hebraeisch.israel-life.de / israel-tourismus.de / nahost-politik.de / zionismus.info
Judentum und Israel
haGalil onLine - http://www.hagalil.com
 
Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

Jüdische Weisheit
Hymne - Israel
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!
Advertize in haGalil?
Your Ad here!

Keine apokalyptische Vision:
Libermans Oberster Sowjet

Uri Avnery

Ich habe während meines Lebens eine Menge Flüche empfangen und hier und da auch einige Komplimente. Aber ich habe nie ein Kompliment wie das folgende erhalten. Eine bedeutende Partei, die in der Knesset vertreten ist, hat meinen Namen in ihrem offiziellen Wahlprogramm erwähnt.

Unter der Überschrift " Gesetzgebung und strikte Überwachung von Organisationen und Aktivisten der extremen Linken" sagt das Programm der Partei der Nationalen Einheit:
"Wir sollten in der Gesetzgebung strengere Maßnahmen gegen Leute wie Uri Avnery, Leah Tsemel und alle Arten von Verweigerern verankern, die das Land im Ausland diffamieren."
Ich weiß nicht, ob ich darauf stolz sein, lachen oder ärgerlich sein soll.

Stolz sein, weil mein Name dazu verwendet wird, um das ganze Friedenslager zu symbolisieren, und weil ich Seite an Seite mit Leah Tsemel erscheine, der tapferen Anwältin, die palästinensische Gefangene verteidigt und die Militärdienstverweigerer, die das Gewissen Israels darstellen.
Lachen? Wenn ich die bodenlose Frechheit dieses Satzes bedenke: Der Vorsitzende der Partei der Nationalen Einheit ist Avigdor (Ivette) Liberman, ein Mann, der im bolschewistischen Erziehungssystem von Stalin erzogen worden ist und der – wie wir sehen können – die rassistische und machthungrige Haltung des roten Tyrannen angenommen hat. Er ist hierher gekommen, als alles fertig war, in einen Staat, den wir (buchstäblich) mit unserm Blut aufgebaut haben. Und nun verlangt er nicht mehr und nicht weniger, als dass unsere Staatsangehörigkeit gestrichen wird.

Ärgerlich sein? Weil Liberman zusammen mit dem national-religiösen Führer Effi Eitan und einigen der Likud-Führer sich in der Vorhut der schmutzigen Kolonne befindet, die die israelische Demokratie belagert. In der vergangenen Woche gelang es ihnen, die Mehrheit der Politiker dahin zu bewegen, im Zentralen Wahlkomitee zwei arabische Knessetmitglieder (Ahmed Tibi und Azmi Bishara) und eine arabische Wahlliste (Balad) von der Teilnahme an der Wahl auszuschließen, was in der Praxis bedeutet, dass 20% von Israels Bürgern von der politischen Arena verschwinden.

Sollten einige Leute sich noch der Illusion hingeben, dass dieser Angriff nur gegen die arabischen Bürger gerichtet ist, (ein an sich total inakzeptabler Akt), der sollte sich an einen der wichtigsten Aussprüche des 20. Jahrhunderts, des mörderischen Jahrhunderts eines Stalin, Hitler und Mussolini, erinnern. Das Zitat stammt von Martin Niemöller, einem deutschen U-Boot-Kommandanten des 1. Weltkrieges, der später ein protestantischer Theologe und Pazifist wurde. Die Nazis warfen ihn in ein Konzentrationslager. Nachdem er dies wunderbarerweise überlebt hatte, prägte er die folgenden unvergesslichen Sätze:
"Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; denn ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; denn ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschaftler wegholten, habe ich nicht protestiert, denn ich war ja kein Gewerkschaftler.
Und als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestierte."

Libermans Programm zeigt deutlich, dass sich etwas Ähnliches nun in unserm Land ereignet. Sie begannen mit der Aufhetzung gegen die Araber und deren Vertreibung aus dem politischen System. Nun sprechen sie von der Eliminierung der "extremen Linken". Gibt es irgend einen Zweifel, dass sie im nächsten Stadium die Eliminierung von allen Linken fordern, so "moderat" und "patriotisch" sie auch sein mögen. Und dann sind, den historischen Präzedenzfällen folgend, die "liberalen" Likudmitglieder an der Reihe.

Eine apokalyptische Vision? Ganz und gar nicht. Der Präsident des Obersten Gerichtshofes, Aharon Barak, verglich in dieser Woche unsere Situation mit der in Nazi-Deutschland. In Gegenwart des Präsidenten von Israel, sagte der Oberste Richter, der selbst ein Holocaustüberlebender ist, dass wenn dies im Lande von Kant und Beethoven geschehen könnte, dies dann überall geschehen kann. "Falls wir die Demokratie nicht verteidigen, dann wird die Demokratie auch uns nicht verteidigen" (Es wird nun interessant sein, zu sehen, wie er sich selbst nächste Woche verhalten wird, wenn er über den Ausweisungsfall von Tibi und Bishara zu entscheiden hat.)

In Israel mögen wir es gar nicht, Vergleiche mit den finsteren Regimen zu machen. Die Erinnerungen sind noch zu frisch und keiner in Israel befürwortet Völkermord. Aber Parteien und Führer, die öffentlich "Transfer" befürworten, würden zweifellos überall in der Welt "Neo-Faschisten" genannt werden (selbst wenn der Begriff "Neo-Bolschewik" passender sein würde, da es Stalin war, der den Transfer ganzer Völker innerhalb der Sowjetunion praktizierte)

Jörg Haider schlägt nicht die Streichung der österreichischen Staatsbürgerschaft von Leuten vor, die mit seinen widerwärtigen Ansichten nicht übereinstimmen, noch schlägt Jean-Marie Le-Pen vor, jeden Abgeordneten der Nationalversammlung auszuweisen, der nicht reiner französischer Abstammung ist.

Seit 54 Jahren hat sich der Staat Israel damit gerühmt, "die einzige Demokratie im Nahen Osten" zu sein. Die ganze Propaganda Israels im Ausland, besonders in den USA, gründet sich auf diesen Slogan. Nun kommt Liberman und alle Libermänner und versuchen, die israelische Demokratie, die wir geschaffen haben, zu zerstören und eine Art Faschistan ähnlich wie Pakistan und Afghanistan aufzubauen.

Falls es jemanden gibt, der "unser Land im Ausland diffamiert", dann ist es diese Person.

(Aus dem Englischen übersetzt: Ellen Rohlfs und vom Verfasser autorisiert)

hagalil.com 07-01-2003

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved