EU-Kommissions-Präsident:
Antisemitsmus-Konferenz findet doch statt
Auszüge aus einem Nachrichtenartikel von Shlomo
Shamir und Amiram Barkat, Ha’aretz, 07.01.2004
Übersetzung Daniela Marcus
EU-Kommissions-Präsident Romano Prodi erklärte
am Mittwochabend, die europäische Konferenz zum Thema
"Antisemitismus", die er am Dienstag abgesagt hatte, finde nun doch
statt.
Eine Pressemitteilung, die von der europäischen
Kommission in Brüssel herausgegeben wurde, deutete an, dass Prodi
vorsieht, die Vorbereitungen für die Konferenz wieder aufzunehmen.
"Ich denke, wir sollten unseren Wunsch bestätigen,
sobald wie möglich wieder eine ertragreiche Kooperation mit den
jüdischen Organisationen aufzunehmen und auf dieser Basis die
Vorbereitungen für das Seminar fortzuführen. Es gibt Anzeichen
dafür, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen", sagte
die Mitteilung.
"Wir sollten diese Chance, uns einem Thema zu
stellen und es zu diskutieren, nicht fallen lassen. Dieses Thema ist
der Kampf gegen Antisemitismus und gegen jeden Rassismus, der sich
vollkommen gegen das Projekt eines Europas, das in Frieden und
Sicherheit als "Union der Minderheiten" gebaut wurde, wendet",
schlussfolgert die Mitteilung.
Der italienische Außenminister Franco Frattini
hatte den Leitern des jüdischen Weltkongresses früher am Mittwoch
gesagt, solle Prodi bei seiner Entscheidung der Absage der Konferenz
bleiben, werde diese in Italien stattfinden. Frattini hatte die
Entscheidung, die Antisemitismus-Konferenz der EU abzusagen, als
"kindisch" bezeichnet.
Laut dem jüdischen Weltkongress ist auch
Deutschland bereit, eine Konferenz zum Thema "Antisemitismus"
auszurichten.
Das Seminar ist das erste zu diesem Thema, das
unter der Schirmherrschaft der EU stattfinden soll, und seine Absage
war ein Schlag für viele Organisationen gewesen, die den
Antisemitismus bekämpfen.
Am Dienstag hatten Regierungsbeamte in Jerusalem
ihre Enttäuschung über die Ankündigung Prodis, das Seminar
abzusagen, ausgedrückt.
Prodis Ankündigung war nach Äußerungen jüdischer
Leiter gekommen. Diese hatten der EU vorgeworfen, das Thema
"Antisemitismus" mit "intellektueller Unaufrichtigkeit und
moralischem Verrat" zu behandeln.
Prodi hatte in einem Brief an den Jüdischen
Weltkongress und dessen europäischen Zweig gesagt, das Seminar, das
vor dem Hintergrund von wachsendem Vandalismus gegen jüdische Ziele
in Europa und strapazierter Beziehungen zu Israel gefordert worden
war, könne nicht, wie geplant, nächsten Monat stattfinden.
"Die Haltung, die Sie in Ihrem Brief gezeigt
haben.... zwingt mich, die Vorbereitungen abzusagen", hatte er
geschrieben.
In einem Brief an die "Financial Times", der am
Montag veröffentlicht worden war, hatten die Leiter zweier jüdischer
Organisationen den Vorstand der EU-Kommission beschuldigt, eine
Studie über den Anstieg antisemitischer Angriffe und eine
diesbezügliche Verwicklung moslemischer Minderheiten zensiert zu
haben.
Shimon Samuels, der für die Auslandsbeziehungen
des Simon-Wiesenthal-Zentrums zuständig ist, hatte gesagt, der Brief
sage nichts neues und deshalb scheine Prodis Entscheidung, diesen
als Entschuldigung für die Absage des Seminars zu benutzen, nur ein
Zeichen dafür zu sein, dass das Seminar der EU-Kommission von Anfang
an nicht genehm war.
Die jüdischen Leiter hatten sich auch über die
Veröffentlichung einer "mangelhaften und gefährlich aufrührerischen"
EU-Umfrage beklagt, nach der Israel mehr als jedes andere Land der
Welt eine Gefahr für den Weltfrieden darstelle.
"Lassen Sie uns nichts beschönigen: Diese beiden
Aktionen waren politisch motiviert und zeigen ein Versagen des
Willens und des Anstandes", hatten Edgar Bronfman, der Präsident des
Jüdischen Weltkongresses, und Coby Benatoff, der Leiter des
Jüdischen Kongresses in Europa, gesagt.
hagalil.com
08-01-2004 |