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Kassam-Raketen und Gaza-Offensive:
"Kommt vom Dach herunter, ihr Verrückten!"
Kommentar von Yoel Marcus, Ha'aretz, 05.10.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Nun ist es Zeit, die unsterblichen Worte von
Israels früherem Finanzminister Yigal Horowitz zum Wohle der
Palästinenser zu wiederholen: "Kommt vom Dach herunter, ihr
Verrückten!" Was ist los mit diesen Leuten? Warum haben sie jedes
Mal, wenn sich die Tür einen Spalt weit zu irgendeinem israelischen
Kompromiss oder Zugeständnis öffnet, plötzlich dieses starke
Bedürfnis zu ruinieren und zu töten?
Warum starteten sie nach dem Osloabkommen, für
dessen Billigung Israel durch Feuer und durch tiefe Wasser gehen
musste, eine blutige Terrorkampagne während der sie Busse,
Einkaufszentren, Cafés, Restaurants und Märkte in die Luft jagten?
Warum veranstalteten sie ein wahlloses Gemetzel und schlachteten
Bürger allen Alters ab? Warum starteten sie eine weitere Terrorwelle
genau in dem Moment, in dem sich durch die Vermittlung von Präsident
Clinton in Camp David eine weitere Gelegenheit für ein Abkommen bot?
Warum wird jeder ranghohe amerikanische Friedensstifter, der hierher
geschickt wird, um die losen Enden irgendeines Handels
zusammenzubinden, mit einem Terroranschlag begrüßt, der die Mission
sabotiert noch bevor sie begonnen hat?
Auch heutzutage ist nichts klarer und
verständlicher geworden. Warum machen die Palästinenser Randale,
wenn sich der Vater der Siedlungen in seinem hohen Alter
entscheidet, aus Gaza abzuziehen, wenn er seine Meinung dahingehend
ändert, alle israelischen Einwohner, Geschäfte und militärischen
Posten ausziehen zu lassen? Wenn er sogar vier Westbank-Siedlungen
evakuieren möchte, um den Ball ins Rollen zu bringen? Warum greifen
die Palästinenser die Stadt Sderot an und schießen aus dem
Hinterhalt wie wild mit Kassam-Raketen auf sie? Ich sage
"Palästinenser" und nicht "Hamas", weil die palästinensische
Autonomiebehörde (PA) mehr Macht und Sagen hat als wir denken. Wenn
die PA nicht wollte, dass Sderot beschossen wird, würde es nicht
geschehen.
Was ist der Grund all dieser Gewalt im
Gazastreifen? Die akzeptierte Theorie lautet, Hamas wolle sich die
Lorbeeren für die Vertreibung Israels einheimsen, weil sie diese für
ihre internen politischen Zwecke braucht. Doch jetzt, da sich der
Premierminister für den Auszug aus Gaza entschieden hat, muss die
Hamas eigentlich keine Frauen und Kinder töten. Jeder weiß, dass
Israel den ersten Schritt unternimmt, weil es nicht fähig war, den
Terror mit Gewalt auszulöschen. Israel zog sich aus dem gleichen
Grund einseitig und ohne Bedingung aus dem Libanon zurück. Also
könnten Hamas und die PA auch ohne den Beginn eines neuen Kreislaufs
von Blutvergießen damit prahlen, uns aus dem Gazastreifen hinaus zu
werfen.
Bei allem gebührenden Respekt gegenüber dem
palästinensischen Recht auf einen unabhängigen Staat muss man doch
sagen: Hier ist irgendwo eine Schraube locker. Colin Powell hatte
Recht als er sagte, die Intifada habe der palästinensischen Sache
nichts gebracht, weshalb die Zeit gekommen sei, sie zu beenden. Doch
die Palästinenser haben es nicht kapiert. Sie wissen nichts über den
demokratischen Arbeitsprozess in Israel. Sie verstehen ihn nicht.
Sie erkennen nicht, dass der Prozess, Gaza zu verlassen, ein
ähnlicher ist wie der Prozess der Umsetzung des Osloabkommens. Er
erfordert nationalen Konsens, eine Regierungsentscheidung und eine
parlamentarische Mehrheit. Und dies braucht Zeit. Sie verstehen
außerdem nicht, dass ihre Ungeduld und ihre Gewalt den politischen
Spieß in diesem Land umgedreht haben. Linke Friedensaktivisten sind
ins rechte Lager gewechselt. Jedes Mal, wenn sich die öffentliche
Meinung in Richtung Zusagen oder Kompromiss neigt –wie z. B. bei der
überwältigenden Mehrheit für Sharons Abkoppelungsplan- tun die
Palästinenser etwas, das den Gegnern der Evakuierung hilft.
Ich sage "Palästinenser" und nicht "Hamas", denn
wenn die PA möchte, kann sie die Hamas stoppen. Doch wie Abba Eban
zu sagen pflegte: Die Palästinenser verpassen niemals eine
Gelegenheit eine Gelegenheit zu verpassen. Sehen sie nicht, dass
keine israelische Regierung, nicht einmal eine von Peres oder Sarid
angeführte, erlauben würde, dass eine israelische Stadt, die nichts
mit den Kämpfen zu tun hat, Tag und Nacht nur deshalb mit
Kassam-Raketen beschossen wird, weil sie zufällig in deren
Reichweite liegt? Realisieren sie nicht, dass es in der Regierung
und an der Parteispitze Menschen gibt, die nur nach einer
Entschuldigung suchen, um den Abkoppelungsplan sabotieren, am
Gazastreifen festhalten und es den Palästinensern zeigen zu können?
Kürzlich erklärte Arafat seine Bereitschaft, eine
Million "Märtyrer" zu opfern. Dieser Mann, der nach den Beerdigungen
in Sderot behauptete, Kassam-Raketen würden keine Kinder töten
sondern nur Lärm machen, hat anscheinend seinen Verstand verloren.
Doch es sind die Palästinenser, die die Rechnung mit ihm begleichen
sollten. Israel muss sich in militärischer Zurückhaltung üben und
–am wichtigsten- sich auf das Vorankommen des Abkoppelungsplans
konzentrieren, damit es nicht in Gaza versinkt – dem scheußlichsten
von allen Löchern.
hagalil.com
05-10-2004 |