Tel Aviv, 11. Mai, Rabin-Platz:
Größte Friedensdemo seit Rabins Ermordung
Life von der Kundgebung |
Studio
(Jarkoni und andere) |
|
|
"Zwei Staaten für zwei Völker, der Staat Israel und der Staat Palästina, in den
Grenzen der Grünen Linie!" Etwa 100.000 Menschen kamen gestern auf dem
Rabin Platz
in Tel Aviv zusammen, um ihre Unterstützung für diesen Grundsatz zu zeigen. Die
sog. "Friedenskoalition", ein Zusammenschluß aus neun verschiedenen
Friedensorganisationen, darunter auch Peace Now, konnte damit die größte
Demonstration der Linken seit Ausbruch der Zweiten Intifada organisieren.
Die Stimmung wurde einhellig als ausgesprochen positiv beurteilt. Manche meinten
sogar, es sei die "beste" Demonstration seit der Ermordung von Yitzhak Rabin
gewesen. Das lag sicher auch an der bunten Zusammenstellung der Redner, viele
Künstler unterstützten die Veranstaltung.
Neben dem Knesseth-Abgeordneten Jossi Sarid, Vorsitzender der oppositionellen
Meretz-Partei, sprach der fühere Justizminister und Labour-Abgeordnete Jossi
Beilin. Er warf Scharon vor, die Nation in eine Katastrophe zu führen und
erinnerte daran, daß das Hauptereignis, das den Friedensprozeß gestoppt hat, vor
sieben Jahren auf diesem Platz stattfand, als Premierminister Rabin erschossen
wurde. "Ich verspreche Yitzhak Rabin, dass wir den Job vollenden werden", schloß
Jossi Beilin.
Zu den Rednern gehörte auch Amos Oz, der bekannte israelische Autor, der sich
ebenfalls auf den Ort der Demonstration bezog. Gerade von dieser Bühne, so Oz,
müsse man der israelischen Regierung in aller Deutlichkeit klarmachen, daß
Frieden und Sicherheit nicht in den Gassen von Jenin und Nablus auf uns warten.
"Wir haben Gaza bereits früher erobert und kontrolliert und dort weder Frieden
noch Sicherheit gefunden. Es ist jetzt an uns, nach Hause zurückzukehren,
vielleicht um unser Haus zu verteidigen." Er richtete sich auch an
Palästinenserpräsident Arafat und sagte, gerade von dieser Bühne aus müsse er
sich sagen lassen, dass Terror und Gewalt der falsche Weg sind. "Die
Unabhängigkeit Palästinas wird man nicht durch Terror, Gewalt gegen Unschuldige
und die Ermordung israelischer Bürger aufbauen können. Gerade von dieser Bühne
aus und angesichts dieser großen versammelten Menge müssen wir der
Palästinensischen Führung zurufen, dass sie anstatt Terror zu fördern, mit uns
zusammen in Camp David oder Taba sitzen sollte, um die Arbeit zu Ende zu
führen."
Die Situation beschrieb er mit dem Bild
eines Patienten, der genau wisse, dass sein Zustand ernst sei. Schweren Herzens
und unter großen Schmerzen habe er sich zur Operation entschlossen, wohlwissend
um die Risiken und die folgenden Verluste und Einschränkungen. Er, die
Angehörigen und die Ärzte, sie alle wissen genau was zu tun ist. Sie wissen auch
ganz genau an welcher Linie der entscheidende Schnitt erfolgen muss - jedoch,
die gewählten Ärzte, sie zaudern noch und bringen neues Leid über die ihnen
Anvertrauten, sie verzögern die dringende Behandlung, gefährden die Genesung -
und setzen das Überleben aufs Spiel.
Grossen Beifall erhielt die Sängerin Jaffa Jarkoni, "die Stimme des
Unabhängigkeitskampfes". Jarkoni, die mit ihren Liedern jeden Krieg Israels
begleitet und jeden Kampf unterstützt hat und so selbst zu einem lebendigen
Symbol des zionistischen Staates wurde, wurde in den vergangenen Wochen zur
Persona non grata. Sie hatte in einem der üblichen Interviews zum
Gefallenen-Gedenktag Kritik an der "Fortführung der Besatzung" geäußert. Seit
dem wurden sämtliche Einladungen und Konzerte abgesagt, unter anderem eine seit
langem vorbereitete Gala zur Ehrung ihres Lebenswerkes. Auf der Demonstration
verlieh sie ihren Klassikern "Hen Efschar" (Ja, es ist möglich) und "Heminu Jom
Jawo" (Glaubt daran, der Tag wird kommen) eine überraschend aktuelle Bedeutung.
Jaffa Jarkoni kam trotz diverser Morddrohungen rechtsextremer Kreise zur
Demonstration. Eine Morddrohung hatte auch der Entertainer Dudu Topas erhalten,
der sich am Ende seiner Rede an die feigen anonymen Hetzer wandte: "Wenn Ihr
meint, uns damit zum Schweigen zu bringen, habt Ihr Euch getäuscht, wie Ihr hier
sehen könnt."
Zuletzt trat Aviv Geffen auf, der seit ein musikalisches Symbol des "anderen
Israels" ist und sich auch selbst als Vertreter eines großen Teils der Jugend
versteht. Als er sein neuestes Lied "Schir azuw" (Ein trauriges Lied) anstimmte,
begleitete ihn die bewegte Menge.
haTikvah
- die anwesenden Knesseth-Abgeordneten
aue/dg - haGalil onLine 12-05-2002 |