
Pontius Pilatus in Paris:
Derselbe alte Antisemitismus
Auszüge: Anat Peri, haArez
Die Verfasserin ist Historikerin
Außenminister Shimon Peres ist
allem Anschein nach der Ansicht, dass Antisemitismus ein Schimpfwort
ist, das die Juden all denen entgegenschleudern, die ihnen nicht
behagen, und als höflicher Gast bestritt er von ganzem Herzen, dass
Frankreich ein antisemitischer Staat ist. Aber Antisemitismus ist kein
Schimpfwort, sondern eine gesellschaftliche und historische Erscheinung,
die wissenschaftlich belegt werden kann, und sogar der Außenminister
kann seine Existenz nicht bestreiten oder die Geschichte umschreiben.
Frankreich weist eine lange
antisemitische Geschichte auf, angefangen von der Judenvertreibung im
Jahre 1182 bis hin zur Nazizeit. Sicherlich hat Außenminister Peres von
der Dreyfuss-Affäre gehört und von der engen Zusammenarbeit Frankreichs
mit den Nazis. Es gab Franzosen, die Juden geholfen haben, aber ein
Großteil der Bevölkerung hat sich mit den Nazis identifiziert und die
Politik Hitlers mit Begeisterung unterstützt. Dieses Verhalten war die
Fortsetzung der jahrhundertelangen antisemitischen Kultur.
Shimon Peres ist Frankreich für das
Atomkraftwerk in Dimona dankbar, aber das Ziel Frankreichs war es,
Israel zu dem Agenten französischer Interessen im Nahen Osten zu machen,
wie es beim Sinaifeldzug der Fall war. Die Beziehungen Israels mit den
USA waren Frankreich schon immer ein Dorn im Auge, das davon träumt, den
Platz der USA als einflußreichste Großmacht im Nahen Osten einzunehmen.
Die Intifada ist für die Franzosen
eine wunderbare Gelegenheit, ihre Position in der Region auf Kosten der
USA zu verbessern, und sie tun alles in ihrer Macht stehende, die
Palästinenser zu ermutigen, die Anschläge fortzusetzen und jeden
amerikanischen Versuch, die Region zu beruhigen, zunichte zu machen. Der
französische Außenminister Vedrine, der behauptete, „Frankreich als
antisemitisch zu bezeichnen ist eine abscheuliche Tat“, erklärte vor
einigen Monaten, die USA verhielten sich wie „Pontius Pilatus“. Bei der
Auslegung der Ereignisse im Nahen Osten verwendet Vedrine Bilder aus dem
Neuen Testament: Die Juden wollen das Blut des palästinensischen Jesu,
und die USA helfen ihnen dabei. Das ist eine eindeutig antisemitische
Weltanschauung, und zwar Antisemitismus von der alten Sorte, religiöser
Antisemitismus, der die Juden als die Mörder Gottes verurteilt, und
jeden, der ihnen hilft, als Mittäter bei der Ermordung Gottes. In den
2000 Jahren, die seit der Kreuzigung des berühmtesten Angehörigen
unseres Volkes vergangen sind, hat sich zwar vieles auf der Welt
verändert, nicht jedoch das christliche Bewußtsein. Es ist kaum zu
begreifen, aber der Schlüssel zu der französischen Nahostpolitik
befindet sich in den Ereignissen, die sich vor 2000 Jahren in Jerusalem
zugetragen haben.
haGalil onLine 14-03-2002 |