Widerstand von Rechtsparteien und Siedlern:
Israel geht auf Distanz zum Friedensplan
Premier Scharon nennt
Entscheidung seines Kabinetts unglücklich / Nationalisten drohen mit
Bruch der Koalition
Von Thorsten Schmitz
Jerusalem – Einen Tag nach der Annahme des
Nahost- Friedensfahrplans durch das israelische Kabinett ist am
Montag Widerstand in der Regierung und bei rechten Siedlern laut
geworden. Verteidigungsminister Schaul Mofaz erklärte am Montag im
israelischen Rundfunk, der Fahrplan, der in drei Phasen bis zum Jahr
2005 eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern
anstrebt, sei für Israel nicht verpflichtend. Es handle sich dabei
lediglich um eine "Absichtserklärung diplomatischer Initiativen",
die juristisch nicht bindend seien.
Mofaz, der bei der Abstimmung für die Annahme des
Plans votierte, hatte zuvor mehrmals die Friedensinitiative als
"gefährlich" für Israels Sicherheitsinteressen bezeichnet. Zudem
hatte er die Zwangsausweisung von Palästinenserpräsident Jassir
Arafat gefordert, sollte dieser weiterhin die Hoheit über die
palästinensischen Sicherheitsdienste behalten und in
Terroraktivitäten involviert sein. Drei Mitglieder der
siebenköpfigen ultra- rechten Koalitionspartei "Nationale Union"
forderten den Austritt aus der Koalition. Auf einem Fraktionstreffen
am Montag sollte darüber beraten werden. Zuvor hatte sich der
Parteivorsitzende Avigdor Lieberman gegen einen Auszug
ausgesprochen, da sonst der Eintritt der Arbeitspartei "Awoda" zu
befürchten sei.
Der Realisierung des Friedensfahrplans räumte
Lieberman keine Chancen ein. Bisher hätten sich die Palästinenser
"noch nie" an ein Abkommen mit Israel gehalten. Auch Regierungschef
Ariel Scharon übte erneut Kritik an dem Plan. Israelischen
Medienberichten zufolge bezeichnete Scharon die Annahme als "keine
glückliche Entscheidung". Bei Sicherheitsbelangen werde er keine
Kompromisse eingehen. Dennoch halte er an der Umsetzung der
Friedensinitiative fest. Sie sei die einzige Alternative, die Israel
derzeit besitze. Die Initiative könnte auch dazu beitragen, Israel
aus der Wirtschaftskrise zu führen, sagte Scharon. Kurz nach der
Bekanntgabe ihrer Annahme stiegen die Kurse an der Tel Aviver Börse
um sieben Prozentpunkte. Landesweit protestierten rechte Siedler.
Sie bezeichneten die Annahme als "nationalen Verrat" oder verglichen
diese mit dem Holocaust.
Aus dem Büro des Premierministers verlautete, dass
sich Scharon noch vor Donnerstag mit dem palästinensischen
Ministerpräsidenten Machmud Abbas treffen werde. Die beiden waren
bereits vor zehn Tagen zusammengekommen; allerdings war die
Begegnung ergebnislos verlaufen. Laut dem israelischen Außenminister
Silwan Schalom soll das für voraussichtlich Ende kommender Woche
geplante Gipfeltreffen zwischen US-Präsident George W. Bush, Abbas
und Scharon nicht in Ägypten stattfinden, sondern in der
jordanischen Hafenstadt Akkaba, die gegenüber des israelischen
Badeorts Eilat am Roten Meer liegt. Scharon bevorzugt eigenen
Angaben zufolge Akkaba. Die Beziehungen Israels zu Jordanien sind
weniger getrübt als jene zu Ägypten.
hagalil.com
27-05-03 |