopie vorliegen. In einigen Fällen
dauerte die Kooperation nach Darstellung des Berichts im
konventionellen Bereich bis mindestens zum Jahr 2001 an.
Die Bush-Administration bemüht sich derzeit nach
Informationen aus unmittelbarer Umgebung von Vizepräsident Dick
Cheney um zusätzliche Informationen, mit denen sie eine angeblich
bis heute anhaltende rüstungstechnische Kooperation Deutschlands mit
dem Irak belegen zu können hofft. Dabei geht es unter anderem um die
Kooperation eines deutschen Mikroelektronik-Unternehmens mit dem
Irak, über die die Bundesregierung seit 1999 informiert ist.
Schon damals wurde die Bundesregierung von
deutschen Rüstungskontrollexperten warnend darauf hingewiesen, dass
diese offiziell als rein zivil bezeichnete Technologie
möglicherweise Verwendung im militärischen Bereich finden könnte.
Ein der taz namentlich bekanntes langjähriges hochrangiges Mitglied
des Bagdader Regimes hat der Bush-Administration seine Bereitschaft
signalisiert, für die Zusage schonender Behandlung im Gegenzug nach
einem Sturz des Regimes Informationen über die Kooperation mit
Deutschland zu liefern. Dem Vernehmen nach will die
Bush-Administration entsprechende Mitteilungen einsetzen, um ein
Wohlverhalten Deutschlands im UN-Sicherheitsrat zu bewirken.
Die Zahl der in dem Bericht aufgeführten deutschen
Unternehmen ist größer als die Summe der Firmen aus allen anderen
Ländern. An zweiter Stelle stehen die USA mit rund zwei Dutzend
Unternehmen. Dazu kommt die Hilfe von US-Regierungsseite. Unter
anderem lieferte das Energieministerium in den 80er-Jahren relevante
nichtnukleare Bauteile für Bagdads Atomwaffenprogramm.
In dem Bericht finden sich auch zahlreiche
Hinweise auf Fälle, in denen bundesdeutsche Behörden und
Regierungsstellen bis hin zum Bundeswirtschaftsministerium vor allem
in der Phase von Ende der 70er-Jahre bis zum zweiten Golfkrieg von
1991 die illegale Rüstungskooperation mit Irak geduldet und zum Teil
aktiv gefördert haben.
Unklar ist, ob die Informationen aus Bagdad
vollständig allen 15 Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates zugehen.
Die der taz vorliegenden Kopien stammen aus dem einzigen kompletten
Originalbericht, über den nach Ankunft in New York vor zwei Wochen
US-amerikanische Spezialisten für 24 Stunden die alleinige Verfügung
hatten. Sie hätten zumindest Zeit und Gelegenheit gehabt,
Informationen zu entfernen, bevor sie Kopien für die vier anderen
ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates herstellten."
taz Nr. 6932 vom 17.12.2002, Seite
1, 67 TAZ-Bericht ANDREAS ZUMACH
taz muss sein:
Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert? Sie helfen uns, wenn
Sie diesen Betrag überweisen auf: taz-Verlag Berlin, Postbank Berlin
(BLZ 100 100 10), Konto-Nr. 39316-106
© Contrapress media GmbH / Vervielfältigung nur mit Genehmigung des
taz-Verlags
hagalil.com
08-12-2002 |