Sorge um Terror im Irak:
Stärkere Unterstützung für Demokratisierung gefordert
Hilfsorganisation WADI verurteilt aufs Schärfste
Selbstmordattentate im Nordirak und spricht den Opfern ihre
Anteilnahme aus Die
Organisation WADI, die seit mehr als zehn Jahren in Programmen der
Entwicklungszusammenarbeit im Irak tätig ist, äußert sich zutiefst
besorgt über die neusten Ausmaße des Terrors im Irak. Der Anschlag
auf die Büros der kurdischen Parteien KDP (Demokratische Partei
Kurdistans) und PUK (Patriotische Union Kurdistans) richte sich
direkt gegen die Bemühungen, einen demokratischen und föderativen
Irak aufzubauen. Zugleich
erklärte die Organisation den kurdischen Parteien sowie den
Angehörigen der vermutlich mehr als 100 Opfer ihre tiefe Anteilnahme
und Trauer. Die Bundesregierung wird aufgefordert, klar Stellung zu
beziehen. Immer noch werde in Deutschland vielerorts von
"berechtigtem Widerstand" gesprochen, wo es sich längst um blanken
Terror handele, der in den vergangenen Wochen und Monaten
unterschiedslos Hunderte irakische Zivilisten das Leben gekostet
habe. Der Anschlag gegen die
Menschen, die an Feiern beider kurdischen Parteien teilgenommen
haben, steht in der langen Tradition der Verfolgung von ethnischen
und religiösen Gruppen im Irak. Jahrzehntelang waren vor allem die
Kurden im Norden des Landes als minderwertiges "Bergvolk"
diskriminiert und mit brutaler Gewalt verfolgt worden. Erstmals in
der Geschichte des irakischen Nationalstaates ist mit dem Sturz
Saddam Hussein die große Hoffnung entstanden auf eine staatliche
Ordnung, an der alle Bevölkerungsgruppen des Landes gleichberechtigt
partizipieren. Innerhalb der demokratischen und föderalen
Entwicklung des Landes spielen die Kurden eine entscheidende Rolle.
In der kurdischen Selbstverwaltungszone wurden im vergangenen
Jahrzehnt wichtige Ansätze einer demokratischen und offenen
Gesellschaft geschaffen. In keinem anderen Landesteil des Irak haben
die Menschen vergleichbare Freiheitsrechte genießen können, wie im
Nordirak. Anhängern des gestürzten Ba'thregimes genauso wie
radikalen Islamisten gelten die Kurden schon von daher als Feinde.
Mit ihrem Engagement für einen einheitlichen und
demokratischen Irak haben die kurdischen Parteien ein hohes Risiko
auf sich genommen. Viele Menschen im kurdischen Nordirak fürchten um
die Errungenschaften der letzten Jahre. Dazu zählt vor allem auch
die relative Sicherheit vor der Gewalt arabischer und islamischer
Extremisten. Die feigen Anschläge des heutigen Tages zielen auch
darauf ab, jene innerirakische Spaltung herbeizuführen, die von den
kurdischen Parteien und Organisationen bewusst vermieden wird.
Freunde und Unterstützer findet dieser Terror
zunehmend auch in Deutschland und Österreich, wo Geld für den
"Widerstand gegen die Besatzer" gesammelt wird. Vertreter irakischer
"Widerstandsgruppen", die mit Geschichten von enthaupteten
amerikanischen Soldaten prahlen und für einen bewaffneten Kampf
gegen den "Zio-Imperialismus" im Irak werben, bereisen ungehindert
Deutschland und Österreich auf der Suche nach Unterstützern. Längst
aber richtet sich die Gewalt nicht nur gegen militärische
Einrichtungen, sondern gegen alle Versuche der irakischen
Bevölkerung, zu einem normalen Leben zurückzukehren. Restaurants, in
denen Männer und Frauen gemeinsam tanzen, sind genauso Ziele von
Selbstmordattentaten geworden, wie vermeintliche "Kollaborateure" -
Rechtsanwälte, Richter, Ärzte, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen
aber auch einfache Wäscherinnen, die bei den Behörden der
Koalitionstruppen angestellt sind.
Von der deutschen und österreichischen
Bundesregierung wird gefordert, nicht nur dafür Sorge zu tragen,
dass die Unterstützung des irakischen Terrors endlich unterbunden
wird, sondern der Situation auch bei allen Überlegungen über eine
mögliche Rückführung irakischer Asylbewerber Rechnung zu tragen.
Alle Bekenntnisse zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus
würden unglaubhaft, wenn bei irakischen Asylbewerbern weiterhin die
einfache Formel gelte, dass mit dem Sturz des irakischen Staates
auch die Bedingungen für einen Schutz in Deutschland und Österreich
weggefallen seien.
Wadi e.V.
Thomas Uwer, Berlin
Thomas Schmidinger, WADI-Wien
Thomas von der Osten-Sacken, Frankfurt/Main
hagalil.com
03-02-2004 |