Jewish Agency in Aktion:
Steht Paris in Flammen?
Von Jaron London, Yedioth Achronoth
In der letzten Zeit "stürmten" die
Entsandten der Jewish Agency die Häuser der Juden Frankreichs, um sie zu
überreden, nach Israel auszuwandern. Ich weiß nicht, wer den Begriff
"stürmten" verwendet hat, der ja auf eine gewisse Dringlichkeit
hinweist. Der Boden Frankreichs- so der Witz, der sich bei uns erzählt
wird- brennt den dort ansässigen Juden unter den Füßen.
Ich hoffe, dass die Adler der Jewish
Agency, die dort im Morgengrauen landen werden, gewarnt wurden, an
gewisse Türen lieber nicht zu klopfen, wie z.B. an die von Nicolas
Sarkozy, dem konservativen Kandidaten für das Amt des französischen
Präsidenten, oder von Laurent Fabius, dem jüngsten MP aller Zeiten, oder
von Dominique Strauss-Kahn, dem ehemaligen Finanzminister, oder an die
der bekannten TV-Leute Jean-Pierre Elkabbakh und Michel Drucker, alle
Juden oder "jüdischer Herkunft. Alle diese Leute fühlen sich nämlich als
echte Franzosen und der Vorschlag, sie sollten aus ihrer Heimat
auswandern, könnte sie durchaus verärgern. Auch wir wären sicherlich
ärgerlich, wenn plötzlich Vertreter der französischen Botschaft die
Häuser von Israelis "stürmen" und ihnen vorschlagen würden, in EU-Länder
auszuwandern, um der Existenz in einer derart gewalttätigen Region zu
entkommen. "Antisemiten" wäre wohl der sanfteste Ausdruck, mit dem wir
sie bezeichnen würden, vielleicht gerade deshalb, weil die Reaktion der
Israelis auf ein solches Angebot bestimmt begeisterter ausfallen würde,
als die der Franzosen auf den Vorschlag der Agency.
Warum soll überhaupt an Türen geklopft
werden? Frankreich schließt seine Grenzen nicht vor Juden, die es
verlassen wollen, und Informationen über das, was bei uns geschieht,
sind jedem zugänglich. Es gibt nichts einfacheres, als in eines der
Büros der Jewish Agency zu gehen und sich zu erkundigen, welche Hilfe
Neueinwanderer erhalten können. Auch die zionistische Ideologie muss
nicht von Haus zu Haus getragen werden, denn sie ist jedem Menschen in
der westlichen Welt bekannt. Übertriebene Vermarktung gibt oft
Aufschluss über Mängel an der Ware.
Israel verhält sich wie ein Händler, der
weiß, dass seine Ware nicht gefragt ist. Um es noch genauer zu sagen:
Israel verhält sich nicht wie ein Staat, sondern wie eine Behauptung –
nämlich dass die Juden der Welt es brauchen, und darin seine
Existenzberechtigung liegt. Wenn die Realität diese Behauptung
zersprengt und es sich herausstellt, dass nicht die Juden der Diaspora
Israel brauchen, sondern umgekehrt, dann versucht Israel, sie zu
"verführen" oder gar zu zwingen, auf den "richtigen Kurs"
zurückzukehren. Ein Beispiel: dieser Tage protestiert die Jewish Agency
bei der deutschen Regierung, dagegen, dass sie den jüdischen
Einwanderern aus der GUS verlockende Bedingungen anbietet. Zunächst
waren diese Bedingungen "ethnischen Deutschen" vorbehalten gewesen, die
nach dem 2. Weltkrieg aus ihren Ländern vertrieben wurden. Aber nach dem
Fall der Mauer wollten die Deutschen beweisen, dass die "Ostjuden"
deutsch gemacht werden können, wie in den guten alten Zeiten vor den
Gaskammern. Wenn es ein verborgenes Motiv gibt, dann ist das die Sache
der Deutschen, und wenn man sich "verführen" lässt, sich auf deutschem
Boden niederzulassen, dann ist das die Sache dieser spezifischen Juden.
Die zionistische Option steht ihnen offen, sie darf nicht zu einem Zwang
werden.
Aber wie können wir unsere Existenz dann
in den Augen der Juden der Welt rechtfertigen? Aus Not leidenden Ländern
holen wir Leute, deren Großmutter irgendwann einmal an jemandem
vorbeigegangen ist, dessen Mutter nach religiösem Recht Jüdin war, und
während wir die Häuser von Juden in der Ukraine und in Äthiopien
"stürmen", quälen wir die, die freiwillig gekommen, jedoch nicht
"richtig jüdisch" sind. Und die Gastarbeiter, die aus genau denselben
Gründen gekommen sind wie alle anderen, schmeißen wir hinaus.
hagalil.com
17-06-2004 |