Österreichische Printmedien:
Die Israelis können es nicht recht machen
Von Karl Pfeifer
Wer sich diese Tage die Zeit nimmt und
österreichische Printmedien anschaut, der kann nur staunen. Die
meisten Artikel, die sich mit der gemeinsamen Pressekonferenz von
Präsident Bush und Ministerpräsident Sharon befassen, zeichnen sich
durch Inkompetenz, Ignoranz oder Voreingenommenheit aus.
Da wird beklagt, dass die Israelis sich nicht hinter
die "Grenzen von 1967" zurückziehen, obwohl es lediglich
Waffenstillstandslinien von 1949 gibt und die Grenzen mit Ägypten
und Jordanien erst nach den Friedensschlüssen, also lange nach 1967
festgelegt wurden. Immer wieder wird auch der UNO-Beschluss 242
erwähnt, der aber nur einen Abzug aus besetzten Gebieten fordert.
Eine einsame Spitze fand ich im Leitartikel der
seriösen Tageszeitung "Salzburger Nachrichten", in dem Viktor
Hermann prophezeit: "Die Annexion auch nur eines einzigen
Quadratmeters in der Westbank wird den arabischen Nationalismus
befeuern und den Eifer von Terrorgruppen anstacheln." Schade, dass
er nicht gelesen hat, was der SN-Korrespondent in der gleichen
Ausgabe seiner Zeitung veröffentlicht hat: "Revolutionär an der Rede
Bushs war aber nur der Tonfall. Die zentralen Punkte sind in
zahlreichen Dokumenten schon lange niedergelegt worden. Der
Friedensvorschlag des US-Präsident Bill Clinton sah eine ähnliche
Lösung vor. Auch das Genfer Abkommen, das von Palästinensern und
Israelis formuliert wurde, enthält ähnliche Vereinbarungen."
Für Viktor Hermann können die Israelis gar nichts
richtig machen. Ziehen sie ab aus einem besetzten Gebiet, dann ist
das nicht in Ordnung und ziehen sie nicht ab, dann ist er genauso
unzufrieden. Er ist besorgt, was die "Hamas-Funktionäre sagen"
werden und meint der Abzug der Israelis aus dem Gazastreifen wird
"die Geldgeber der Hamas in der arabischen Welt freigebig stimmen",
als ob sie bisher geizig gewesen wären. "Das hat beim Rückzug aus
dem Südlibanon so funktioniert – dort reklamierte die Hisbollah den
Sieg für sich – und wird jetzt wieder so sein." Also war es falsch,
aus dem Libanon abzuziehen. Die Israelis hätten noch ein paar Jahre
dort bleiben sollen? Viktor
Hermann meint "US-Präsident George W. Bush und Israels
Premierminister Ariel Sharon haben in dieser Woche in trauter
Gemeinsamkeit dem ohnehin schwachen Friedensprozess in Nahost einen
tödlichen Stoß versetzt." Wenn die Israelis den Gazastreifen
verlassen, dann ist das ein tödlicher Stoß für den Friedensprozess.
Und dann meint der Leitartikelschreiber: "Scharons Beschluss, den
Palästinensern ohne jegliche Bedingung den Gaza-Streifen zu
schenken..." Die Nazipropaganda
sprach einmal zynisch davon, dass der Führer den Juden
Theresienstadt geschenkt hat. Wenn Herr Hermann darauf Bezug nimmt,
dann wäre das eine Unverschämtheit. Ich vermute aber eher, dass es
einfach das in Österreich oft feststellbare Unvermögen mancher
Journalisten ist, mit der Sprache umzugehen, denn schenken kann man
nur das, was einem gehört. Und der Gazastreifen hat nie Israel
gehört.
hagalil.com
16-04-2004 |