Die palästinensischen
Terrorgruppen Hamas und Al-Aksa-Brigaden haben am Dienstag zwei
Selbstmordanschläge verübt und damit die seit sechs Wochen geltende
Waffenruhe beendet. Bei den Anschlägen in einem Einkaufszentrum in
der Nähe von Tel Aviv sowie im Westjordanland wurden zwei
israelische Jugendliche mit in den Tod gerissen und mindestens 13
Menschen verletzt.
Palästinenser schicken wieder Attentäter nach Israel:
Ende einer trügerischen Ruhe
Von Thorsten Schmitz
Die von den palästinensischen Terrorgruppen
erklärte Waffenruhe ist das Papier nicht wert, auf dem sie verkündet
wurde. Zwar war in den Wochen seit Ende Juni ein Hoffnungsschimmer
im Nahen Osten auszumachen.
Die Gewalt wurde deutlich reduziert, die Israelis
atmeten auf und trauten sich, wieder mehr auszugehen. Erstmals seit
langem sind auch wieder die Zahlen der Touristen gestiegen, die sich
nach Israel wagen. Und in Washington sonnte sich US-Präsident George
Bush in dem scheinbaren Erfolg, zur Befriedung der Nahost-Region
beigetragen zu haben. Doch die Vorschusslorbeeren sind offenbar
verfrüht verteilt worden. Die von den USA gesteuerte Diplomatie zur
Beendung der Intifada erweist sich – wenig überraschend – als bloße
Kosmetik.
Die beiden Anschläge palästinensischer
Selbstmordattentäter am Dienstag haben die Region aus einer
trügerischen Ruhe gerissen. Zwar behaupten die Sprecher von Hamas
und Islamischem Dschihad, dies bedeute nun nicht das Ende der
Waffenruhe – aber in Wahrheit ist es genau das.
Die Selbstmordanschläge sind zugleich ein Indiz
für die Schwäche des palästinensischen Ministerpräsidenten Machmud
Abbas, der über wenig Hausmacht verfügt. Nicht einmal eine
dreimonatige Waffenruhe vermag er zu steuern. Hätte
Palästinenser-Präsident Jassir Arafat die Waffenruhe verfügt, hätte
sie womöglich gehalten. Denn noch immer gilt er unangefochten als
der Führer der Palästinenser, auch unter den Terrorgruppen. Dabei
erweist sich die Strategie von Abbas, den Terroristen nur nicht zu
nahe zu kommen, als Weg in die Sackgasse. Ohnehin muss er sich
fragen lassen, was eine befristete Waffenruhe bezwecken soll – außer
einem Aufatmen, dem womöglich eine neue Welle der Gewalt folgt. Denn
tatsächlich nutzen die Terrorgruppen die Pause zur Re-Organisierung
ihrer Kommandostrukturen, die durch Israel zerstört worden waren.
Zudem versorgen sich Hamas, Islamischer Dschihad
und die Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden von Arafats
Fatach-Organisation mit neuen Waffen und Raketen. Letztere werden
derzeit vom Gaza-Streifen und von Jordanien aus ins Westjordanland
geschmuggelt. Anstatt, wie im Friedensfahrplan des Nahost-Quartetts
verlangt, die Terrorgruppen zu entwaffnen und aufzulösen, lässt
Abbas diese in einem Vakuum weiter agieren. Er scheut sich, wirksam
gegen die Terroristen vorzugehen, weil er einen Bürgerkrieg
fürchtet. Also fühlt sich Israel dazu berufen, die Terrorstrukturen
zu zerstören, zuletzt am vergangenen Freitag, als bei Gefechten mit
bewaffneten Palästinensern in Nablus im Westjordanland vier Menschen
getötet wurden.
Israel erkennt die Waffenruhe nicht an, da es die
Terrorgruppen nicht als Verhandlungspartner betrachtet, sondern
ausschließlich Machmud Abbas. Der Teufelskreis aus Gewalt und
Gegengewalt kann aber nur dann gebrochen werden, wenn Israels
Gesprächspartner gleichwertig ist – und der palästinensische
Ministerpräsident die Terroristen nicht mit Glacéhandschuhen
anfasst.
hagalil.com
13-08-03 |