Weder vergessen - noch vergeben:
Rabíns Vermächtnis
Der sechste Jahrestag der Ermordung
von Itzchak Rabin war ein Tag schwerer Terroranschläge, die Zukunft
ungewiss, der Himmel bewölkt. Bei der offiziellen Gedenkveranstaltung am
Herzlberg rief Premier Scharon, Rabin hätte Jerusalem nie geteilt.
Gleichzeitig ist die Linke davon überzeugt, dass Rabin, hätte ihn nicht
ein vom national-fundamentalistischen Lager verhetzter Mörder daran
gehindert, längst den Frieden erreicht hätte.
Den Frieden mit einem Pälästina-Staat,
ungefähr innerhalb der von der PA geforderten Grenzen von 1967 und mit
Jerusalem als der ungeteilten gemeinsamen Hauptstadt der benachbarten
Staaten Israel und Palästina.
Rabin hätte sicherlich nicht, so wie Barak, betont, sein Herz stehe
näher bei den Führern der Siedlerbewegung als bei den Angehörigen der
sozialliberalen Linken. Was Rabin von den Siedlern hielt, hat er oft
genug gesagt und er hatte oft genug den Mut, klar auszusprechen, was
historische Tatsache ist: "Wir kamen nicht in ein leeres Land".
Über Rabins Friedenskonzept herrscht also Uneinigkeit, und auch um das
Vermächtnis seiner Ermordung ist es schlecht bestellt. Meir Shalev
formulierte einen Monat nach dem Mord ein Vermächtnis: "Wir werden nicht
vergessen, weder wer den Mord beging, noch wer ermordet wurde - wir
werden weder vergessen noch vergeben!"
Das heisst, wir müssen die Wurzeln der Tat erforschen und dürfen ihr
Vermächtnis nicht verdrängen: Das ewige Vermächtnis eines zerrissenen
Volkes, das nicht in der Lage war, den Mord an seinem Regierungschef zu
verhindern. Wenn dieses Volk die drei Forderungen nicht beherzigt, die
Meir Shalev so klar formuliert hat, verliert es die Hoffnung, jemals
wieder nach vernünftigen Maßstäben und auf der Basis allgemein
anerkannter Werte zu leben. Dann geht nicht nur Rabins Vermächtnis
zugrunde, sondern auch die Zukunft des Volkes, das Rabin 1992 wählte,
ihn 1995 opferte und im Jahre 2001 noch immer auf eine Führungsgestalt
seines Formats wartet.
Rabin war eine lebende Zielscheibe für alle, denen Gräber heiliger sind
als das Leben von Menschen. Jeschajahu Leibowitz hat zeitlebens immer
wieder gewarnt vor dem "Götzendienst" der National-Religiösen, denen der
Staat heiliger ist als die Torah. Erst vor zwei Wochen rief "haZofeh",
das Zentralorgan der national-religiösen Bewegung, dazu auf, ein
weiteres Vermächtnis zu begraben: Wir sollten uns von den Forderungen
der "jüdischen Ethik" lösen, da sie im Umgang mit dem Terror kein
brauchbares Rezept biete.
Das Versagen, das den Mord an Rabin ermöglichte, erstreckt sich aber
nicht nur auf Taubheit, Feigheit und Unentschlossenheit, die der Hetze
nicht Einhalt gebieten konnte oder wollte, sondern auch auf dessen
Nachspiel. Auch hier Taubheit, Feigheit und Unentschlossenheit.
Weder die Richter des Mörders, noch die Shamgar-Kommission, befassten
sich mit der ungeheueren Hetze, die zum Mord führte. Unter der
Beschwörungsformel von der "Einheit des Volkes" fragte niemand nach,
welche Bedeutung für Jigal Amir, den Mörder, die Beratschlagung z.B. mit
Raw Schlomo Aviner, seinem letzten rabbinischen Gesprächspartner, hatte.
Aviner hatte ihm die Frage, ob auf Rabin das Todesurteil des Verräters
(Din Rodef und Moser) anzuwenden sei, klipp und klar mit "Ja!"
beantwortet. Aviners einzige Einschränkung, unter Berücksichtigung
seiner "bedeutenden Position als geistiger Vordenker der
national-religiösen Erweckung", als Oberrabbiner von Beth-El und Leiter
der Jeschiwah zur Atheret Kohanim, war: "...aber ich kann dieses Urteil
nicht vollstrecken".
Die Rechte begann sofort nach dem Mord ein wehleidiges Geschrei, sobald
man Namen nannte, Namen von Hetzern, von Prominenten des
national-religiösen Lagers, aber auch des Likud. Die Einheit des Volkes
sei in Gefahr, wenn man Rechenschaft fordere für die Mordhetze, die zum
Blutvergiessen geführt hat.
Von Anfang an war selbst das "ausgewogenste Gedenken an Rabin" der
Rechten ein Dorn im Auge. Es wurde verächtlich gemacht und ganze
Schulsysteme wurden zum Boykott der offiziellen Veranstaltungen
aufgerufen. Shalom Yerushalmi spricht heute in M'ariw von zwei
Gedenktagen: Die Rechte entfernt sich immer mehr vom Andenken an Rabin
und der Respektierung seines Vermächtnisses und die Ermordung Zeevis hat
diese Entwicklung noch beschleunigt.
Yael Gevirtz konstatiert in Jedioth, dass auch "sechs Jahre später die
Hetze noch immer in vollem Gange ist. Die Einheit für die Bewachung
wichtiger Persönlichkeiten hat alle Hände voll zu tun. Heute kann man
nicht mehr zwischen palästinensischem und jüdischem Mord unterscheiden.
Unter den Gegnern einer Friedensregelung sind heute noch genau so viele
für Gewalt als legitimes politisches Mittel wie vor Rabins Ermordung.
Die Zahl der Israelis, die glauben, dass auch heute ein politischer Mord
möglich sei, ist wiederum gestiegen. Durch Rabins Mord entstand eine
neue Situation: eine Demokratie, die ihre Repräsentanten nur durch einen
dichten Ring von Sicherheitsbeamten schützen kann. Das ist eine
beängstigende und unerträgliche Lage - und es ist furchtbar, dass wir
uns damit abzufinden scheinen".
Gevirtz fährt fort: "In diesem Jahr gedenken wir zum ersten Mal Itzchak
Rabins und seiner Frau Leah, die sich nach seinem Tod als
Führungsgestalt entpuppte - ein Löwe und eine Löwin" und erinnert uns an
noch ein Gelübde, das gebrochen wurde: "Immer noch wartet das
Rabin-Vermächtnis in Kisten. Noch wurde kein Rabin-Zentrum errichtet.
Diejenigen, die anfangs Spenden für diesen Zweck versprochen haben, sind
vom Winde verweht".
Unter der Überschrift: "Der große Reformator", fasst Sever Plotzker
(Jedioth) Rabins Vermächtnis zusammen: "Seriosität, Realismus,
Flexibilität".
In Jedioth stellt B.Michael fest, dass "seit Rabin Israel keinen
einzigen politischen Führer hatte, der ernsthaft beabsichtigte, die
Oslo-Abkommen zu implementieren".
Aber weder Oslo, noch Rabins Prämissen sind bisher widerlegt worden und
erst recht hat noch niemand einen Alternativvorschlag gemacht, der
seriöser, realistischer - und praktikabler wäre.
dg / haGalil onLine
31-10-2001
Jewish Agency
Wir werden nicht vergessen!
Jizhak Rabin 1922-1995
hagalil.com
Sein Name nicht ausradiert, sein Gedenken nicht ausgerottet!
Dor chadash beKikar Jizhak Rabin...
Ein Prophet im Lande Israel:
Rabin wird keines natürlichen Todes sterben
haZofeh 18.10.2001:
Israel muss im Kampf gegen den Terror ein neues Kapitel aufschlagen,
losgelöst von den Theorien der Akademiker und der jüdischen Moral. Wie
die USA muss auch Israel einsehen, dass die westliche Moral von der
moslemischen Welt als Schwäche ausgelegt wird und dass man diese mit
Mitteln bekämpfen muss, die sowohl von Schi’iten als auch von Sunniten
verstanden werden... |