29.10.03 -
Mit einer scharfen Kritik an der Bundesregierung reagiert die im
Irak tätige deutsche Hilfsorganisation WADI auf die Serie von
Anschlägen, die seit dem Wochenende die irakische Hauptstadt Bagdad
erschüttern.
Thomas Uwer, Sprecher der Organisation, bezeichnete
die Weigerung der Bundesregierung, sich stärker beim Wiederaufbau
des Irak zu engagieren, als Blockade der Bemühungen, demokratische
und zivile Strukturen im Irak aufzubauen. Auf der am Wochenende
abgehaltenen Geberkonferenz in Madrid waren von deutscher Seite
keinerlei zusätzliche Gelder für den Wiederaufbau des Landes
zugesagt worden. Auch eine Tilgung der irakischen Schulden wird von
der Bundesregierung abgelehnt. Damit bewirke die deutsche
Irakpolitik das exakte Gegenteil dessen, was sie als Ziel öffentlich
erkläre – der Übergang vom Ausnahmezustand zur legitimen irakischen
Selbstverwaltung werde nicht beschleunigt sondern blockiert. „Die
Versuche, eine Stabilisierung der Lage im Land zu erreichen, werden
von der deutschen Verweigerungshaltung regelrecht konterkariert. Die
Haltung der Bundesregierung ist Wasser auf die Mühlen des Terrors“,
sagte Uwer.
Nach Auskunft des Projektleiters der Organisation,
Thomas von der Osten-Sacken, richteten sich die Anschläge in Bagdad
und dem sunnitischen Zentrum des Landes neuerdings verstärkt gegen
irakische und zivile Einrichtungen sowie gegen Hilfsorganisationen.
Ziel des Terrors sei, weitere Fortschritte beim Wiederaufbau des
Landes und der Vorbereitung freier Wahlen durch eine Eskalation der
Gewalt zu verhindern. Urheber der Attentate sind Anhänger des
gestürzten Diktators Saddam Hussein sowie islamistische
Terrorgruppen aus dem Umfeld der Al Qaida. Beide sähen sich einer
zunehmenden Isolation innerhalb der Bevölkerung gegenüber. Die
Ankündigungen anderer Hilfsorganisationen, ihre Mitarbeiter aus dem
Land abzuziehen, nannte von der Osten-Sacken, der sich selbst im
Irak aufhält, zwar verständlich, in der Wirkung jedoch fatal. „Damit
tut man genau das, was die Urheber des Terrors wünschen“.
Von deutschen Hilfsorganisationen allerdings sei
schon vor Beginn der Anschlagsserien kaum Unterstützung gekommen.
„In keinem anderen Konflikt der vergangenen Jahrzehnte hat sich
Deutschland derart wenig an der Beseitigung von Not und der
Unterstützung der Bevölkerung beteiligt wie im Falle des Irak. Dass
sich die Bundesregierung ernsthaft auf vier (!!!) Mitarbeiter des
Technischen Hilfswerkes berufe, die sie Mitte September nach Bagdad
entsandt habe, bezeichnete von der Osten-Sacken als beispielhaft für
die gesamte deutsche Irakpolitik. „Dies ist umso bitterer, als man
sich in der Vergangenheit wesentlich großzügiger gezeigt hat“. In
den Achtziger Jahren waren die Lieferungen deutscher Unternehmen
zentraler Bestandteil des irakischen Rüstungsprogramms. Firmen aus
der Bundesrepublik haben am Bau der Giftgasproduktionsstätten Faluja
und Samara mitgewirkt, Bunkeranlagen gebaut und Teile zur Fertigung
von Trägerraketen geliefert. Noch im November 2002 nahmen mehr als
100 deutsche Unternehmen an der Bagdader Industriemesse teil, obwohl
gegen das Land ein UN Embargo verhängt war. Von politischen Skrupeln
sei seinerzeit nichts zu spüren gewesen.
Die Hilfsorganisation WADI arbeitet seit 1993 ständig im Irak.
Aktuell führt WADI - unterstützt von europäischen und amerikanischen
Organisationen - Programme zur Stärkung von Frauen und zur
Rehabilitierung ehemaliger Gefangener durch. WADI unterhält Büros
vor Ort. Auf Anfrage stellen wir gerne Kontakt zu unseren
Mitarbeitern vor Ort her.
T. Uwer / T. v.d. Osten-Sacken
Kontakt: 0172-3052691 oder
www.wadinet.de