
Frieden im Niemandsland:
Es gibt noch israelische und palästinensische Tauben
11 Dezember 2001 / LE MONDE
Eine Handvoll israelischer und palästinensischer
Politiker und Intellektueller trafen sich am Vormittag des 10.Dezembers
vor der Absperrung von Qalandia, die den Zugang zur Stadt Ramallah,
wenige Kilometer von Jerusalem entfernt, kontrolliert. Diese Vertreter
der israelischen "Tauben" wurden begleitet von Mitgliedern der
Organisation Shalom akshav -Frieden jetzt.
Sie wählten dieses no
man's land voller Lärm und Spannung, gelegen im palästinensischen
Gebiet, um der Welt ihren Willen zur Fortsetzung des Dialogs zu
bekunden. "Es ist bedauerlich, dass wir gezwungen sind, uns an einem
solchen Ort zu treffen", klagt die Arbeiterpartei-Abgeordnete Colette
Avital, "wir können aber nur noch im Ausland miteinander sprechen." "Die
nach den Attentaten in Jerusalem und Haifa von der Regierung Ariel
Sharons verordnete Totalabriegelung des palästinensischen Gebietes
schränkt die Bewegungsfreiheit der Palästinenser und ihrer
Verantwortungsträger ein, von denen ein großer Teil Yasser Arafat
umgibt, der seit über eine Woche in Ramallah festsitzt."
Wenige Meter von der Absperrung entfernt, versucht Yasser
Abed Rabbo, Arafats Informationsminister, sich Gehör zu verschaffen. Er
versichert, es gibt "eine Alternative zur Gewalt. Die Besetzung muss
beendet, die Verhandlungen müssen neu aufgenommen werden, wir müssen
wieder nebeneinander sitzen und das zu Ende führen, was unvollendet
geblieben ist." Von einem unaufhörlichen Ballett junger israelischer
Soldaten gestört, teilt sich die Gruppe auf, um dieses credo in allen
möglichen Sprachen zu wiederholen. Für Yossi Beilin, Führungsfigur der
Tauben in der Arbeitspartei (Awodah) steht fest: "wir müssen begreifen,
daß unsere Zukunft ein Zusammensein ist. Beide Völker haben genug
gelitten." Der
palästinensische Minister Ziad Abou-Ziad versichert: "Die Palästinenser
wollen alles in ihrer Macht Stehende versuchen, um einen
Waffenstillstand zu erreichen." Wie im Echo erklärt Frau Avital "ein von
Verhandlungen gefolgter Waffenstillstand ist weiterhin möglich."
Während in seinem
Rücken die Schlange der Autos und Lastwagen, von und nach Ramallah,
immer länger wird, bekräftigt Abed Rabbo die von der palästinensischen
Hoheit wiederholt vorgebrachte Forderung nach amerikanischen Beobachtern
zur Überwachung des Waffenstillstands. Zu den Verhaftungen von
mutmaßlichen palästinensischen Terroristen erklärt er: "Wir können
effektiver sein. Wenn aber Israel unsere Polizei und unsere
Infrastrukturen als Zielscheiben nimmt, wie sollen wir da 100% unserer
Kräfte gegen Hamas etc. zum Einsatz bringen?"
In einem grünen Suzuki improvisieren Abed Rabbo und Beilin
auf ihrer Art eine Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen
Verhandlungen. Während die Minister, Schriftsteller, Professoren und
Parlamentarier beider Parteien von der Absperrung jeweils in umgekehrter
Richtung abziehen, nimmt der Ort sein vertrautes Aussehen zurück. Die
palästinensischen Fußgänger bahnen sich einen Weg zwischen Lastwagen und
PKWs, warten auf das grüne Licht des Militärs. Eine Ambulanzsirene
brüllt. haGalil
onLine 14-12-2001 |