Kaum hat der Krieg im Irak
begonnen, wagt B. Michael in Jedioth achronoth eine Bilanz. Hier einige
Auszüge.
Was hatten wir also bisher?
Nach zwei Wochen „Freiheit für Irak“
scheint es, als dürfte man schon eine kleine Zwischenbilanz der Aktion
aufstellen. Was hatten wir also bisher?
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Erstens, wir müssen zunehmend
befürchten, dass die Führung der einzigen Großmacht der Welt in den
Händen von drei Personen liegt - einer, die einen korrupten Eindruck
macht, einer, die einen unmenschlichen Eindruck macht und einer, die
einen dummen Eindruck macht - und alle drei scheinen kurzsichtig zu
sein.
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Zweitens hatten wir hier eine
aufschlussreiche Lektion für jeden diktatorischen Schurken, der den
korrekten Weiterverlauf seines Regimes gewährleisten will. Diese zwei
kurzen Wochen haben ihm gezeigt, dass er sich nur von der koalitionären
Befreiungsarmee retten kann, wenn er sich ganz schnell nukleare Waffen
besorgt. In anderen Worten, wir haben gelernt, dass eine so blöde Jagd
auf Massenvernichtungswaffen ohne Zweifel zu ihrer verstärkten
Vermehrung beitragen wird.
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Drittens, mit jedem Tag, der vergeht,
werden die offiziellen Gründe für die Eröffnung dieses Krieges
übertriebener und höhnischer. Es sieht immer mehr danach aus, als werde
nicht beabsichtigt, die Iraker von den Fesseln der Tyrannei zu befreien,
sondern ihr Leben von den Fesseln ihres Körpers. Auch die Ausrede der
chemischen und biologischen Waffen wird allmählich schal.
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Viertens, mit jedem Tag stärkt sich die
traurige Überzeugung, dass die Wurzeln dieses Krieges tatsächlich vor
allem wirtschaftlicher Natur sind. Es geht hier Gott behüte nicht darum,
das Öls zu stehlen. Gott behüte auch nicht darum, sich des irakischen
Ölhandels zu ermächtigen. Es geht hier um eine weitaus heuchlerischere
und brutalere Methode. Es genügt, einen kurzen Blick auf die
internationalen Wirtschaftszeitungen zu werfen, um zu entdecken, dass
der Handel mit den Verträgen über die Sanierung des befreiten Irak
bereits in vollem Schwung ist. Geschäfte in Höhe von Hunderten Millionen
Dollar schwirren durch die Luft. Und zwischen den Ausschreibungen lässt
sich die wunderbare, neo-konservative Methode entdecken, wie man eine
hinkende Wirtschaft wieder zum Blühen bringt: zuerst zerstört man einen
Staat mit viel Öl, danach verteilt man die Sanierungsausschreibungen an
amerikanische Firmen (vorzugsweise solchen, die dem Korrupten, dem
Unmenschlichen oder dem Dummen nahestehen), und dann bezahlt man diese
Firmen mit Rechten auf das sich sanierende irakische Öl. Damit wird der
ganzen Welt gezeigt, dass das irakische Öl ja tatsächlich nur zum Wohle
der irakischen Bevölkerung fließt. Und die Tatsache, dass es auf dem Weg
von der irakischen Quelle bis zum Wohle des irakischen Volkes noch
schnell eine nette, kleine Pause bei einigen amerikanischen Firmen
einlegt, muss die philanthropische Humanität der ganzen Angelegenheit in
keinster Weise trüben.
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Fünftens, wir haben gelernt, und lernen
es auch jeden Tag aufs Neue, dass die Welt mit nur einer Großmacht nicht
sehr gut dasteht. Wir brauchen mindestens noch eine.
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Und sechstens, wir hätten lernen sollen,
dass man das Rad nicht zurückdrehen kann. Es gibt doch wirklich keinen
mehr, der glaubt, dass aus diesem Krieg irgendetwas Gutes hervorkommen
wird. Weder auf kurze Sicht, und schon gar nicht auf lange. Er wird nur
Hass und Terror und Tod und ganz, ganz viele Probleme für die Juden
hervorbringen. Und dennoch nicken alle mit dem Kopf und sagen, Bush
könne jetzt nicht aufhören, da sein männliches Image auf dem Spiel
stehe.
Ich möchte den Koalitionstruppen
trotzdem einen Weg anbieten, sich aus dem Sand zu befreien: Erklären Sie
doch bitte mit beleidigtem Gesicht, dass die Iraker undankbar seien, sie
keinen Reis geschmissen hätten, weder mit dem Union Jack gewedelt noch
Yankee Doodle gesungen und damit bewiesen hätten, dass sie diese ganze
Güte, mit denen Ihre Bomber sie überschütten, überhaupt nicht verdient
hätten. Deshalb würden die Befreier nun nach Hause gehen, die Iraker
ihrem Schicksal überlassen und sofort damit aufhören, sie aus der
Sklaverei zu befreien. Und das sei ihre Strafe!
hagalil.com
03-04-03 |