Europa ist hier
Jedioth, Jaron London, 26.5.02
Über die Ermordung von Pim Fortuyn
und den Erfolg seiner Partei bei den Wahlen in Holland wurde bei uns
ausführlich berichtet, sie lösten jedoch keine große Aufregung aus. Auch
die Stärkung der nationalistischen, antisemitischen Partei in Ungarn hat
nur wenige alarmiert. Der Erfolg Jörg Haiders hat uns seinerzeit sehr
geärgert, und deshalb haben wir unseren Botschafter aus Wien abgezogen,
und das Phänomen Le Pen hat uns noch mehr aufgeregt.
Wir reagieren auf ähnliche
Erscheinungen unterschiedlich stark, und zwar aus verschiedenen Gründen,
darunter das Ausmaß der Sympathie, die wir für das jeweilige Land
empfinden. Die Österreicher haben sich deutlich mit den Nazis verbündet,
während die Holländer stets als „nett“ definiert wurden. Ungarn ist ein
unwichtiges Land, während Frankreich eine Weltmacht ist, in der viele
Juden leben. Aber alle Erscheinungen schließen sich in einem
demographischen Taifun zusammen, der unsere Welt mit riesiger
Geschwindigkeit verschlingt.
Sein Ursprung liegt darin, dass es in
Europa immer weniger Europäer gibt. Die Geburtenrate ist niedrig,
während sich in anderen Teilen der Welt die Bevölkerung stark vermehrt.
Die Zahl der Jahre, die erforderlich sind, um die Bevölkerung Afrikas zu
verdoppeln, ist 24. In Europa -266.
...Das demographische Defizit erhöht
auch ständig die Zahl der älteren Menschen in Deutschland. In Europa
sind 14% der Bevölkerung 65 Jahre und älter, in Afrika 3% und in Asien
und Südamerika 5 %. Den jungen Europäern fällt es schwer, den großen
Prozentsatz der älteren Menschen zu ernähren, und deshalb braucht die
europäische Wirtschaft den Import frischer Hirne und fleißiger Hände.
...Wenn sich Gefühle nur nach
wirtschaftlichen Bedürfnissen ausrichten würden, dann wären die rechten
Bewegungen in Europa nicht so erfolgreich. Dem ist jedoch nicht so. In
den letzten 150 Jahren waren die Grenzen in Europa so gesetzt, dass die
entscheidende Mehrheit in jedem Staat einer ethnischen Gruppe angehörte,
mit derselben Sprache, derselben historischen Erinnerung. Nach dem 2.
Weltkrieg kamen Millionen der ehemaligen Bürger der kolonialen Imperien
nach Europa, und viele von ihnen haben die europäische Lebensweise
übernommen. Die Immigration der Moslems stellt eine neue Herausforderung
dar, wegen ihrer enormen Ausmaße und auch wegen des verschlossenen
Charakters der moslemischen Kultur...
Le Pen und seinesgleichen wollen diese
Immigration stoppen. Dies ist ohne eine Veränderung des Charakters der
Regime nicht möglich. Eine Lösung, die in der Schweiz erfolgreich war
und in Jugoslawien mißlungen ist, ist eine föderative Struktur, bei der
ethnische Gruppen in separaten Regionen angesiedelt sind. So wird ein
multi-kultureller Staat anstelle des Nationalstaates möglich, aber es
ist fraglich, ob es in Europa machbar ist. Ich erinnere nur an eine von
vielen Schwierigkeiten: In einem multi-kulturellen Staat muss die
Mehrheit nicht nur auf das alleinige Recht verzichten, den Charakter der
Gesellschaft zu bestimmen, sondern muss auch mit viel Geld die Kulturen
der Minderheiten finanzieren. Wird ein Deutscher bereit sein, eine
türkische Universität zu finanzieren?
Diese Diskussion bezieht sich nicht
auf die Zukunft oder einen fernen Kontinent. Sie bezieht sich auch auf
unsere Angelegenheiten.
haGalil onLine 28-05-2002 |