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Versammlung im Spiegelsaal von Versailles:
Das Gesicht Europas

Adar Primor, haArez

577 Mitglieder der französischen Generalversammlung, 603 Bundestagsabgeordnete, alle unter einem Dach. Diese surrealistisch-historische Versammlung wird am Mittwoch im Spiegelsaal des Versailles Palasts stattfinden.

An diesem Ort, im Jahr 1871, verkündete Bismarck, nachdem er Frankreich bezwungen hatte, die Gründung des deutschen Kaiserreichs. Fast 50 Jahre später, 1919, war Deutschland an der Reihe, im selben Saal seine Kapitulation zu unterzeichnen, das Versailles Abkommen, das den 1. Weltkrieg beendete. Am 22. Januar 2003 werden die Mitglieder der beiden Parlamente den 40. Jahrestag des “Elysée Abkommens” begehen, des Abkommens über deutsch-französische Freundschaft und Zusammenarbeit.

Das Abkommen, das von De Gaulle und Adenauer unterzeichnet wurde, war dazu bestimmt, die Versöhnung zwischen den beiden Völkern zu etablieren und dadurch die Einheit Europas zu fördern. Valérie Giscard D´Estaing und Helmut Schmidt, Mitterand und Kohl, sie alle folgen diesem Weg. Die Wahl Jacques Chirac im Jahre 1995 symbolisierte eine Veränderung. Die Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland gerieten in einen Stillstand, der sich innerhalb von zwei Jahren vertiefte, als die französischen Sozialisten die Wahlen gewannen. Mit dem Wahlsieg Gerhard Schröders im Jahre 98 waren es dann die Franzosen, die feststellen mußten, dass man ihnen auf der anderen Seite des Rheins die kalte Schulter zeigt.

Die politische Konjunktur hatte sich jedoch geändert. Die beiden Politiker mußten feststellen, dass sie sich gegenseitig brauchen. Chirac befürchtet, seinen Einfluss auf den sich nach Osten ausweitenden Kontinent zu verlieren. Schröder möchte sich aus der internationalen, diplomatischen Isolation befreien, in die er wegen der anti-amerikanischen Linie geraten ist, die er im Verlauf des Wahlkampfs eingeschlagen hatte. Besonders möchten die beiden auf die Gestaltung der EU Einfluss nehmen, die im Jahre 2004 25 Mitglieder zählen wird.

Die Feierlichkeiten anläßlich des 40. Jahrestags werden von Chirac und Schröder dazu verwendet werden, eine gemeinsame Initiative zu präsentieren, die eine Revolution in den Institutionen der EU auslösen könnte. Die Veröffentlichung der wesentlichen Punkte der Initiative letzte Woche hatte bereits zur Folge, dass Befürchtungen bezüglich einer “deutsch-französischen Übernahme der EU” geäußert wurden. Es scheint jedoch, dass alle Mitglieder der EU sich letzten Endes mit der Initiative identifizieren können, denn sie ist ein Kompromiss in dem spannenden Kampf, der seit Jahrzehnten zwischen den beiden ideologischen Strömungen auf dem Kontinent stattfindet: das Frankreichs Chiracs repräsentiert die nationale Strömung, die die Souveränität der Mitgliedstaaten bewahren möchte. Das Deutschland Schröders repräsentiert die übernationale Strömung, die die europäischen Einrichtungen auf Kosten der Regierungen der Mitgliedstaaten stärken will.

Da keiner der beiden Führer bereit war, den Vorschlag des anderen anzunehmen, wurde beschlossen, beide Vorschläge zu akzeptieren. Chirac wollte den Europarat stärken, der die Interessen der Regierungen vertritt. Dafür wird diesem nun ein ständiger Präsident vorstehen, der mindestens für zweieinhalb Jahre im Amt sein wird. Dies anstelle der halbjährigen, diensthabenden Präsidentschaft, die bisher üblich war.

Schröder wollte die Europa-Kommission stärken, die die übernationalen europäischen Interessen vertritt. Ihr Präsident wird nun direkt vom Parlament gewählt werden und nicht, wie bisher, von den Staatsoberhäuptern.

Die Befürworter der neuen Initiative loben die Tatsache, dass sie Europa das “Gesicht” verleihen wird, das bisher gefehlt hat. Die Gegner behaupten, das neue “Gesicht” sei nichts weiter als das Rezept für ein völliges Durcheinander, das zwischen den beiden Präsidenten herrschen werde.

Der Kompromissvorschlag Chiracs und Schröders ist ein Spiegel der europäischen Realität. Sie ist dazu bestimmt, eine Vertiefung der Integration in der erweiterten EU zu ermöglichen, schafft jedoch nicht die Überlegenheit des Rats über die Kommission ab. Sie verleiht der von Chirac repräsentierten Strömung einen Sieg, zumindest in Punkten, über den Föderalismus Schröders.

Man sollte die Sache jedoch nicht als abgeschlossen bewerten. Die Liste der Namen, die als Kandidaten für die neuen Ämter genannt werden, ist beeindruckend. Man kann sich schon jetzt die Fortsetzung des Kampfes um den Charakter Europas vorstellen, der zwischen dem künftigen Präsidenten der Kommission, dem derzeitigen deutschen Außenminister Joschka Fischer, und dem Präsidenten des Rats in Gestalt von Tony Blair stattfinden wird.

hagalil.com 22-01-2003

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