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Die Aufgabe der Friedensbewegung in Israel ist, überhaupt die Leute zu überzeugen, dass ein Friede möglich ist, dass die andere Seite auch den Frieden braucht und auch will und dass eine Lösung da ist. Man muss nur bereit sein, den Preis dieser Lösung zu bezahlen.

Interview als RealAudio

Frank Capellan im Gespräch mit Uri Avnery, Friedensaktivist der Bewegung Gusch-Schalom und Träger des alternativen Friedensnobelpreises

Capellan: Wieder kein Erfolg für Anthony Zinni. Eigentlich wollte der US-Sondergesandte für den Nahen Osten gestern eine Waffenruhe zwischen Israelis und Palästinensern aushandeln. Doch davon ist man offenbar noch weit entfernt. Ich begrüße nun eine kritische Stimme des Landes Israel, Uri Avnery, Träger des alternativen Friedensnobelpreises, Friedensaktivist der Bewegung Gusch-Schalom, was übersetzt etwas soviel heißt wie Friedensblock. Guten Morgen Herr Avnery.

Avnery: Guten Morgen!

Capellan: Herr Avnery, in einem Interview mit dem ''Stern'' sagte der israelische Dramatiker Joshua Sobol heute: ''Niemand findet den entsetzlichen Reigen von Leichenprozessionen erhebend, beide Seiten sind erschöpft und beide Seiten werden nun erkennen, dass keine Seite diesen Kampf gewinnen wird''. Teilen Sie diesen Optimismus? Werden Israelis und Palästinenser bald erfolgreiche Verhandlungen führen können?

Avnery: Ich glaube, die Aussage selbst ist richtig und stimmt, aber wie lange das dauert, das kann keiner voraussagen. Das kann noch ziemlich lange dauern. Es stimmt, dass beide Seiten sehen, dass sie mit Gewalt keine Lösung erreichen, aber beide Seiten sind so wütend aufeinander, so von Angst und Wut erfüllt, und keine Seite glaubt, dass die andere Seite wirklich eine Lösung will. Man braucht wirklich einen Staatsmann, um die Völker zu überzeugen, dass der Frieden möglich ist.

Capellan: Wäre dieser Staatmann möglicherweise der amerikanische Präsident George Bush?

Avnery: Es sieht so aus, als ob das nur aus Amerika kommen kann. Es ist sehr schwer, Herrn Bush als Staatsmann zu bezeichnen - und auch gestern hat er wieder allen möglichen Unsinn verzapft -, aber die amerikanischen Interessen weisen darauf hin, dass man jedenfalls eine Ruhe im Nahen Osten braucht, denn der Vizepräsident Cheney, der jetzt im ganzen Nahen Osten herumgekommen ist, hat von allen arabischen Führern gehört, dass gar nicht daran zu denken ist, dass die arabische Welt einen Angriff auf den Irak unterstützen könnte, während hier in Palästina das passiert, was hier jeden Tag passiert.

Capellan: Sie haben es gerade gesagt: George Bush hat gestern eine Menge Unsinn verzapft - so Ihre Ansicht. Er hat gesagt, dass er frustriert sei über die neuerliche und anhaltende Gewalt in Israel. Interpretiere ich Sie richtig, dass Sie sagen, er könnte mehr tun, um dieser Gewalt Einhalt zu bieten?

Avnery: Er hat vollkommen einseitig eine einzige Seite beschuldigt und die ganze Schuld Arafat zugeschoben, und das ist natürlich Unsinn. Mit so einer einseitigen Einstellung kann man doch keinen Frieden vermitteln. Sogar Cheney, der hierher gekommen ist und alle Führer im Nahen Osten besucht hat, aber nicht Arafat hat gemerkt, dass das nicht geht und darum versprochen, nächste Woche besonders hierher zu kommen, um sich mit Arafat zu treffen. Das alles sieht nicht so aus, als wäre es wirklich eine gezielte, klare, amerikanische Politik. Und die braucht man, wenn man eine Lösung will.

Capellan: Also, er müsste Sharon weiter unter Druck setzten?

