
Interview mit der
Sängerin Noa:
"Ein Tropfen auf den heißen Stein"
Die israelische
Popsängerin Noa über ihre prekäre Rolle als Symbolfigur der
Friedensbewegung ihres Landes
Interview: Holger
Elfes
taz: Auf Ihrem neuen Album
singen Sie, im Duett mit der Palästinenserin Mira Awad, den alten
Beatles-Song "We Can Work it Out". Wie reagiert man in Israel auf
Ihren ungebrochenen Optimismus?
Noa:
Natürlich habe ich schon eine ganze Menge harter
Kritik einstecken müssen, weil ich manchmal ziemlich radikal
Stellung beziehe. Schmerzlicherweise hat mich das einen großen Teil
meines israelischen Publikums gekostet, bis hin zu Beschimpfungen
und auch Morddrohungen von Seiten der extremen Rechten. In London
wurde ich sogar auf der Bühne angegriffen. Aber Leute, die so auf
mich reagieren, verstehen einfach nicht, was ich zu sagen habe.
Glauben Sie, dass sich die
Musik noch für einen Dialog zwischen beiden Seiten eignet?
Für uns ist es im Moment schwierig, mit
Künstlern von der anderen Seite gemeinsame politische oder
humanitäre Aktionen zu machen, das gibt es fast nicht mehr. Ich habe
viele Kontakte, aber nicht zu den Palästinensern in den besetzten
Gebieten. Leider wurden alle meine Versuche zurückgewiesen. Sie
wollten - sogar wenn es um das Thema Frieden ging - nichts mehr mit
israelischen Künstlern zu tun haben. Aber ich arbeite zusammen mit
israelischen Palästinensern, etwa mit Nabil Salameh, einem
großartigen palästinensischen Liedermacher, der in Italien lebt,
oder mit dem algerischen Rai-Star Khaled.
Haben Sie noch Hoffnung auf
eine friedliche Lösung im Palästinakonflikt?
Ich glaube von Herzen, dass auch die
Palästinenser den Frieden wollen. Aber ich sehe auch die Bomben, die
bei uns explodieren. Realistisch gesehen ist das, was wir Künstler
zum Frieden beitragen können, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Wir tun es trotzdem, aber es bleibt ein Tropfen auf den heißen
Stein.
Welchen Einfluss hat die
Linke, zu der Sie ja zählen, in Israel überhaupt noch?
Israel ist eine Demokratie. Mal
dominiert die eine, mal die andere Seite, meistens aber haben wir
ein Patt. Scharon hat zwar die Wahlen gewonnen, gleichzeitig zeigen
Umfragen, dass 85 Prozent der Israelis für die Gründung eines
palästinensischen Staates sind. Immerhin besitzen wir eine
transparente und pluralistische Gesellschaft, was in den
palästinensischen Gebieten nicht der Fall ist. Im Moment ist die
ganze öffentliche Diskussion von Angst beherrscht. Hinzu kommt der
drohende Irakkrieg. Da sammeln sich die Leute um jemanden, der eine
einfache Lösung für sofort verspricht - nicht für später, nach
langen Verhandlungen. Scharon hat diesen Eindruck vermitteln können.
Wie haben Krieg und Gewalt
in den letzten Jahren die Musikszene in Israel beeinflusst?
Sie hat sich verändert wie fast
überall. Es ist schwieriger geworden, etwas zu machen. Die Stimmung
ist am Boden und auch die wirtschaftliche Lage ist schlecht, so dass
die Leute weniger Geld für Kultur haben. Aber das ist ein weltweiter
Trend und nicht einzigartig für Israel - auch wenn es dort
vielleicht noch ein bisschen schlechter aussieht.
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31-02-2003 |