Eine politische Ewigkeit:
Kein Weg zurück?
Auszüge aus einer Analyse von Aluf Benn,
Ha'aretz, 27.10.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Die große Frage ist, ob der Abkoppelungsplan
nach der Knesset-Zustimmung den Punkt erreicht hat, von dem aus es
kein Zurück mehr gibt. Ist der Rückzug aus Gaza und der nördlichen
Westbank ein abgeschlossenes Geschäft, egal was geschieht?
Sharon verspricht, den Abkoppelungsplan
durchzuführen. Und die Menschen um ihn herum in seinem Büro möchten
glauben, dass es keinen Weg zurückgibt, ungeachtet der politischen
Krise und dem Bruch in der herrschenden Partei. Doch trotz dem
beeindruckenden Erfolg in der Knesset steht der Plan immer noch vier
großen Hindernissen gegenüber:
1. Das Evakuierungskompensationsgesetz. Nächste
Woche wird die Knesset in erster Lesung über die Umsetzung des
Gesetzes für den Abkoppelungsplan votieren. Dieses Gesetz
autorisiert die Regierung, die Siedlungen zu evakuieren und die
Evakuierten finanziell zu entschädigen. Danach wird es Debatten in
den Komitees geben, und dann eine zweite und dritte Lesung. Der
parlamentarische Prozess ist lang und eintönig, und das Gesetz
könnte in jeder Phase blockiert werden. Sharons Büro glaubt, das
Gesetz werde relativ einfach verkündet.
2. Die Evakuierungsentscheidung. Nachdem die
notwendige Gesetzesmaschinerie durchschritten ist, muss die
Regierung im Februar, März oder Mai über die aktuelle Evakuierung
entscheiden. Dies wird ein entscheidender Moment sein, der die
Evakuierungsmaschine entweder ankurbeln oder zum Stillstand bringen
wird. Zwischen jetzt und dann liegt eine politische Ewigkeit.
3. Die politische Krise. Diese ist Sharons
vorrangigstes Problem. Nach dem beeindruckenden Sieg in der Knesset
muss er in die Arena seiner Partei zurückkehren, wo er schon viele
Male geprügelt wurde. Das "Referendum-oder-Rücktritts-Ultimatum" der
Minister Netanyahu, Livnat, Katz und Naveh verschlimmert nur den
Riss im Likud. Dies wird –gemeinsam mit den Drohungen der
Nationalreligiösen Partei- den Premierminister zwingen, zwischen
einem Referendum, Neuwahlen oder dem Einbringen der Arbeiterpartei
in die Regierung zu entscheiden. Für Sharon ist dies eine Wahl
zwischen drei Übeln. Ein Referendum oder Wahlen könnten die
Abkoppelung verzögern oder sogar verhindern und Sharon seinen Sitz
kosten. Die Erweiterung der Koalition wird den Plan retten, doch es
steht nicht fest, wie Sharon dies auf Grund der Opposition in seiner
eigenen Partei zuwege bringen kann. Die Entschlossenheit, die er
gestern vor der Abstimmung gezeigt hat, mag dafür nicht ausreichen.
4. Der Terror. Sharon wiederholt immer wieder,
dass es keinen Rückzug unter Feuer geben wird. In der Armee und
unter Sharons neuen Anhängern von der Linken gibt es einige, die
denken, dies sei eine im Voraus vorbereitete Ausrede, um die
Durchführung der Abkoppelung in letzter Minute zu verhindern – etwas
für das Protokoll, das zum richtigen Zeitpunkt herausgezogen werden
kann um zu beweisen, dass Sharon der gesamten Angelegenheit
Bedingungen auferlegt hat. Es ist schwer vorherzusagen, ob der
Terror den Rückzug verhindern wird. Und auf jeden Fall ist die
politische Straße bis zum Rückzug sehr, sehr lang.
hagalil.com
27-10-2004 |