Frankreich nervt:
Vorsicht, Frankophobie!
Während die Empörung über
Frankreich immer hysterischere Züge annimmt, die French-Fries in
Amerika zu Freedom Fries umbenannt werden und französischer Wein in
die Gosse gekippt wird, versucht Rami Livni in M'ariw die
Frankophobie einzudämmen.
Plötzlich gehört es zum guten Ton
Frankreich zu hassen. Frankreich wird alles mögliche vorgeworfen,
Verrat, Antisemitismus, Rassismus u.v.m.
Diese dunkle Welle resultiert daraus, dass sich Frankreich, im
Gegensatz zu anderen Ländern, nicht dazu verpflichtet fühlt, sich
der globalen amerikanischen Vormacht zu beugen, egal ob es sich um
die richtige Behandlung der irakischen Waffen, um Wirtschaft oder um
Kultur handelt.
Während nämlich fast die ganze Welt zur globalen kapitalistischen
Lehre ja und amen sagt, unterhält Frankreich auch weiterhin einen
beispielhaften sozialen Apparat und heiligt nach wie vor das Recht
auf Streiks, Frankreich subventioniert seine Landwirtschaft, fördert
die Kultur und setzt für die Arbeiter eine verkürzte Arbeitswoche
von 35 Stunden fest.
Während fast die ganze Welt von Wellen amerikanischer Kultur
überschwemmt wird und die lokale Kultur im Sterben liegt,
investieren die Franzosen ein Vermögen in die Förderung des
französischen Films und schränken den Gebrauch von Fremdwörtern in
den Medien ein.
Während die USA die Schwerter wetzen und von allen Nationen fordern,
sie dabei zu unterstützen, wagt es Frankreich, das sich auf die
Berichte der UN-Inspektoren und die Unterstützung von Millionen
Menschen in aller Welt stützt, zu behaupten, dass der geschlagene
und ausgemergelte Irak kurzfristig keine Gefahr für den Weltfrieden
darstellt und es deshalb zur Zeit keinen Grund gibt, einen Krieg
gegen Bagdad zu führen; lieber solle man den Inspektoren
ermöglichen, ihre Arbeit abzuschließen.
Ja, es stimmt, Frankreich nervt. Und das nicht erst seit heute.
Aber, unter uns, hat dieses Land nicht einen gewissen Charme? Sagt
die Frankophobie nicht mehr über die Frankophoben aus als über die
Franzosen?
Man kann die französische Standhaftigkeit gegenüber den USA in der
Irakkrise sicherlich als den Versuch eines zweitklassigen Landes
werten, das sich nach seiner imperialistischen Vergangenheit sehnt,
sich in die Brust zu werfen und der Kriegsmaschinerie der
amerikanischen Großmacht Hindernisse in den Weg zu legen. Man kann
sie jedoch auch als gesegnete Reifung der weltweiten, anti-globalen
Bewegung werten, die die Hegemonie der USA als einzige Großmacht
beenden und eine neue Kräftebalance in der Welt herstellen will:
ausgeglichener, weniger egoistisch, bürgerlicher, aufmerksamer für
die Bedürfnisse der Dritten Welt und der Menschenrechte.
Eine Kräftebalance, mit der Krisen wie die in Irak effektiver
behandelt und gelöst werden können. Darunter, so bleibt zu hoffen,
auch der israelisch-palästinensische Konflikt.
hagalil.com
23-03-03 |