Unvollendetes Kunststück:
UN und Antisemitismus
Von Thomas von der Osten-Sacken
Jungle World 33 -
04. August 2004
Eine noch engere Kooperation mit der arabischen
Welt, oder besser gesagt mit den Regierenden und den islamistischen
Eliten, ist bekannterweise die Antwort des alten Europas auf den
amerikanisch geführten "War on Terror". Während die EU ihre
Zahlungen an die Palästinensische Nationalbehörde auf 250 Millionen
Euro verdoppelt, stimmten ihre Mitgliedsländer– mit Ausnahme
Hollands – dem arabischen Antrag in der UN-Vollversammlung zu, von
Israel den Abriss jenes Sperrzauns zu fordern, dessen Errichtung in
den vergangenen Monaten bereits die Zahl von Suicide Bombings rapide
sinken ließ.
Inhaltlich sind inzwischen die Positionen
europäischer und arabischer Regierungen nahezu ununterscheidbar
geworden, lediglich im Stil bestehen noch Differenzen. So, wie
Deutschland das Kunststück fertig brachte, dass am gleichen Tag in
Beirut die Friedrich-Ebert-Stiftung mit Vertretern der Hizbollah
konferierte und in Brüssel deutsche Regierungsvertreter den
wachsenden Antisemitismus beklagten, sollte in der
UN-Vollversammlung erstmals Antisemitismus verurteilt werden. Zur
Erinnerung: In offiziellen Erklärungen der UN findet sich das Wort
Antisemitismus erstmals 1998, während 40 Prozent aller
Verurteilungen der UN-Menschenrechtskommission Israel betreffen.
Offenbar hingen die Europäer der Hoffnung an, auch
die arabische Welt von den Vorzügen einer solchen Resolution
überzeugen zu können. Denn wer Antisemitismus brandmarkt, kann
bekanntlich ein Antisemit nicht sein und deshalb im Namen des
Völkerrechts umso härtere Maßnahmen gegen den jüdischen Staat
fordern.
Da bereits im Dezember 2003 entsprechende
Bemühungen am Widerstand der arabischen Staaten gescheitert waren,
legte man nun eine neue weichgespülte Version des Antrags vor. Doch
auch dieser Text stieß auf scharfen Widerspruch. Also traf sich
pflichtschuldig eine europäische Delegation mit ihren arabischen
Kollegen zum klärenden Gespräch. Ohne Erfolg. PLO-Vertreter Nasser
al Kidwe lehnte jede Verurteilung des Antisemitismus vehement ab.
Sein marokkanischer Kollege Mohammed Banone fürchtete, eine
Verurteilung des Antisemitismus würde lediglich die UN spalten, und
der jordanische UN-Botschafter erklärte, sie würde es nur Israel
ermöglichen, fortan alle Kritik am jüdischen Staat als antisemitisch
zu denunzieren.
Längst betrachten die arabischen Staaten ebenso
wie andere Drittweltdiktaturen – Zimbabwe und der Sudan sind frisch
gewählte Mitglieder des UN-Menschenrechtsausschusses – die UN als
ihre Organisation. Von Europa wird erwartet, sich dem herrschenden
Stil anzupassen. Und wer nur geringste Zweifel anmeldet, den trifft
der Bannstrahl, wie kürzlich den UN-Sonderdelegierten für den Nahen
Osten, Terje Roed-Larsen. Er ist bekannt als Freund der
palästinensischen Sache, wagte es aber, Arafat als korrupt zu
bezeichnen, wofür er umgehend zur Persona non grata in den
Palästinensergebieten erklärt wurde.
Schließlich können einzig in den UN und auf
Treffen mit den Europäern jene arabischen Staaten noch auftrumpfen,
die ansonsten in einem Ausmaß bankrott sind, dass selbst die
Hizbollah von ihrem "spirituellen Führer" Mohammed Fadlallah
erklären ließ: "Die gescheiterten arabischen Regimes überleben
größtenteils dank des ewigen Verweises auf den
israelisch-palästinensischen Konflikt."
Dies scheint man wenigstens im Irak verstanden zu
haben. Kürzlich gab der Leiter der neuen Passbehörde bekannt, der
Hinweis, irakische Pässe hätten für alle Länder außer Israel
Gültigkeit, werde ersatzlos gestrichen.
hagalil.com
09-08-2004 |