Avnery: Er muss es einfach tun, wenn er wirklich die arabische Welt für Amerika gewinnen will. Man muss sich vorstellen: Die Millionen und Abermillionen von Arabern im ganzen Nahen Osten sehen jede Stunde - nicht jeden Tag - die Nachrichten der Fernsehstation Al-Dschasira, die über das berichtet, was hier in den besetzten Gebieten passiert. Die Leute haben in Europa und auch in Israel selbst keine Vorstellung, was da wirklich vor sich geht, auch wenn es nur ein paar Kilometer von uns entfernt ist. Aber die Araber sehen es, und die sind unglaublich wütend auf Israel und auf Amerika. Besonders auf Amerika. Und wenn da nicht etwas passiert, was diese Wut beschwichtigt, kann ich mir nicht vorstellen, dass es wirklich zu einer Lösung kommen kann.

Capellan: Sharon begründet ja das harte Vorgehen der israelischen Armee gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten damit, dass man sich selbst verteidigen müsse gegen Terroranschläge von Seiten der Palästinenser. Sehen Sie das anders?

Avnery: Gestern war eine Anzahl von Fachleuten der Sicherheitsbehörden in unserem Fernsehen in Israel und haben gesagt, dass die Aktionen der letzten paar Wochen die Sicherheiten nicht nur nicht gefördert haben, sondern - ganz im Gegenteil - die Sicherheitssituation noch stark verschlechtert haben. Denn wenn man Aktionen gegen die Zivilbevölkerung verübt, wenn man in Hunderte von Häusern mit Tanks einbricht, wenn man einen Tank in das Wohnzimmer von Leuten stellt, wenn man Dutzende von Leuten erschießt, dann kann man sagen, dass das Selbstverteidigung ist, aber was dabei heraus kommt ist: mehr Verzweiflung, mehr Wut. Und mehr Verzweiflung und mehr Wut heißt: mehr Selbstmörder.

Capellan: Also Sharon hat Ihrer Ansicht nach neue Gewalt geschürt?

Avnery: Mit Gewalt erreicht man in solch einer Situation nichts. Man braucht eine klare Aussicht auf eine Lösung. Ich glaube, diese ganzen Manöver des amerikanischen Generals Zinny hier, der alle möglichen Dokumente des letzten Jahres aufgreift und sagt: ''Man muss erst das Dokument erfüllen, dann das Dokument, dann das...'' ich glaube, das führt alles zu nichts. Man muss sagen: ''Okay, die Lösung ist klar. Wir brauchen einen Staat Palästina neben dem Staat Israel. Wir brauchen Jerusalem als gemeinsame Hauptstadt, wir brauchen einen Rückzug auf die alten Grenzen''. Das ist eine klare Sprache und die braucht man, wenn man wirklich langsam die Situation befriedigen will. Und das tun die Amerikaner vorläufig nicht.

Capellan: Wird das mittlerweile in der israelischen Bevölkerung auch so gesehen?

Avnery: Die Bevölkerung ist ziemlich verzweifelt und hoffnungslos. In Israel in den letzten zwei Jahren hat dieser Ministerpräsident und auch der vorherige, Ehud Barak, eine Stimmung erzeugt, die sagt: ''Reden mit den Palästinensern ist unmöglich. Die Araber wollen keinen Frieden, wir haben keinen Partner für den Frieden''. Und diese Propaganda - ich würde beinahe sagen diese Gehirnwäsche - hat zur Folge, dass Leute wirklich an den Frieden nicht mehr glauben. Die Aufgabe der Friedensbewegung in Israel ist, überhaupt die Leute zu überzeugen, dass ein Friede möglich ist, dass die andere Seite auch den Frieden braucht und auch will und dass eine Lösung da ist. Man muss nur bereit sein, den Preis dieser Lösung zu bezahlen.

Capellan: Die Verhandlungen werden heute noch weitergehen. Aus Israel war das der Friedensaktivist, Uri Avnery. Ich danke Ihnen!

Der Publizist URI AVNERY wurde 1923 in Westfalen geboren und wanderte mit seiner Familie 1933 nach Palästina aus. Als Chefredakteur der Wochenzeitung Diese Welt kritisierte er seit 1950 die offizielle israelische Politik und deckte immer wieder Skandale auf. Zwischenzeitlich saß er auch als progressiver Abgeordneter in der Knesset. Unter seinen vielen Büchern ist "Zwei Völker, zwei Staaten. Gespräch über Israel und Palästina" (1995). 2001 erhielt er den Alternativen Nobelpreis, 2002 den Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg.

To discus this article: hagalil.com/forum

dradio.de / 21.03.2002
Uri Avnery

 

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