Zu den Operationen gegen die Hamas:
Wohin gehen wir von hier aus?
Analyse von Ze’ev Schiff, Ha'aretz, 20.02.2003
Übersetzung Daniela Marcus
In den letzten 24 Stunden haben die
Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) ihre Operationen gegen
die Hamas durch eine Serie weiterer Operationen in Nablus und im
Gazastreifen ausgeweitet. Weil Kassam-Raketen auf die israelische
Stadt Sderot (zwischen Ashkelon und Be’er Sheva) geschossen wurden,
werden diese Operationen wahrscheinlich noch zunehmen und sogar die
Einnahme von palästinensischem Gebiet umfassen.
Obwohl es zwei getrennte Operationen waren –eine
in Nablus, die andere in Gaza- und beide von unterschiedlichen
regionalen Kommandos ausgeführt wurden, haben sie gemeinsam, dass
beide Offensiven gegen die Hamas gerichtet waren. Die IDF betrachten
Nablus immer noch als Terroristenhauptstadt in den Territorien und
die dortige Kasbah als das von der Hamas kontrollierte
Schlüsselzentrum. In der Kasbah bewegen sich bewaffnete Hamasleute
ohne Angst.
In anderen Gebieten der West Bank hat die Hamas
heftige Schläge hinnehmen müssen und die Verbindungen zwischen den
einzelnen Zellen der Organisation wurden geschwächt.
Hamas-Kommandeure in Gaza versuchen nun, neue Verbindungen zu den
verschiedenen Zellen in der West Bank aufzubauen. Deshalb entschied
man bei den IDF, sich dieses Mal auf die Kasbah von Nablus zu
konzentrieren.
Diese Art von Operation ist sehr komplex, weil sie
von Infanteristen mit Gewehren ausgeführt werden muss, und zwar ohne
Hilfe gepanzerter Kräfte. Es besteht also die Gefahr, auf
Heckenschützen zu treffen. Und von den hohen Gebäuden, die sich
entlang der engen Gassen befinden, können problemlos Angriffe auf
die Soldaten ausgeführt werden. Sich von Haus zu Haus zu bewegen,
ohne die Deckung zu verlieren, ist auch extrem schwierig.
Am ersten Tag der Operation töteten Soldaten zwei
Palästinenser, die versuchten, Molotowcocktails auf sie zu werfen.
Sie nahmen auch eine Arbeitsstätte für die Herstellung von
explosivem Material ein. Sie blieben über Nacht in der Kasbah. Diese
Operation wird wahrscheinlich noch einige Zeit anhalten, denn bisher
wurde noch kein Termin für ihr Ende genannt.
Die Operation in Gaza war ursprünglich nur auf die
Arbeitsstätten gezielt gewesen, die dazu benutzt wurden, um
Kassam-Raketen und Mörsergranaten herzustellen. Es gibt in dem
Gebiet, in dem die Truppen operieren, auch eine Schule, von der
angenommen wird, dass sie dem geistigen Führer der Hamas, Scheich
Ahmed Yassin, angeschlossen ist.
Die Operation war bereits einige Zeit in Gang. Je
länger sie dauerte, desto mehr bewaffnete Männer –anscheinend
Hamasmitglieder- versammelten sich in der Gegend. Zehn von ihnen
wurden getötet, einige durch Schüsse von Hubschraubern, andere durch
Gewehrfeuer der Givati-Brigade. Auch von dieser Operation wird
angenommen, dass sie die nächsten Tage anhalten wird.
Derzeit haben die IDF nicht die Absicht, Gebiete
im Gazastreifen zu besetzen und dort auf unbestimmte Zeit zu bleiben
wie in der West Bank. Was diese Entscheidung jedoch ändern könnte,
ist die wiederholte Bombardierung von Sderot, einer Stadt mit 25.000
Einwohnern, die sich innerhalb der Grünen Linie befindet. Bis zum
heutigen Tag wurde diese Stadt in zehn verschiedenen Vorfällen von
21 Kassam-Raketen getroffen. Die Hamas hat auch Mörsergranaten auf
Sderot gefeuert.
Der letzte Raketenangriff –abgesehen vom
gestrigen- fand vor drei Wochen statt. Die Pause dazwischen wird dem
Druck zugeschrieben, den der Präventive Sicherheitsdienst der
Palästinensischen Autonomiebehörde auf die Hamas ausgeübt hat. Der
Beschuss durch Mörsergranaten ging aber auch in dieser Zeit weiter.
Letzte Nacht traf sich der Generalstab der IDF, um
zu entscheiden, wohin die Operation von hier aus gehen sollte. Das
gegenwärtige Denken ist, dass man die Angriffe auf Sderot nicht
still dulden kann, egal, ob die Stadt von Kassam-Raketen oder von
Mörsergranaten getroffen wird. Um diesen Angriffen ein Ende zu
bereiten, wird die Armee keine andere Wahl haben, als das
palästinensische Gebiet im nördlichen Gazastreifen einzunehmen, das
in Kassamraketen- und Mörsergranatenreichweite zu Sderot liegt.
Solch eine Operation wäre für die Stadt Beit Hanun besonders hart.
Die Zellen, die die Kassam-Raketen abschießen,
kommen im Allgemeinen von Gaza-Stadt nach Beit Hanun. Um diesen
Zellen das Leben schwerer zu machen, zerstörten die IDF kürzlich
eine Anzahl von Brücken im nördlichen Gazastreifen.
hagalil.com
20-02-2003 |