Die Rolle der UNO:
Eine internationale Truppe ist sinnlos
Ha'aretz-Leitartikel, 15.06.2003
Übersetzung Daniela Marcus
Die Vereinten Nationen spielten eine wichtige
Rolle bei der Gründung des Staates Israel und bei den Bemühungen um
diplomatische Lösungen bezüglich der Probleme mit den Nachbarn. Die
Entscheidung für zwei Staaten vom November 1947, die
Waffenstillstandsgespräche im Frühjahr 1949 und die
Sicherheitsrat-Resolution 242, die dem Sechstagekrieg folgte, waren
wichtige Meilensteine in der Geschichte Israels. Es gab jedoch auch
negative Meilensteine, unter ihnen die Resolution 194, die einen
Artikel enthält, der von den Arabern als Rückkehrrecht der
Flüchtlinge in ihre ehemalige Heimat interpretiert wird, und auch
die Entscheidung von Generalsekretär U Thant im Mai 1967, die
UN-Truppen von der ägyptischen Grenze abzuziehen, was zu einem
unvermeidlichen Krieg führte.
Die UNO ist eine Organisation, deren Mitgliederstimmen die Haltung
ihrer Offiziellen bestimmt und beeinflusst. Israel steht allein
einer Reihe von tendenziösen Staaten gegenüber – Dutzenden von
Delegationen aus arabischen und moslemischen Staaten und deren
Verbündeten aus Asien und Afrika. Hätte Israel nicht die
Unterstützung des wichtigsten der fünf dauerhaften Mitglieder des
Sicherheitsrates, der Vereinigten Staaten, wäre sein Lage in der UNO
unerträglich.
Seit etwa 30 Jahren übernehmen es die verschiedenen amerikanischen
Regierungen, die diplomatischen Bemühungen in der Lösung des
arabisch-israelischen Konfliktes anzuführen. Seither beschränkt sich
die Rolle der UNO darauf, durch internationale Konferenzen (Genf,
Madrid) die Schirmherrschaft und ein Rahmenwerk zu liefern und eine
kleinere Rolle an der Seite der Amerikaner und anderer (Quartett) zu
spielen. Die UNO hat keinen höheren moralischen Stand als andere,
sie spiegelt auch kein gesamt-menschliches Gewissen wider und
ehrenwerte Motive sollten ihr nicht zugeschrieben werden: sie ist
ein Werkzeug in den Händen wetteifernder Mächte.
Der gegenwärtige Generalsekretär Kofi Annan tendiert wie seine
Vorgänger dahin, eine Haltung gegen Israel und die Vereinigten
Staaten einzunehmen. Zur Zeit stellt er sich sogar gegen die neue
palästinensische Führung unter Abu Mazen (Mahmoud Abbas). Annan
besteht darauf, Yassir Arafat als Hauptspieler im Nahen Osten
einzubinden. Solch eine Haltung zieht den Bemühungen, den Dialog
zwischen beiden Seiten zu erneuern, den Boden unter den Füßen weg.
In einem Ha'aretz-Interview, das Ende letzter Woche veröffentlicht
wurde, drückte Annan seine Unterstützung für internationale
Streitkräfte als Puffer zwischen Israel und den Palästinensern aus,
die für eine vorläufige Periode bis zur Erreichung eines Abkommens
stationiert werden sollen. Dies ist eine alte palästinensische
Forderung, die darauf abzielt, bei der Konfrontation mit Israel die
internen Streitkräfte mit externen auszugleichen. Aus drei Gründen
haben solche internationalen Streitkräfte keine praktische
Bedeutung:
1. Welche Autorität werden sie besitzen und wie sollen sie
interpretiert werden? Nach welchen Richtlinien und Befehlen werden
sie zum Beispiel das Feuer eröffnen? 2. Die internationalen
Streitkräfte werden feindlichen Anschlägen ausgesetzt sein. Die
Hamas, der Islamische Dschihad und andere Organisationen, die auf
der Terroristenliste der US-amerikanischen Regierung stehen, würden
nicht zögern, gegen Friedenstruppen loszuschlagen. 3. Es existiert
die problematische Haltung der UNO, die es ihr schwer macht, etwas
im Sinne für Israel auszuführen, selbst wenn sie ihren Teil des
Abkommens dem Buchstaben getreu erfüllt, wie beim Rückzug aus dem
Libanon.
Dies mag der Grund sein, warum Annan von einer NATO-Truppe
gesprochen hat und nicht unbedingt von einer UNO-Mission. "NATO"
kann jedoch mit "EU-USA-Streit" übersetzt werden, wie zum Beispiel
der Streit, der sich wegen des Irakkrieges entfachte, zeigt. Und das
grundlegende Problem wird somit unverändert bestehen bleiben.
Wenn ein Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern erreicht
ist, mag vielleicht eine internationale Truppe nötig sein, die die
Umsetzung des Abkommens überwacht. Zum Zeitpunkt der Bemühungen um
ein Abkommen ist solch eine internationale Truppe jedoch sinnlos.
hagalil.com
16-03-2003 |